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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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Reisig – da unten war es hineingestopft worden. Burkhart hatte den verborgenen Gang bei seiner letzten Prüfung der Stollen entdeckt und dafür mit dem Leben bezahlt. So, nur so konnte es gewesen sein. Doch warum? Wer wollte den Dom jetzt schon ganz zerstört sehen?
    Der immer stärker werdende Regen prasselte auf Gerhards Haut. Er schöpfte Hoffnung. Vielleicht vermochte das Gewitter den Brand zu löschen, bevor Schlimmeres geschah. Doch Gerhards Hoffnung war gering. Der Sturmwind aus dem Osten trieb Flammen und Funken in den offen stehenden Dom hinein.
    Das gewaltige Donnern des einstürzenden Chores war das Signal für Nox. Die Mannschaft, die den Goldschrein bewachte, war lächerlich klein. Gegen ihn und die acht Mohren waren die Männer in der Unterzahl. Nox würde sich nicht einmal die Hände schmutzig machen müssen, und er war dankbar dafür. Das Beil der kleinen Hure hatte eine hässliche und schmerzende Wunde in seinem Fuß hinterlassen. Ihm war nicht nach Kampf zumute.
    Nox nickte dem Anführer der Mohren zu. Die schwarzen Männer setzten sich in Bewegung, Nox folgte humpelnd. Die beiden Wachmänner vor der Tür ins Atrium waren vom Anblick der heranstürmenden Mohren völlig überrumpelt. Bevor sie einen Laut von sich geben konnten, fuhren ihnen schon Krummdolche durch die Kehlen.
    Nox stieß die doppelflügelige Tür auf. Im Innenhof schlossen vier Bewaffnete und ein Priester gerade die Wände des Zelts, um den Schrein gegen den Sturm zu schützen. Ihnen erging es nicht besser als den Männern vor der Tür. Nur zweien der erzbischöflichen Wappenknechte gelang es, ihre Schwerter zu ziehen, doch schafften sie es nicht mehr, genug Abstand zwischen sich und die Angreifer zu bringen, um ihre Klingen einsetzen zu können. Das Handgemenge war von kurzer Dauer.
    Breitbeinig stand Nox vor dem Baldachin, neben sich die düster dreinblickenden Mohren. Der Sturm blähte die flatternden Zeltwände. Wie eine vor Angst schnatternde Gans, die ihr goldenes Ei beschützen will. Der Anblick des Schreins und der Edelsteine führte Nox für einen Augenblick in Versuchung. Er brauchte nur hinzugehen und sich ein paar der goldenen Figuren herauszubrechen, dazu noch einige Perlen, Gemmen und Kameen. Er würde nie mehr einen Auftrag annehmen müssen.
    Doch Nox widerstand der Versuchung mühelos. Sein Lohn würde fürstlich sein. Er sah keinen Grund, seinen Ruf als aufrichtiger Mörder aufs Spiel zu setzen.
    »An die Arbeit«, rief er den Mohren zu.
    Schon schoben die Männer die polierten Stäbe, die eben noch die Sänfte getragen hatten, unter den Schrein und warfen das rote Tuch, ebenfalls von der Sänfte, darüber. Mit zügigen Bewegungen stemmten sie die teure Last empor und setzten sie sicher auf ihren Schultern ab.
    Jeder, der die Besucher aus Madras zuvor in der Stadt gesehen hatte, hätte nun einen heiligen Eid geschworen, dass die Mohren die Sänfte mit ihrem Herrn aus dem Dom trugen. Nox hatte seine helle Freude an der vollkommenen Tarnung.
    Konstantin und Roland hatten die Orientierung verloren. Sie husteten, ihre Augen tränten. Immer wieder stießen sie mit flüchtenden Menschen zusammen. Der Staub brannte in ihren Lungen, und der Wind wehte übel riechenden Rauch herbei. Es war der Gestank von brennendem Pech.
    Mit einem Krachen, das Konstantin am ganzen Körper zittern ließ, entlud sich über ihnen ein Blitz. Roland fiel vor Schreck zu Boden und hielt sich die Arme über den Kopf.
    »Komm, nun komm schon«, brüllte Konstantin gegen den Sturm an. »Wir verlieren zu viel Zeit.«
    Er zog Roland wieder auf die Füße und gleich weiter in Richtung Westchor. Auf dem Weg dorthin schaute Konstantin zur Tribüne hinüber. Sie war inzwischen fast leer. Der Regen durchnässte die Teppiche, mit denen das Holzgerüst ausgelegt war. Auch Bruno von Madras und seine Enkel waren verschwunden.
    Als Konstantin und Roland durch einen Nebeneingang in den Peterschor des Doms und von dort zum Atrium gelangten, ahnten sie gleich, dass sie nicht schnell genug gewesen waren. Vor der Tür in den Säulenhof lagen zwei Leichen.
    »Achtung«, flüsterte Konstantin. »Sie könnten noch hier sein.«
    Er bedeutete Roland zurückzubleiben. Vorsichtig lugte er durch die Tür – und schloss die Augen. Der Schrein war fort. Zum Abschied hatten Nox und seine Spießgesellen nur Tote hinterlassen.
    »Und?«, warf Roland ihm von hinten leise zu.
    »Wir kommen zu spät.«
    »Unsinn, noch ist nichts zu spät.« Roland gab Konstantin einen

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