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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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segelten im Wind.
    Die Luke wurde geöffnet, und Nox sah zu ihnen herunter. »Er will euch sehen. Kommt hoch.«
    Paulus half Jenne durch die Luke und folgte ihr. Nox stieß sie nach achtern und schob sie auf das Kastell. Oben erwartete sie Bruno von Madras. Der vor ein paar Stunden noch schwächlich wirkende Greis war wie verwandelt. Er krallte sich an der Brüstung fest und hatte den Blick entschlossen in die Ferne gerichtet. Bruno gab einem Mohr Befehle, der sich gegen die Ruderpinne stemmte. Paulus verstand nicht, was er sagte, doch mussten es wohl Angaben sein, wie das Schiff gesteuert werden sollte. Inmitten der Wurfmaschinen und der Geschosse, neben zwei großen Kohlebecken, in denen bereits Glut angefacht war, kam der alte Mann Paulus vor wie ein Kriegsherr. Der Wind blähte das Segel mit dem Thomaskreuz und trieb sie mit Macht über den Rhein. Paulus folgte Brunos Blick – und schluckte.
    »Das ist das Jüngste Gericht«, flüsterte er Jenne zu.
    Ihnen bot sich ein gespenstisches Bild. Der Himmel der Abenddämmerung war noch immer gewitterschwarz, aus den Niederungen des Rheins stieg das verdampfende Regenwasser in Schwaden auf. Die sinkende Sonne warf ihr Licht von unten an die düstere Wolkendecke und bemalte sie mit grellroten Farben. Gegen den glühenden Horizont zeichnete sich in der Ferne der Schattenriss Kölns ab. Rauchfahnen stiegen vom enthaupteten Domhügel auf.
    Jenne schüttelte den Kopf. »Nein, das ist nicht das Jüngste Gericht. Wir fahren geradewegs in die Hölle.«
    Bruno wandte sich mit einem Grinsen Paulus zu. »Weißt du, wie dieses Schiff heißt, mein Junge?«
    »Nein, Herr. Aber mir scheint, ich werde es gleich erfahren.«
    Bruno lächelte. »Du hast Mut, das hast du schon mehrmals bewiesen. Das gefällt mir. Aber deine Zunge solltest du nun dennoch zügeln. Du bist nicht in der Position, Hochmut an den Tag zu legen.«
    »Ihr wolltet uns sagen, wie Euer Schiff heißt.«
    Brunos Blick fiel wieder auf die Stadt. »Es trägt den Namen Bazobo. Sagt dir das etwas?«
    Ja, Paulus hatte dieses seltsame Wort schon einmal gehört. Nox hatte es im Munde geführt, als er Mummerslochs Leben auslöschte. Paulus drehte sich zu dem Mörder um, der sich hinter ihm und Jenne aufgebaut hatte. Nox zwinkerte ihm zu.
    »Das Wort ist mir schon zu Ohren gekommen«, entgegnete Paulus dann. »Aber es sagt mir nichts.«
    Bruno wandte sich wieder ihm zu. »Das wundert mich nicht. Eure Siege kostet ihr aus. Aber eure großen Niederlagen verdrängt ihr. Verlacht die Verlierer. Verspottet die Toten. Das wird sich heute Abend ändern. Bazobos Name und mein Name werden sich euch auf ewig einprägen.«
    »Ist er ein Mailänder wie Ihr?«
    Bruno sah ihn überrascht an. »Du weißt, woher ich komme? Also muss ich dir wieder Anerkennung zollen, mein Sohn. Mir scheint, Nox hat sich für seine Zwecke den falschen Kölner ausgesucht. Nein, Bazobo ist kein Mailänder, auch wenn ich in der Tat einer bin. Bazobo ist, wie soll ich sagen, ja, er ist ein Römer. Aber fangen wir von vorne an.«
    Bruno schloss die Augen. Er schien zu genießen, wie der Wind seine spärlichen Haare zauste. Eine Weile blieb er regungslos so stehen. Dann drehte er leicht den Kopf und sah Paulus an. »Du wirst mir nun sehr genau zuhören, mein Junge, und du wirst dir alles merken, was ich dir nun erzähle, Wort für Wort. Weil du ein Kölner bist, bist du eigentlich nichts wert. Aber dein Leben hat noch einen Zweck zu erfüllen. Es wird an dir sein, den Überlebenden zu berichten, weshalb das Rachegericht über sie gekommen ist. Nach allem, was ich bisher von dir erfahren habe, scheinst du mir klug genug zu sein, diese Botschaft zu übermitteln. Hast du mich verstanden?«
    Paulus nickte. Oh ja, er würde zuhören, und er würde keines von Brunos Worten vergessen. So wenig wie er vergessen würde, dass Bruno und Nox Schuld hatten am Tod seiner Mutter und von Matthias.
    Konstantin wollte schon in Jubel ausbrechen, aber der Schrei erstarb auf seinen Lippen. Er sah den Mastkorb des Kriegsschiffes gleich hinter der Flussbiegung vor dem Weiler Weiß. Es stimmte etwas nicht. Die Kogge bewegte sich auf ihn und seine Reiter zu. Die Mailänder kehrten zurück, anstatt zu fliehen.
    Er trieb sein Pferd zu schnellerem Galopp an. Nach einer knappen Meile waren sie auf einer Höhe mit dem Schiff, das weit draußen auf dem Rhein segelte.
    »Kann einer von euch etwas erkennen?«
    Der junge Kaufmannssohn, der über Koggen so gut Bescheid wusste, setzte sich im Sattel

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