Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
Vom Netzwerk:
trat er vor Wernher. »Seid Ihr von allen guten Geistern verlassen? Während Ihr hier tratscht, gewinnen die Diebe einen immer größeren Vorsprung.«
    »Gemach«, sagte Wernher und schob ihn beiseite. »Keine Sorge. Ihr Vorsprung kann so groß sein, wie er will. Entkommen werden sie nicht. Aber ich will wissen, mit wem ich es zu tun habe.« Er sah die alte Hure an. »Nun?«
    »Ich kenne die Schwänze meiner Freier. Nicht ihre Namen.«
    »Und bei dir ist es auch üblich, mit blutverschmierter Kleidung ins Bett zu steigen?«
    »Ich werde nicht dafür bezahlt, Fragen zu stellen.«
    »Wie sah der Mann aus?«
    »Wenn ich meine Freier bediene, versuche ich, an etwas anderes zu denken. Ich schaue mir ihre Gesichter nicht an. Und meistens befindet sich mein Kopf auch zwischen ihren Schenkeln und nicht bei ihrem Gesicht.« Ihre Zunge fuhr schamlos zwischen den Lippen umher. »Ihr müsst wissen, ich werde vor allem wegen meiner Zahnlosigkeit gerühmt.«
    Wernher winkte angewidert ab und drehte sich zu den Knechten um. »Gebt dem Herrn sein Geld zurück.«
    Während die Männer unwillig in ihren Taschen gruben, holte Wernher eine Kerze aus der Kammer des Hänflings und hielt sie an das blutige Hemd. Es fing Feuer und ging in Flammen auf. Als es zu Asche zerfallen war, beugte Wernher sich zu Hubert hinab.
    »Nun, da das Hemd verbrannt ist, musst du eine neue Fährte finden. Los, Hubert, such!«
    Hubert schnüffelte kurz auf dem Boden und nahm schnell die Verfolgung auf. Die anderen Hunde folgten ihm den Gang entlang.
    Die Jagd hatte wieder begonnen.
    Mit der einen Hand rieb Paulus seinen Knöchel, mit der anderen den Rücken. Der Stapel Brennholz unter dem Fenster hatte den Sprung aus dem Fenster nicht wirklich abgefedert. Er hatte sich den Fuß verdreht. Den Schmerz in seinem Kreuz verdankte er jedoch nicht der harten Landung.
    »Musstest du mir auch noch in den Rücken springen?«
    Das Mädchen hüpfte wieder auf die Füße. »Ja, musste ich. Ich wusste ja, was mich hier unten erwartet. Jetzt gib mir mein Geld wieder.«
    » Dein  Geld? Das soll wohl ein Scherz sein.« Paulus sah sich um, soweit es die Dunkelheit zuließ. Sie waren im Innenhof gelandet.
    »Jedenfalls ist es mehr mein Geld als dein Geld.«
    »Du bekommst es, sobald ich in Sicherheit bin«, sagte er und band sich den Gürtel um die Hüfte.
    »Ich schreie, und dann finden dich deine Verfolger. Dann bist du dran.«
    Lautes Bellen aus dem offenen Fenster über ihnen unterstrich ihre Worte.
    »Wenn du schreist, bist du genauso dran wie ich. Jetzt rede nicht so viel. Bring uns hier endlich raus.«
    Das Mädchen blies geräuschvoll Luft durch die Nase. »Aber ich behalte dich im Auge.«
    »Tu’s nicht, du hast nur eins. Los jetzt.«
    »Blödmann«, zischte sie und stapfte davon.
    Die Kleine ging geradewegs auf den gegenüberliegenden Trakt zu. Paulus konnte ihr im Dunkeln kaum folgen, doch ihr strammer Schritt war ihm nur recht. Er wollte nur eines: nichts wie weg.
    »Sie sind mit Hunden hinter dir her?«, fragte sie, als sie eine niedrige Tür aufstieß.
    »Ja.«
    »Schweißhunde?«
    »Ich fürchte es.«
    »Mist.« Sie verschwand im Inneren. »Dann müssen wir uns etwas einfallen lassen.«
    Paulus folgte ihr durch die Tür. Es roch muffig. Wahrscheinlich waren sie in einem alten Stall, der schon lange nicht mehr genutzt wurde. Er spürte, wie das Mädchen nach seiner Hand griff und ihn weiterzog.
    »Mach dir keine falschen Hoffnungen, Kleiner. Du sollst mir nur nicht verloren gehen.«
    Es war nicht nur ein böser, sondern auch ein sehr, sehr seltsamer Traum. Was war das nur für ein Mädchen? Mal wirkte sie wie ein Kind, und im nächsten Augenblick wirkte sie abgebrüht wie eine … ja, wie eine Hure. Paulus stolperte ihr hinterher wie ein kleiner Junge.
    Durch eine Tür in einem doppelflügeligen Portal kamen sie ins Freie. Vor ihnen lag ein Weingarten. Wie ein Heer versteinerter Gnome standen die Rebstöcke starr in Reih und Glied im Dunkeln.
    Das Mädchen ließ Paulus’ Hand los und rannte zielsicher durch eine Weinstockgasse, als sei es taghell. »Los, komm schon! Ich habe keine Lust, mein Geld zu verlieren, nur weil du zu langsam bist.«
    Paulus tat, wie ihm geheißen, stolperte über eine Wurzel, fluchte, weil ihm einer dieser Weingartenzwerge ein Bein gestellt hatte, und lief weiter. Kurz verlor er die Kleine aus den Augen, aber als er auf die Straße trat, wartete sie auf ihn. Sie brauchte ihn nicht noch mal anzufeuern. Das Jaulen der Meute, das

Weitere Kostenlose Bücher