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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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Verbrechen zu verfolgen und Verbrecher dem Gewaltgericht zuzuführen. In diesem Fall tat er es nicht gern. Zahnwurm und Kater genügten ihm für heute Nacht. Ihm stand nicht der Sinn danach, die Morde an drei stinkreichen Kölnern aufzuklären, schon gar nicht unter den Augen eines rachedurstigen, trauernden Schöffen. Zumal die Fälle in wenigen Stunden ganz Köln erschüttern würden. Dessen war er sich sicher.
    Doch Konstantin, den man den Kneifer nannte, hatte seines Amtes als Kölner Büttel zu walten.
    Als auch die letzten beiden Trupps zurückkehrten, wusste Wernher, dass er gescheitert war. Der Mörder seines Herrn war entkommen. Er hätte sich selbst in den Hintern treten können. Im Hurenhaus waren sie so nah dran gewesen an dem Kerl, aber er alter Narr war zu verdammt hochmütig gewesen. Wie hatte er nur glauben können, ihm einen Vorsprung lassen zu dürfen, und sei er noch so klein.
    »Irgendetwas? Haben die Hunde auch nur kurz irgendwo angeschlagen?«, fragte er.
    Die einzige Antwort war ein kurzes Kopfschütteln. Wernher sah in enttäuschte Gesichter. Auch die Hunde waren still. Sie hatten ihr Jagdfieber verloren. Die Hatz war vorbei.
    Wernher wollte nicht zurück zum Mummerslocher Hof, denn er wollte die schlechte Nachricht nicht der Familie übermitteln. Doch blieb ihm keine Wahl.
    »Also gut, kehren wir heim. Aber teilt euch auf, geht mit den Hunden unterschiedliche Wege. Vielleicht nehmen sie unterwegs doch noch seine Fährte wieder auf.« Viel Hoffnung hatte Wernher nicht.
    Auf dem Wasser spiegelten sich die Lichter einer Lampenkette. In vier Reihen lagen dort vor dem Werthchen die sechsunddreißig Mühlenschiffe vor Anker, gut gezimmerte Flöße mit einem breiten Wasserrad und einer Holzhütte, in der schwere Mühlsteine das Mehl für die gesamte Stadt mahlten. Alle Schiffe trugen Namen, Hilger, Otto und Johann etwa, meist nach ihren ersten Besitzern, und sie alle waren im Besitz von Kölner Bürgern.
    Nur eines nicht.
    In der letzten Reihe außen, fast in der Flussmitte, dort, wo die Strömung am stärksten war, lag die Summus. Es war die Mühle des Domkapitels. Ihr Müller hieß Barthel, und Paulus war noch nie so froh wie jetzt gewesen, Barthels Bruder zu sein. Die Summus würde ihm sicheren Unterschlupf gewähren. Wenigstens für diese Nacht. Paulus steuerte die Esche vorsichtig an die Schiffsmühle und stieß mit dem Boot wegen der Dunkelheit doch hart ans Plankendeck. Mit einem Tau band er die Esche fest und sprang an Bord, Jenne folgte nach kurzem Zögern. Paulus trat ans Mühlenhaus und versuchte, die Tür zu öffnen. Sie war verschlossen.
    »Wir werden die Nacht hier draußen verbringen«, rief er gegen den rauschenden Lärm des Mühlrads an. »Der alte Ulf schläft da drin, aber ihn könnte allenfalls der Ruf zum Jüngsten Gericht wecken. Oder ein Schaden am Mühlrad oder am Mahlwerk natürlich. Er ist fast stocktaub. Ihr habt übrigens etwas gemeinsam. Ihr könnt beide zur heiligen Katharina beten.«
    »Wieso?«
    Paulus zog eine große geölte Plane von rund einem Dutzend prall gefüllter Mehlsäcke und bedeutete Jenne, es sich auf ihnen bequem zu machen. »Weil Katharina die Beschützerin der Mädchen und Jungfrauen ist und dazu auch bei Leiden der Zunge hilft.«
    »Mit meiner Zunge ist alles in Ordnung.«
    »Mit deiner vielleicht, nicht aber mit Ulfs Zunge. Er spricht manchmal ein wenig seltsam.«
    Jenne wollte gerade ihr Nachtlager prüfen, als Paulus sie unvermittelt auf die Säcke stieß. Ehe sie sich versah, hatte er ihre Arme auf den Rücken gedreht und mit einem Seil gefesselt. Wenn er eines im Hafen gelernt hatte, dann schnell und fest einen Knoten zu binden. Jenne öffnete den Mund, doch bevor sie losschreien konnte, hatte Paulus ihr schon ein Tuch zwischen die Zähne gedrückt.
    »Verzeih«, sagte er.
    Sie strampelte und wand sich wie eine Katze im Sack. Als sie merkte, dass ihr Widerstand vergebens war und der Knoten sich nur noch weiter zuzog, fügte sie sich in ihr Schicksal. Paulus bettete sie auf die Mehlsäcke.
    »Verzeih«, sagte er noch einmal, während er sie mit leeren Säcken zudeckte. »Ich habe keine Wahl. Ich kenne dich nicht, und alles, was ich von dir weiß, beweist mir eigentlich nur, wie wenig ich dir vertrauen kann. Du bringst deinen Freier um sein ganzes Geld. Du weißt, wie man die Turmwächter überlistet und mitten in der Nacht aus der Stadt gelangt. Und du gibst dich ausgerechnet in einem Hurenhaus als Jungfrau aus und hattest doch einen Liebsten, mit

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