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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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gekleidet, und um ihre Köpfe hatten sie Tücher in derselben Farbe gewickelt. Auf der Brust trugen sie das gleiche Kreuz, das auch die Mastfahne schmückte. Der Schmächtige hielt eine Kette, doch was sich am anderen Ende befand, war von der Hafenmauer aus hinter der Bordwand nicht zu sehen. Ein großer Hund vielleicht, denn der junge Mann schien streng darauf zu achten, die Kontrolle über die Kette zu behalten.
    »Bürger von Köln«, rief der Kräftige, der mit einem Fuß auf die Planke getreten war, über die Köpfe der Menschen hinweg. »Wir danken Euch, dass Ihr in so großer Zahl erschienen seid, um uns hier im heiligen Köln zu begrüßen. Betrachtet die Münzen als bescheidenes Gastgeschenk, das unseren Respekt vor Eurer hochgeschätzten Stadt jedoch in keiner Weise auszudrücken vermag. Mein Name ist Otto, und dies hier …«, er deutete auf den Schmächtigen, »… ist mein jüngerer Bruder Guido. Wir sind das Geleit des mächtigsten Mannes unserer Heimat. Mit der Reise zu euch erfüllt sich der letzte Wunsch unseres Großvaters, den man in unserer Welt nur als Bruno von Madras kennt. Nun, da wir nach einer langen, gefahrvollen und abenteuerlichen Reise über viele Meere endlich das heilige Köln erreicht haben, ist er der glücklichste Mensch auf Erden. Er wird sein Gelübde, das er als kleines Kind gegeben hat, nun doch erfüllen können.«
    Das endlich schien die Sprache zu sein, auf die sich der Dompropst verstand. Konrad von Büren löste sich aus der Menge und hob die Hand zum Gruß.
    »Seid willkommen in Köln, Guido und Otto, und willkommen sei uns natürlich auch Euer Großvater. Wir freuen uns zu hören, dass Ihr in friedlicher Absicht gekommen seid, denn viele Bürger waren angesichts der Bauart Eures Schiffes in Sorge geraten. Mein Name ist Konrad von Büren, und ich stehe dem Kapitel der ehrwürdigen Domkirche vor, die sich hinter meinem Rücken über der Stadt erhebt. Ich würde mich sehr freuen, Euren Großvater kennenzulernen und zu erfahren, aus welchem fernen Land Ihr kommt, und natürlich auch, welcher Art das Gelübde ist, das er hier einzulösen gedenkt.«
    Otto gab seinem Bruder ein Zeichen, der daraufhin zu ihm trat. Die Lücke in der Bordwand gab nun den Blick frei auf das Tier, das Guido an der Kette führte. Als es auf die Planke sprang, wich die Menge zurück. Die Bestie war riesig, viel größer als ein Wolf. Die Tatzen waren breit wie die eines Bären und die gekrümmten Reißzähne lang wie Messer. Das Fell um den Hals war struppig und sah aus wie ein großer Kranz aus Flachs, dessen Farbe es auch hatte. Das Tier riss das Maul auf und brüllte so laut, dass es eine umstürzende Eiche übertönt hätte. Die Menschen auf der Hafenmauer duckten sich.
    Noch nie hatte Konstantin eine solche Kreatur gesehen und wusste doch sofort, was es war. Seit den ersten Kreuzzügen schon trugen viele rheinische Ritter ein solches Tier im Wappen, weil es wie kein zweites für Mut und Treue stand. Doch hätte Konstantin nie gedacht, wie majestätisch und furchteinflößend ein Löwe in Wirklichkeit sein konnte. Die Riesenkatze hielt die gesamte Menschentraube vor ihr in Schach.
    »Ein Leu«, flüsterte Theoderich Gir, der neben ihn getreten war.
    Konstantin nickte nur.
    »Diese Leute müssen von weit her kommen.«
    »Von sehr weit her. Habt Ihr die Mohren gesehen?«
    Otto sprang neben den Löwen auf die Planke und hob beschwichtigend die Hand. »Keine Sorge, Bürger. Von diesem Tier habt Ihr nichts zu befürchten, zumindest solange uns nichts geschieht. Es ist unserer Familie treu ergeben, seit unser Großvater es mit seinem Schwert aus den Fängen eines Lindwurms gerettet hat. Und auch von unserem Schiff droht Euch keine Gefahr. Wir haben es einzig für diese Reise umrüsten lassen, damit es uns den nötigen Schutz gewährt, und es hat uns bereits gegen Stürme und Seeräuber verteidigt.«
    Guido tätschelte den Kopf des Löwen, der sich das gefallen ließ und die Augen schloss.
    »Wir sind Thomaschristen und kommen aus dem fernen Indien«, fuhr Otto fort und nickte bekräftigend, als ein Raunen durch die Menge ging. »Ihr habt richtig gehört. Madras ist unsere Heimat, und wir sind gute Christenmenschen, so wie Ihr es seid. Der Apostel Thomas selbst hat unsere Gemeinde gegründet. Unter seinem Zeichen segeln wir.« Otto zeigte auf die Fahne am Mast, auf der das Kreuz prangte. »Lange Zeit herrschte dort der Priesterkönig Johannes, und seine Regentschaft brachte unserem Land Wohlstand und

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