Domfeuer
ist. Nachdem Mutter mir von deinem Besuch erzählt hatte, war ich in aufrichtiger Sorge. Du bist in Ordnung, also ist auch für mich alles wieder in Ordnung. Was du angestellt hast, Kleiner, will ich doch eigentlich gar nicht wissen. Aber ist ja schon gut, erzähl einfach weiter.«
Die entspannende Wirkung des Bads war verflogen, Paulus’ Puls galoppierte. Mit zornrotem Kopf setzte er auf dem Weg durch das Gassengewirr am Hafen seinen Bericht fort, stets streng darauf achtend, dass sich Matthias nicht erneut ablenken ließ.
»Und so kam Barthel schließlich auf den Einfall, dich um Hilfe zu bitten«, endete Paulus schließlich, als sie das Salzgassentor erreichten.
Matthias lachte laut auf. »Barthel – mich? Hat er ein Kraut geschluckt?«
Mit einem Mal stellte Jenne sich ihnen in den Weg und sah Matthias wütend an. »Ja, dich.« Das Grinsen war aus ihrem Gesicht verschwunden. Sie fauchte wie eine Katze. »Wenn ich höre und sehe, wie du dich gebärdest, glaube ich in der Tat, dass nicht nur Barthel, sondern auch Paulus nicht ganz bei Trost ist. Wie können die beiden nur auf deine Hilfe hoffen, du versoffenes Ferkel?«
»Sie kann sprechen«, sagte Matthias mit gespielter Verwunderung. »Welch böse Worte aus ihrem Mund purzeln.«
»Hier purzelt gleich noch was ganz anderes, wenn du dich nicht langsam zusammenreißt und deinem Bruder dein Ohr schenkst.«
Matthias sah Paulus überrascht an. »Ich hätte wetten mögen, dass sie mir die ganze Zeit über schöne Augen macht. Aber so sind die Frauen nun mal. Kein saftiger Apfel ohne Wurm.«
»Gewöhn dich dran. Sie wird dich noch mehr als einmal auf den Leim führen.«
»Wo hast du die Rotznase überhaupt aufgegabelt?«
»In einem – ach, das ist doch völlig gleich«, unterbrach sich Paulus, wohl wissend, dass Matthias hellhörig werden würde, wenn er von Jennes Herkunft erführe.
»Also gut, ich gehöre ganz euch«, sagte Matthias und sah dabei doch nur Jenne an.
Die Mahnung des jungen Gir trieb Konstantin an. Er wollte sich nicht vorwerfen lassen, abgelenkt zu sein, schließlich war er noch nicht lange mit dem Amt des Büttels betraut. Als kleiner Junge schon hatte er oft seinen Vater begleitet, der Amtmann zu Kaster im Erftland gewesen war. Konstantin hatte schnell gelernt, wie man Schulden eintrieb, Forderungen stellte und an den richtigen Stellen Nachsicht walten ließ. Auch den langen Fingernagel, den er in Ohrläppchen zu pressen pflegte, um seinen Wünschen Nachdruck zu verleihen, hatte er sich bei seinem Vater abgeschaut. Er hatte in die Fußstapfen seines alten Herrn treten wollen, doch erfreute sich sein Vater lange Zeit bester Gesundheit, und in der näheren Umgebung waren alle ähnlichen Ämter bereits mit jungen Männern besetzt gewesen.
Und so hatte Konstantin sein Glück in Köln versucht. Anfangs war er wegen seiner Herkunft unsicher gewesen, ob er Erfolg haben würde. Kaster gehörte zur Grafschaft Jülich, und Graf Wilhelm IV. lag schon lange mit dem Erzbischof über Kreuz. Denkbar schlechte Voraussetzungen also für Konstantin, als er vor zwei Wintern als Sohn eines Jülicher Amtmanns eine Stellung in Köln finden wollte.
Doch Konstantin war klug genug, gar nicht erst im erzbischöflichen Palast vorstellig zu werden, sondern bei der Richerzeche. Die Geschlechter überwachten unter anderem den Hafen und besetzten die Posten von Tranmessern, Heringsrödern, Kohlenmüddern, Eisen- und Holzzählern oder Wiegeknechten. Konstantin bewarb sich um eine Stelle als Weinröder und bekam sie auch. Die Arbeit fiel ihm leicht. Meldete ein Schiffer eine Ladung Wein bei einem der Hafenmeister an, oblag es ihm, die Fässer zu prüfen. In jedes stach er eine Rute, bemaß damit den Inhalt und zeigte ihn dem Zöllner im Salzgassentor an. Und der Zöllner berechnete daraus die Abgabe, die der Weinhändler zu zahlen hatte.
Nun war er nicht der einzige Weinröder, bald aber der bekannteste – und unter den Schmugglern und Betrügern der gefürchtetste. Konstantin war einem Elsässer Weinhändler auf die Schliche gekommen, der einen großen Teil seiner Fässer präpariert hatte. Der Böttcher hatte die Dauben doppelt ausgeschlagen, wodurch das Fass zwar immer noch so tief war, wie es aussah, aber nicht mehr so viel Wein aufnehmen konnte, wie es sollte. Der Käufer der Ladung hätte weit weniger Wein bekommen, als er bezahlte.
Den großen Glücksfund verdankte Konstantin einem kleinen Unglück. Ein Hund hatte auf einem der Fässer gesessen und es beim
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