Don Blech und der Goldene Junker
belehrte ihn der Adnik. Er wollte seine Ehre wiederherstellen.
»Aa und Pipi?« fragte das vorwitzige Dednik.
»Pfui«, rief der Adnik, »das darf man doch nicht sagen!«
»Nun — seht euch das mal an!« Der Hadnik verschaffte sich wieder Gehör. Er führte die Didniks zu Junker Hohlkopfs Platz am Kopfende der Tafel. Da betrachteten sie erstaunt das vollkommen unversehrte Hühnerbein in der Rotweinpfütze.
»In der Tat — das ist merkwürdig«, murmelte der Adnik. »Es sieht ganz unzerkaut und unverdaut aus!«
»Du verstehst gar nichts von Menschen, sie essen und verdauen eben nicht!« rief die Cednik erbost.
»Oder er fürchtete, vergiftet zu werden!« gab der Adnik zu bedenken. Als hätten die Didniks nur auf einen Vorschlag gewartet, riefen sie begeistert: »Vergiften — ja, vergiften müssen wir ihn!«
»Nein, nein, das wäre Mord«, jammerte der Adnik.
»Könige werden doch fast immer ermordet — ist es nicht so?« fragte die Cednik.
»Na ja — schön ist es gerade nicht, vielleicht fällt uns noch etwas Besseres ein«, meinte der Bednik. »Und außerdem ist es ziemlich schwer, jemanden zu vergiften, der nichts ißt!«
Der Adnik war sehr verwirrt. »Irgend etwas stimmt mit diesem Menschen nicht«, murmelte er. »Wenn ich nur wüßte, was! — Ich brauche meine Bücher, alle meine Bücher!«
»Wir wollen uns gegen den König verschwören! « schlug der Hadnik vor. »Wer ist dafür?«
Alle erhoben ihre Hände.
»Gut!« sagte der Hadnik. Er fühlte sich als Führer des Aufruhrs. »Zum Zeichen unseres Ungehorsams und anstelle eines feierlichen Schwurs halten wir jetzt alle die Luft an — gerade weil es verboten ist!«
Da bekamen alle Didniks feuerrote Köpfe und schwebten zur Decke, unter der sie so lange hingen, wie sie es aushalten konnten. Der Aufstand hatte begonnen!
Kronräte und Arbeitsgruppen
Aber wie sollten sie den selbsternannten König loswerden, dessen Gesicht sie noch nicht einmal gesehen hatten? Er schien ja sogar noch unverwundbarer zu sein als eine Schildkröte in ihrem Panzer.
Vorläufig war er jedenfalls noch da. Er lag während der ganzen Nacht ausgestreckt in dem gemütlichen Himmelbett des Adniks. Niemand hörte einen Laut aus der Burg — kein Geräusch, kein Atmen, kein Schnarchen, kein Röcheln oder was sonst immer Könige für Geräusche in ihrem Schlafzimmer von sich geben. Ungeachtet des Verbotes war der Hadnik nämlich im Schutze der Dunkelheit hinaufgefliepft. Er wagte sich zur Fensteröffnung vor und hielt eifrig die Luft an. Nicht nur, um ja nicht herunterzusinken, sondern auch, um besser hören zu können. Aber er hörte nichts! Das war doch seltsam! Irgendwelche Töne muß ein Mensch doch nachts von sich geben!
Der Hadnik war ganz sicher, daß der König auf der Matratze lag. Sehr vorsichtig — sein Herz bumste wie eine Pauke! — blickte er ins Zimmer. Da sah er das Metall im Mondlicht schimmern — regungslos, lautlos!
Übrigens, bald war Vollmond — der Hadnik spürte es wie Rheumatismus in den Gliedern. Und die Vollmondnacht war die einzige, in der die Didniks spuken konnten. Ob sie vielleicht damit den König los wurden?
Der Hadnik pustete leise die Luft aus. Er ließ sich an der Mauer hinab, froh, daß ihm sein Vorwitz nicht den Kopf gekostet hatte.
Nun wollte er noch wissen, ob das Pferd auch so stumm dastand. Er fliepfte also über die Burgmauer und auf das durchlöcherte, vorspringende Dach.
Scheppertonne stand wirklich ganz still da — sie lag nicht im Stroh! Ihr Kopf hing tief über der Futterkrippe. Und diese war noch genauso voll wie zuvor. Auch hier rührte und regte sich nichts. Das Pferd atmete nicht, es schnaubte nicht, es scharrte nicht mit den Hufen.
Vielleicht sind beide tot? dachte der Hadnik. Und er freute sich, und er schämte sich nicht einmal über diesen heimlichen Wunsch. Ein Staatsbegräbnis kann ja auch sehr erhebend sein.
Mit vielen einander widersprechenden Gedanken, teils mit Verwunderung, teils mit Zweifel, teils mit Hoffnung, kehrte er in sein Gasthaus zurück.
Natürlich waren weder Scheppertonne noch Junker Hohlkopf verstorben. Sie weilten im Gegenteil beide noch unverändert unter den Lebenden. Sie »weilten unter den Lebenden« — dieser Ausdruck paßt sehr gut zu ihnen, denn sie selbst »lebten« ja nicht wie jeder gewöhnliche Sterbliche — so ohne Herz, Lunge, Magen und Darm. Und daß sie nicht atmeten, lag eben auch nur daran, daß sie nicht schlafen konnten wie andere Lebewesen, sondern abwarten mußten,
Weitere Kostenlose Bücher