Don Blech und der silberne Regen
der sich mit Zange und Schaufel dicht bei seinem Zelt zu schaffen machte. Der kam ihm bekannt vor. Er stutzte. Der Kleine ließ sich nicht stören, fuhr eifrig fort, Winzigkeiten vom Boden aufzulesen und in seine ebenso winzige Karre zu werfen. Teilchen, die Fädchen oder Fusselchen sein mochten, hie und da mal ein Papierschnitzel, ein altes Blatt oder ein kleiner Zweig. Junker Hohlkopf fand es sinnlos, all dies von der Straße zu entfernen, ein sinnloser Schnickschnack. Aber so war es eben: Wenn ein Volk sich keine großen, kriegerischen Aufgaben stellte, dann verzettelte es sich mit Nichtigkeiten.
Eifrig war der Kleine ja. Und doch schaute er immer wieder zu ihm her.
Junker Hohlkopf ging auf ihn zu und fragte: »Was machst du hier?«
»Ich mache sauber.«
»Warum gerade heute?«
»Warum nicht? — Zur Hochzeit soll doch alles blitzblank sein. Ich hoffe nur, dass es bis dahin nicht wieder regnet!«
Junker Hohlkopf erschrak. Bisher hatte es niemand gewagt, an seinem Sieg zu zweifeln. Er hätte den Kleinen am liebsten zerfetzt, nahm sich aber zusammen und verschob die Rache auf den Tag nach der Hochzeit. Jeden wollte er hinrichten, der an ihm zweifelte oder ihn ärgerte.
Er beeilte sich nun, in den Wattepalast zu kommen. Ob man nicht doch noch früher heiraten könnte, übermorgen oder morgen oder am besten noch heute?
Am Frühstückstisch war er noch unruhiger, als Wattemutter es von ihm gewöhnt war. Während sie und Watteia die Orangen auslöffelten, saß er da, konnte die Arme nicht stillhalten und fing zu raunzen an: »Kann man nicht auf die ganze Feierlichkeit verzichten? Watteia soll gleich meine Frau werden.«
»Du Armer«, sagte Watteia. »Das kommt nun von deinem dummen Gelübde: Sicher hast du schrecklichen Hunger und kannst deswegen nicht mehr warten. Aber ich will eine Hochzeit, die richtig schön ist, man heiratet schließlich nur einmal im Leben.«
»Schnickschnak!«, sagte er.
»Streitet euch nicht!«, bat Wattemutter. »Wie soll das erst später werden, wenn ihr jetzt schon so anfangt.«
»Nach der Hochzeit wird nicht gestritten, danach wird nur noch gemacht, was ich anordne«, meinte Junker Hohlkopf kühl.
»Und was wäre das?«, fragte Watteia schnippisch.
»Nun, zum Beispiel werden alle Oberstübchen abgerissen, auch deines. Jawohl! Es wird nur noch auf dem Erdboden gewohnt. Ich kann nicht schweben, also dürfen es andere auch nicht.«
»Unmöglich!«, rief Watteia und schluchzte sehr heftig, aber ohne eine Träne zu vergießen.
Junker Hohlkopf erkannte, dass er zu weit gegangen war. Fast hätte er sich verraten. »Es war ja nur ein Scherz!«, klapperte sein Kinnreff. Aber Wattemutter und Watteia blickten sich verschreckt an und hatten ihre Zweifel.
Das Frühstück ging schweigsam zu Ende. Dann verabschiedete sich Junker Hohlkopf kurz, barsch und militärisch. Er wollte durch die Stadt streifen. Er wollte prüfen und überlegen, was alles geändert werden sollte, wenn er der Herr in Wattelland war. Vor allem brauchte er Soldaten und einen Scharfrichter.
Ein Gemüse
Durch die Straßen wuselte eine Art von gurkenförmigem Gemüse. Es hörte auf den Namen Paprikel und trug eine Brille. Die Brille brauchte es, um besser sehen zu können. Allgemein gehört so ein Hilfsmittel zu scharfsinnigen Leuten. Allerdings ist sie auch keine Garantie dafür, dass einen der Verstand nicht doch manchmal verlässt. Da Paprikel vergessen hatte, sich in Baumwollfasern zu hüllen, sah er den Wattels überhaupt nicht ähnlich. Er trug eine grünliche, verschrumpelte Haut durch die Gassen.
Zunächst fiel ihm sein Versäumnis selbst nicht auf. Die Wattels ließen ihn es auch nicht fühlen, sie waren ja so harmlose Geschöpfe, Zweifel und Misstrauen waren ihnen fremd. Sie wunderten sich immer erst über sein fremdes Aussehen, wenn er ihnen schon längst wieder aus den Augen gekommen war. Dann blieben sie wohl stehen, kratzten sich unter der Watte und dachten: Wer war denn das? Wie sah denn der aus? Und wo ist er jetzt?
Nun, er war eben schon um die nächste Ecke gebogen. Die anderen, die glücklich in der Luft herumschwebten, beachteten Paprikel gleich gar nicht. Sie schauten in den blauen Himmel und nicht auf die Erde.
Umso mehr freilich blickte er sich um und auch in die Höhe. Alles hier verwunderte und verblüffte ihn: die bunte Zeltstadt, die vielen Fahnen und Wimpel, die Gassen, manche Verkaufsstände und vor allem die lustigen Oberstübchen. Aber er sah nicht nur verwundert herum, vor allem
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