Don Blech und der silberne Regen
Hohlkopf war so verblüfft von diesem plötzlichen Überfall, dass er ihn regungslos über sich ergehen ließ. Auch war sein Geist irgendwie verdrängt, sodass er keinen Gedanken zu fassen vermochte. Vielleicht machte das Wattelas Arm, dass daneben in der Rüstung für wenig anderes mehr Platz war. Mit offenem Mund — oder Kinnreff — stand er da und ließ es geschehen, dass ihre kleine Hand in ihm herumrührte.
Doch als sie nichts fand, an dem sie sich festhalten konnte, als ihr die schreckliche Wahrheit bewusst wurde, da sank auch sie in Ohnmacht und ihr Arm wurde im Fallen aus der Höhlung herausgerissen. Und Junker Hohlkopfs Gedanken kehrten wieder.
Er war erschrocken und verstört. Zunächst versuchte er zu lachen. Er packte Scheppertonne am Zügel, zog sie zu sich, schwang sich auf ihren Rücken und preschte davon, ohne sich um die Frauen zu kümmern. An den Hochzeitstanz dachte niemand mehr.
Er trabte zu seinem Zelt. Er band Scheppertonne draußen an und zog sich ins dunkle Innere zurück. Hier — hoffte er — würde er sich beruhigen. So sah er nicht, wie im Westen die Wolkenwände sich übereinander türmten.
Schreckliche Wahrheit
Ganz hatten die Wattels all die Ereignisse noch nicht begriffen. Zu schnell waren sie aufeinander gefolgt, zu wenig Zeit war gewesen, miteinander zu reden und Meinungen auszutauschen.
Schrecken war verbreitet worden. Das Fest und die Freude waren noch ganz nah, überall prangte noch der herrliche Schmuck, die Wimpel flatterten, die letzten Töne verharrten in den Flötenrohren und so rasch vermochte man an das Unglück noch nicht zu glauben. Offen und heiter wurden die Oberstübchen vom Wind gewiegt, Fenster und Türeinschlupfe standen weit offen, da geschah das Unfassliche:
Ein Donnerschlag knallte. Die Sonne verfinsterte sich. Wind, der eben noch sanft geblasen und Kühlung geschenkt hatte, brauste über die Stadt. Angstvoll stob man auseinander. Watteia und Wattemutter erwachten aus der Ohnmacht, der Obereinpuderer führte die schwankenden Frauen eilig zum Wattepalast. — Keine Sekunde zu früh, es prasselte auch schon vom Himmel, erst in silbernen Tropfen, dann in rauschenden Schnüren, der Wind legte den Regen quer, er peitschte Land und Bäume, durchnässte all die Wattels, die nicht rechtzeitig ihre Häuser erreicht hatten, trommelte auf die Zeltdächer, sammelte sich in den Vertiefungen, stürzte durch Fenster und Türen, gurgelte in kleinen Bächen die Wege entlang, die Treppen hinunter, riss Äste und Blätter mit sich, durchnässte die Zeltwände, das Gewicht des Wassers sammelte sich auf den Dächern, beulte sie nach unten aus, die feinen Gewebe krachten, Hausrat und Bewohner wurden überschwemmt, die Wattehaut durchnässt, man fror, konnte kaum atmen...
...und so tobte es über eine Stunde. Eine kurze Zeit? Eine schreckliche Zeit, denn danach war die Stadt ein Durcheinander eingestürzter Zelte, ein Spielfeld gierig dahinquirlender Bäche.
Die Wattels sahen aus wie Stricknadeln, an denen fasernd Fäden klatschnass herunterhingen. Dies war die größte Katastrophe seit Wattelsgedenken.
Am besten hatte der Wattepalast dem Unwetter standgehalten. Und dort war es, als hätte gerade das Unheil die Gedanken geklärt und lähmende Unentschlossenheiten beseitigt. Wattemutter und Watteia trafen sich zu ernster Unterhaltung im großen Salon.
Watteia begann, von trockenem Schluchzen geschüttelt: »Nun ist es sonnen- oder vielmehr regenklar, er hat mich belogen und betrogen und dich belogen und betrogen. Ich habe in sein Innerstes geblickt und da ist nichts zu erblicken, denn da ist nichts vorhanden, oh, es ist schrecklich! Und den Regen hat er nicht besiegt, alles ist viel, viel schlimmer als vorher. Das Gemüse auf unserem Tisch...«
»Pappapp...«
»Ja, Pappapp, oder vielmehr Paprikel, hat Recht gehabt und der dicke Mann, der das Pferd gebracht hat, hat auch Recht gehabt und wir sind die Angeführten, ich bin die Getäuschte, huhu, ach, hätte ich den Fremden doch geglaubt. Hätten wir nur noch ein wenig gewartet, eine kurze Stunde, dann wäre alles anders gekommen. Ich wäre nicht seine Frau... ach, wie nett und reizend war doch damals Klein-Wattoneon! Natürlich konnte er den Regen nicht überwinden, das ist ja keine Schande, niemand kann den Regen besiegen... huhuh...«
»Hör auf zu jammern!«, seufzte Wattemutter. »Alles ist meine Schuld! Wenn du so stöhnst, kommen dir am Ende noch echte Tränen und dann wäre es aus mit dir. Ja, alles ist meine
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