Don Camillo gibt nicht auf
Fieber. Und zum Ausgleich dafür bekamen sämtliche Gnappi vierzig Grad Fieber, sobald der Doktor Barotti auf der Tenne von Fossa erschien.
Der Doktor Barotti hatte sich noch nie mit Politik befaßt, und er hatte auch nicht die geringste Absicht, sich künftig damit zu befassen. Dagegen befaßten sich die Gnappi damit, und das genügte, jede Unstimmigkeit zwischen Grundherr und Pachtbauer in, eine politische Streitfrage zu verwandeln.
Die Tatsache zum Beispiel, daß der Doktor Barotti nicht auf den Vorschlag einging, eine Reihe Maulbeerbäume herauszunehmen, hatte nichts mit Politik zu tun, und Barotti dachte auch gar nicht daran, daraus eine politische Streitfrage zu machen, aber während es für ihn um nichts als eine Reihe Maulbeerbäume ging, ging es für die Gnappi um eine Episode im Kampf zwischen dem ausbeuterischen Kapitalisten und dem ausgebeuteten Arbeiter.
Natürlich, wenn die Gnappi dickschädlig waren, so war auch Barotti nicht gerade die Nachgiebigkeit in Person, und die Beziehungen zwischen Grundherr und Pachtbauer wurden immer schwieriger. Bis der Moment kam, an dem Barotti keine Lust mehr hatte, mit unvernünftigen Leuten vernünftig zu reden, und die Diskussion schroff abbrach:
«Wie dem auch sei, das Land gehört mir, und ich möchte es so bebaut haben, wie ich es mir vorstelle. Wenn euch das nicht paßt, dann müßt ihr euch eben einen anderen Grundherrn suchen!»
Der alte Gnappi hob den Zeigefinger: «Bevor Ihr so daherredet, solltet Ihr Rücksicht auf jemand nehmen, der Euch auf den Armen getragen hat. Wißt Ihr noch, wie oft Ihr mich vor fünfundvierzig Jahren, als Ihr noch ein so kleiner Dreikäsehoch wart, angepinkelt habt?»
«Das ist noch lang kein Grund, daß ich mich jetzt von euch anpinkeln lassen soll», entgegnete Barotti mürrisch.
«Anstatt Euch auf den Schultern herumzutragen, hätte ich Euch lieber in den Kanal schmeißen sollen!» schrie der alte Bia, der zwar schon achtundsechzig war, im Notfall jedoch so hitzig werden konnte wie ein Zwanzigjähriger.
Bei diesem Stand der Dinge hätte es der Sache mit dem Katzenrohr wirklich nicht mehr bedurft. Doch der Teufel hatte seinen Schwanz dazwischen.
Das ganze Wasser auf dem zu Fossa gehörenden Land floß in ein Kanälchen, das das Grundstück in zwei Teile zerschnitt und durch ein «Katzenrohr» in den Canalnuovo mündete. Genauer gesagt: Das Kanälchen stieß an der Ostgrenze des Grundstücks auf den Grenzgraben, der dem Besitzer des Nachbarhofes gehörte, und um in den Canalnuovo zu gelangen, mußte das Abflußwasser vom Barottigrundstück unter dem Grenzgraben durchfließen. Dazu diente das berühmte «Katzenrohr», eine etwa elf Meter lange Leitung aus solidem Zement.
Man nennt das hier «Katzenrohr», um anzudeuten, daß nur noch eine Katze durchkäme, da die Katzen sieben Leben und Knochen aus Gummi haben und durch alle Löcher kommen. Niemandem fiele es ein, von «Hunderohr» zu sprechen, denn obwohl eine solche Leitung einen Durchmesser von einem halben Meter hat, wird sie mit der Zeit durch Erdreich, Gestrüpp und sonstige Dinge, die sich fatalerweise im Knie sammeln, beträchtlich verengt.
Dem Hund von Doktor Barotti war diese Tatsache leider unbekannt, und als er eines Tages seinen Herrn bei der Inspektion der Felder begleitete, sah er eine Katze, die, nachdem sie auf dem fast trockenen Grund des Grabens dahingeflitzt war, plötzlich im Abflußrohr verschwand. Sofort nahm er die Verfolgung auf. Doch nachdem er mit Leichtigkeit in das Katzenrohr geschlüpft war, verhedderte er sich weiter drinnen so unglücklich in Schlamm und Unrat, daß er sich nicht mehr befreien konnte.
Barotti bemerkte das traurige Abenteuer, in das sich sein Hund gestürzt hatte, erst eine Stunde später, nämlich als er das herzzerreißende Jammern hörte, das aus dem Abflußrohr drang. Darauf lief er sofort zum Haus der Gnappi, um Hilfe zu holen, doch als er mit zwei oder drei von ihnen an die Unglücksstelle zurückkam, konnte er seinem armen Hund nur noch einen bewegten letzten Gruß nachsenden: Oben am Canalnuovo hatte irgend jemand nach Beendigung seiner Bewässerungszeit die Schleuse geöffnet, und das Wasser, das nun wieder im Canalnuovo floß, hatte den unteren Teil des Katzenrohrs gefüllt.
«Amen», murmelte der alte Bia. «Er ist so gestorben, wie gewisse Leute krepieren sollten, die ich kenne.»
Der Doktor Barotti kehrte sehr betrübt nach Hause zurück, die Tage vergingen, aber er konnte seinen armen Hund, der wie eine Ratte
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