Don Camillo und seine Herde
drohend entgegen und hielten ihn auf.
Peppone trat hervor und sagte mit dumpfer Stimme: «Nehmen Sie zur Kenntnis, daß wir hier sind und auch hier bleiben werden. Wenn schon dieses Land für Sie keinen Wert hat, für das ausgehungerte Volk bedeutet es etwas.»
«Gut», erwiderte Boschini. «Es gibt aber nur zwei Möglichkeiten, denn das Gesetz habe nicht ich erfunden. Entweder ihr räumt meinen Besitz, oder ihr bringt die Sache mit einem Pachtvertrag in Ordnung.»
«Sie haben also die Absicht, mit der Not des ausgehungerten Volkes zu spekulieren?» fragte Peppone.
«Das scheint mir nicht, denn ich will euch einen Sonderpreis machen», antwortete Boschini. «Schließen wir einen hübschen kleinen Pachtvertrag, und ich gebe euch den Grund für eine Lira im Jahr. Gebt ihr mir fünf Lire, so habt ihr ihn auf fünf Jahre.»
Peppone blickte ihn mißtrauisch an.
«Welche Gemeinheit ist da zum Teufel dahinter...» wollte er wissen.
«Keine Gemeinheit, weil wir das alles schwarz auf weiß vor dem Notar festlegen werden», beruhigte ihn Boschini. «Ich will mich nur unterhalten, ohne auf mein Eigentum zu verzichten. Ich möchte wirklich sehen, was ihr mitten unter diesen verfluchten Steinen erreichen werdet.»
Vor einem Notar wurde ein richtiggehender Vertrag geschlossen, und Peppone nahm den «Schotterhaufen» auf fünf Jahre in Pacht und erlegte fünf Lire im voraus, alles im Namen der «Landwirtschaftlichen Genossenschaft des Volkes».
Und in einer feierlichen Kundmachung, in der das Wesentliche des Pachtvertrages ausgelassen wurde, teilte er der Welt mit, daß «an den Ufern der italienischen Wolga die erste Kolchose der Republik dank des Opfermutes und der Entschlossenheit des Volkes entstanden ist».
Eine Kolchose aufzuziehen ist kein Spaß, denn man muß sich erkundigen, wie die Kollektivwirtschaft in anderen Ländern funktioniert, Statuten und eine Geschäftsordnung festlegen, Arbeitsschichten einteilen, Gesuche der Kolchosen-Anwärter prüfen und hat noch einen ganzen Haufen anderer Dinge zu erledigen.
Boschini ließ sich drei Monate nicht am «Schotterhaufen» sehen. Dann erschien er eines Tages, und als er sah, daß niemand auch nur einen einzigen Stein angerührt hatte und alles war wie vorher (außer daß mitten auf dem Hof an einer hohen Stange eine rote Fahne wehte), ging er zu Peppone und sprach:
«Solltet ihr einmal die Sache bereuen, dann gebe ich euch die fünf Lire zurück, und der Vertrag ist hinfällig.»
Peppone grinste vergnügt.
«Wir kommen von weit und wollen weit kommen», erwiderte er. «Wir haben keine Eile. Der erste Fünfjahresplan funktioniert schon tadellos. Wer am Leben bleibt, wird es sehen.» Die Kolchose «Schotterhaufen» wurde zum Gegenstand der Belustigung aller Reaktionäre der Gegend. Ununterbrochen gingen Leute um den Hof aus Neugierde und Mißgunst. Das Gut aber schien aufgegeben zu sein. Schließlich platzte die Bombe, und das Dorf wurde auf dem Dorfplatz zusammengerufen, um eine Mitteilung von außerordentlicher Wichtigkeit entgegenzunehmen.
Man hatte alles gut vorbereitet, das Volk kam aus allen Teilen der Gemeinde und der Nachbargemeinden, und als der Platz zum Bersten voll war, erschien Peppone auf der mit rotem Tuch verkleideten Tribüne.
«Genossen», sagte er, «der Augenblick ist feierlich. Das ruhmreiche Sowjetvolk reicht uns seine Bruderhand und schickt der «Landwirtschaftlichen Genossenschaft des Volkes» einen greifbaren Beweis seiner Hilfsbereitschaft.» Peppone fuhr in dieser Tonart fort und sprach vom grundsätzlichen Unterschied zwischen jenen, die den Frieden, und jenen, die den Krieg wollen, und anderen wesentlichen Dingen. Dann schloß er, daß er, da ja vom Westen die Worte, vom Osten aber die Taten kämen, nun dem Volk konkrete Tatsachen zeigen werde.
«Gebt den Weg frei der Kultur, die im Vormarsch steht!» brüllte zum Schluß Peppone. Und das Volk machte den Weg frei, und zwischen den beiden Menschenmauern erschien, voran eine achtunggebietende Motorradstafette, feierlich ein mit Widmungssprüchen an die Kolchose Peppones geschmückter majestätischer russischer Traktor.
«Gebt den Weg frei der Kultur und dem Frieden!» brüllte nochmals Peppone, und die Kapelle stimmte die Rote Fahne an.
Es war wirklich ein feierlicher Augenblick, und gerade in diesem Augenblick setzte der Motor des Traktors aus, und das war wirklich schade, denn es waren bereits rotgekleidete Buben und Mädchen bereit, große Blumensträuße auf das majestätische
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