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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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ihn mit Fußtritten aus dem Haus.»
    Don Camillo schüttelte den Kopf.
    «Dieser Gedanke ist dümmer als der andere, nämlich ihm den Schädel einzuschlagen», murmelte er. «Wie kann man einen elfjährigen Buben von daheim verjagen?»
    «Wenn ich ihn nicht verjagen kann, stecke ich ihn in eine Besserungsanstalt!» schrie Bia Grolini. «Ich will diesen Nichtstuer nicht mehr sehen!»
    Bia Grolini hatte eine bestialische Wut, und Don Camillo sagte ihm, er solle sich zuerst beruhigen.
    «Sonntag nachmittag fahr ich hin und werde mit ihm sprechen», beschloß er.
    «Ich gebe Ihnen die Vollmacht, ihn mit Fußtritten um das Konvikt zu jagen», brüllte Bia. «Je mehr Sie ihm davon versetzen, um so mehr Freude machen Sie mir damit.»
    Bia Grolini ging und Don Camillo blieb und drehte den Brief der Direktion zwischen den Händen. Die Angelegenheit war lästig, weil gerade er, Don Camillo, Bia ermuntert hatte, den Buben auf die höhere Schule zu schicken und ihn in das Konvikt zu geben. Bia hatte Geld genug; er bearbeitete den Boden, aber es war sein eigener Boden. Es war gutes Land, mit einem Stall voll Vieh und dazu Traktoren und Maschinen aller Art.
    Giacomo, der letzte in der Kinderschar, war ein aufgeweckter Bub, der sich in der Schule immer gut gehalten hatte. Bia gefiel der Gedanke sehr, einen Akademiker in der Familie zu haben. Von Bias Frau brauchen wir gar nicht zu reden, sie war ohnedies vom Kopf bis zu den Zehen affektiert.
    Als nun Giacomino die Volksschule beendet hatte, packten sie ihn zusammen und lieferten ihn im besten Konvikt der Stadt ab.
    Und gerade Don Camillo hatte es übernommen, den Buben unterzubringen.
    Giacomino war der bravste und sanfteste Bub, den Don Camillo jemals gekannt hatte. Schon von ganz klein auf war er unter Don Camillos Ministranten gewesen und hatte nie Geschichten gemacht. Don Camillo konnte einfach nicht verstehen, wie Giacomino ein so schlechter Kerl werden konnte.

    Es kam der bewußte Sonntag, und Don Camillo stellte sich zur Stunde, die für den Besuch bei den Zöglingen vorgesehen war, im Konvikt ein.
    Als ihn der Direktor von Grolini reden hörte, nahm er den Kopf in beide Hände. Don Camillo breitete die Arme aus.
    «Ich kann nicht genug staunen», sagte er gekränkt. «Ich habe ihn immer nur als gutes und folgsames Kind gekannt. Ich kann immer noch nicht verstehen, wie er so ungezogen werden konnte.»
    «Ungezogen ist nicht das richtige Wort», stellte der Direktor fest. «Ganz im Gegenteil, was das Benehmen betrifft, ist nichts zu sagen; er macht uns aber viel mehr Sorgen als der unartigste unter unseren Zöglingen.»
    Er zog aus der Schreibtischlade ein Blatt Papier und zeigte es Don Camillo: «Schauen Sie, das ist seine Schularbeit in Italienisch.»
    Don Camillo hielt in den Händen ein durchaus sauberes Blatt, auf dem in ausgezeichneter Schönschrift geschrieben stand: «Giacomo Grolini, erste B-Klasse - Thema: (Schreiben Sie über Ihr Lieblingsbuch) - Abhandlung: —»
    Don Camillo wendete das Blatt, es waren aber die einzigen Worte, die Giacomino geschrieben hatte.
    «Da haben Sie es», rief der Direktor und zeigte Don Camillo die andern Aufgaben. «Alle seine Schularbeiten sehen so aus. Er schreibt in der besten Schönschrift das Thema oder das Problem auf, dann kreuzt er die Arme und wartet, bis die Zeit vergeht. Wenn man ihn fragt, antwortet er keine Silbe. Am Anfang dachten wir, er wäre ein vollständiger Idiot; wir haben ihn aber beobachtet und aufgepaßt, wie er mit seinen Kameraden spricht. Er ist kein Idiot. Ganz im Gegenteil, alles eher als das.»
    «Ich werde mit ihm sprechen», sagte Don Camillo. «Darf ich mit ihm ausgehen und einen ruhigen Ort suchen, wo ich ihm nötigenfalls eine allgemeine Lektion erteilen kann?»
    Der Direktor schaute Don Camillos riesige Hände an und murmelte:
    «Wenn Sie ihn mit solchen Argumenten nicht überzeugen, dann gibt es, glaube ich, für uns nichts mehr zu tun. Er hat zwar keinen Anspruch auf Ausgang, wir lassen ihn aber gerne mit Ihnen bis zum Abend ausgehen.»
    Als wenige Minuten später Giacomino erschien, konnte ihn Don Camillo im ersten Augenblick nicht wiedererkennen. Nicht nur die Konvikttracht aus schwarzem Stoffund das völlig geschorene Haupthaar, auch etwas anderes, in Giacominos Haltung und Blick, kam ihm völlig unbekannt vor.
    «Sic können beruhigt sein», flüsterte Don Camillo und grüßte den Direktor. «Ich werde ihn schon bearbeiten.»
    Sie gingen schweigend durch die leeren Straßen der Stadt, auf der

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