Don Fernando erbt Amerika
noch selten gebraucht, weil er in der Vergangenheit zu allerlei interessanten Missverständnissen geführt hat. Und zu Alimentenklagen.
21
Köberlein schlief den Schlaf des düpierten Polizeichefs. Er träumte, er habe sich heimlich in die Asservatenkammer geschlichen und baue sich gerade den größten Joint der Drogengeschichte. Gerade, als er einen anderthalbpfündigen Harzbrocken mit einem Flammenwerfer aus der Waffenkammer anröstete und ein wohliger Duft den Raum durchzog, öffnete sich die Tür und ein Polizist, der einen Polizeiwagen an einer Schnur hinter sich herzog, sagte höhnisch grinsend:
»Telefon, Chef.«
Köberlein fuhr entsetzt im Bett hoch. Ogottogottogott. Hatte man ihn erwischt? Das Telefon klingelte immer noch. Bei dem Versuch, sich aus der Decke zu wickeln, in die er völlig verstrickt war, fiel er unter Mitnahme des Telefons aus dem Bett. Der Hörer landete irgendwo unter dem Kleiderschrank. Es war ein schnurloses Telefon – Köberlein war immer auf dem neuesten Stand der Technik –, das man natürlich nicht an der Schnur unter dem Schrank hervorziehen konnte. Köberlein kroch zum Schrank, presste sein Gesicht an den Spalt zwischen Schranktür und Boden und krächzte seinen Namen ins Dunkel. Unverständliches Quaken und Schnarren antwortete ihm.
»Einen Augenblick«, rief Köberlein, »ich bin gleich wieder dran.«
Dann stand er auf und versuchte, den Schrank von der Wand wegzuschieben. Er zog und zog, der Schrank bewegte sich, neigte sich und fiel auf das Bett, wobei er Köberleins Frau unter sich begrub. Zum Glück hatten sich im Fallen die Schranktüren geöffnet, und der Schaden hielt sich in Grenzen.
Wenn man davon absieht, dass es kein Vergnügen ist, mit einem Kleiderbügel im Mund aufzuwachen und festzustellen, dass man sich offensichtlich in seinem eigenen Sarg befindet, in den auch noch boshafteAngehörige die gesamte Garderobe gelegt haben, um sicherzugehen, dass die Tote wirklich alles mitnimmt, was an sie erinnern könnte. Schreien war jedenfalls nicht möglich. Deshalb konnte Köberlein sein Gespräch auch in Ruhe fortführen.
»Ja?«
»Ich bin’s!«, knurrte eine bösartige Stimme.
»Is mir eg–«, Köberlein stockte.
Nein! Das konnte doch wohl nicht sein! So bald schon?
»Herr Bürgermeister?«, fragte er zaghaft.
»Wer sonst, du dumme … Sie Trottel! Vielleicht holen Sie mich sofort von dieser Tankstelle ab. Und bringen Sie Polizisten mit.«
Die Stimme wurde noch bösartiger. Man hätte meinen können, sie gehöre einem sehr großen, ausgestorbenen Tier mit grüner Haut, geifernden Lefzen und außerordentlich scharfen Zähnen.
»Viele Polizisten, Köberlein. Und Waffen. Schwere Waffen. Bringen Sie alles mit. Haben wir einen Panzer?«
Köberlein verneinte.
»Aber Flammenwerfer, ja? Wir haben Flammenwerfer. Bringen Sie die mit. Und diese anderen Teile, Sie wissen schon, diese Holzstäbe mit den spitzen Eisenkugeln an einer kurzen Kette. Bringen Sie die auch mit. Ich weiß, wo die Entführer sind.«
»Und Sie, wo sind Sie, Herr Bürgermeister?«
»In der Würzburger Straße an einer ARAL-Tankstelle. In Fürth.«
Plötzlich wurde Köberlein sehr fröhlich.
»Aber das fällt gar nicht in meinen Zuständigkeitsbereich. Das können doch die Kollegen …«, er kam nicht weiter. Die Stimme war jetzt kein Knurren mehr. Es hörte sich eher so an, als bisse jemand in den Telefonhörer.
»Köberlein …!«
»Ich komme, Herr Bürgermeister!«, sagte Köberlein, verneigte sich vor dem Hörer und ging seine Uniform suchen.
Sie war im Kleiderschrank.
Esteban hatte Bébé die Sache mit dem Hausmeister erledigen lassen. Die beiden waren auf dem besten Wege, gute Freunde zu werden. Esteban hatte Bébés Geschicklichkeit im Umgang mit dem Degen gebührend bewundert, obwohl er fand, dass es ihm noch am nötigen Ernst mangelte. Er persönlich war für erhabene Schlichtheit, nahm aber großmütig hin, dass Bébé dem Reiz des Neuen verfallen war und gewissen Spielereien nicht hatte widerstehen können.
»Was ist das?«, fragte Christoph, der vor der Haustür auf ein seltsam angeordnetes Muster aus fröhlich glitzernden Metallplatten trat, die auf dem ganzen Gehsteig verteilt waren.
»Der Motorblock eines Opels in 48 Scheiben!«, sagte Bébé mit kaum verhohlenem Stolz. Aus der Parterrewohnung hörte man das ungewohnte Geräusch, das entsteht, wenn ein deutscher Mann weint.
»Wir sollten uns ein bisschen beeilen!«, sagte Kathrin, die eben mit Fernando und den
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