Don Fernando erbt Amerika
Laboraufzeichnungen.
Als die Novizen das drei Jahre später bemerkten, zuckten sie nur mit den Schultern. Sie hatten längst andere Dinge erfunden. Ein kleines Gerät zum Beispiel, auf dem man ein rasend schnelles Puzzle spielen konnte, aber immer verlor. Es ließ sich darauf auch rechnen, aber das konnten die Novizen selbst.
Sie beschlossen, den Ausbruch aus der Höhle auf zweihundert Jahre später zu verschieben.
Und das war eine gute Idee, denn in dieser Zeit erfanden sie eine Menge sehr nützlicher Dinge, die zu 90 Prozent auch auf der Oberfläche erfunden wurden. Allerdings etwas später.
Nur die Glühbirne erfanden sie nicht.
Wozu alle Traditionen über Bord werfen?
19
In der Gegenwart saßen noch immer ein gutes Dutzend Spanier, ein Außerirdischer und ein paar Deutsche in Gileads Wohnung, was den allgemeinen Bevölkerungsquerschnitt in Fürth ziemlich genau repräsentierte. Unter Christophs Leitung hatten sich Gilead und Fernando endlich geeinigt, und Kathrin war gerade dabei, ein Schriftstück aufzusetzen, das die Konditionen des Geschäfts regeln sollte. Esteban, Carlos und die anderen saßen um Bébé herum, der Salsa spielte. Sie klatschten begeistert bei jedem Lied. Ab und zu verschwand jemand, um mit dem Kleinbus Rotwein und Chips in der nächstgelegenen Tankstelle zu besorgen.
Schließlich war Kathrin fertig und trug die wichtigsten Punkte noch einmal vor.
»Also, hört zu. Gilead, Christoph und Bébé verpflichten sich, Fernando bei der Durchsetzung seines Rechtsanspruchs ohne Einschränkung zu helfen.
Fernando verpflichtet sich, sobald sein Anspruch anerkannt ist, zehn Prozent seines Vermögens für die Entwicklung eines Transportmittels für Gilead aufzuwenden.
Beide verpflichten sich, einander nicht mehr die Köpfe einzuschlagen.
So, was kommt dann?«
Sie wurde ein bisschen rot.
»Ah ja, das können wir überspringen. Unterschreibt das.«
Bébé unterschrieb, ohne hinzusehen, Christoph schlief schon fast und unterschrieb auch, Gilead las sich das Papier genau durch, grinste und unterschrieb; für Fernando, der eben auf dem Klo war, unterschrieb Esteban mit Fernandos Erlaubnis.
»So!«, sagte Kathrin. »Und jetzt?«
»Ich geh ins Bett«, sagte Christoph müde. »Vor morgen können wir doch nichts machen, okay?«
»Also, bei uns auf Siron«, sagte Gilead bedächtig, »feiern wir einen Vertragsabschluss eigentlich. Wollen wir nicht ein bisschen ausgehen?«
»Sehr guter Plan«, sagte Fernando, der gerade wieder hereinkam, »es ist Jahre her, dass ich aus war.«
Dann erbleichte er.
»O mein Gott«, stammelte er, »wir haben den Bürgermeister vergessen.«
Es war alles ein bisschen viel auf einmal gewesen und deshalb konnten sich die Spanier auch nicht sofort erinnern, wo sie den Bürgermeister hingetan hatten. Esteban schwor Stein und Bein, dass er noch im Bus gewesen war, als sie Gostenhof fluchtartig verlassen hatten. Und er hatte ihn nirgends verloren.
»Dann muss er noch im Bus sein«, sagte Carlos.
»Ups«, sagte Bébé, der vorhin Tabak holen war. »Dieser Dicke im Bus war der Bürgermeister?«
»Ja!«, sagte Fernando erleichtert. »Gut, dass du ihn gefunden hast.«
Bébé wurde – ein seltenes Phänomen bei ihm – ziemlich rot.
»Äh, ja, ich hab ihn gefunden«, sagte er gedehnt, »aber ich hatte keine Verwendung für ihn. Ich hab ihn rausgeschmissen.«
Tödliches Schweigen.
Bébé versuchte, sich klein zu machen.
Fernando räusperte sich.
»Na ja«, sagte er dann fröhlich, »er war sowieso lästig. Und das Dokument haben wir ja jetzt. Also, gehen wir einen trinken, in Ordnung?«
»Einen kleinen Augenblick noch«, sagte Kathrin müde zu Bébé. »Du hast ihn an der Tankstelle rausgesetzt, richtig?«
Bébé wand sich wie ein Aal. Er hätte viel darum gegeben, jetzt nackt auf einer Bühne stehen zu können und mit faulen Eiern beworfen zu werden.
»Na ja, eigentlich mehr vor dem Haus. Ich hab gedacht, er wollte das Auto klauen.«
In diesem Augenblick klingelte es an der Tür.
Alle erstarrten.
Dann gab Fernando Esteban einen Wink. Esteban ging todesmutig zur Tür. Gileads Zimmer war plötzlich fast leer. Die Unsterblichen hatten alle unter seinem Bett Platz gefunden, die Sterblichen standen in der Schusslinie.
Man hörte, wie Esteban die Tür öffnete und »Ja?« sagte.
Und dann hörte man eine fetttriefende Stimme: »Ist das euer Bus da unten in der Einfahrt, Kanake?«
20
»Wäre es irgendwie zu viel verlangt, wenn ich dich bitten würde, die
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