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Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten

Titel: Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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dein Wohltäter, was du tatst?«
    »Aber sicher. Er hatte dieses Geräusch mit der Schaufel gemacht, um mir zu helfen, meine Aufgabe zu erfüllen. Als er ins Haus trat, gab er vor, mich auszuschelten, weil ich eingeschlafen war. Ich wußte aber, daß er mich gesehen hatte. Später, als seine Freunde gegangen waren, erzählte er mir, er habe mein Leuchten hinter den Bäum en bemerkt.« Diese drei Episoden, sagte Don Genaro, hätten ihn auf den Weg des »Träumens« gebracht, und es habe fünfzehn Jahre gedauert, bis er seine nächste Gelegenheit bekommen habe. »Das vierte Mal war eine phantastischere und vollkommenere Vision«, sagte er. »Ich fand mich schlafend inmitten bebauter Felder. Dort sah ich mich, wie ich in tiefem Schlaf auf der Seite lag. Ich wußte, daß dies das Träumen war, denn ich hatte mich jeden Abend darauf vorbereitet zu träumen. In der Regel hatte ich mich jedesmal, wenn ich mich im Schlaf sah, an der Stelle befunden, wo ich eingeschlafen war. Diesmal aber war ich nicht in meinem Bett, und ich wußte, daß ich an diesem Abend zu Bett gegangen war. Bei diesem Träumen war es Tag. Also wollte ich der Sache auf den Grund gehen. Ich verließ die Stelle, wo ich lag, und versuchte mich zu orientieren. Ich wußte, wo ich mich befand. Tatsächlich war ich nicht allzu weit, vielleicht ein paar Meilen, von meinem Haus entfernt. Ich ging umher und sah mir alle Einzelheiten dieses Platzes an. Ich stand im Schatten eines großen Baumes und spähte über einen flachen Landstrich zu den Maisfeldern am Hang eines Hügels hinüber. Dann überraschte mich etwas ganz Ungewöhnliches. Die Details der Umgebung veränderten sich nicht und verschwanden auch nicht, wie lange ich sie auch anstarrte. Ich bekam es mit der Angst zu tun und lief dorthin zurück, wo ich schlief. Ich lag noch genau an der Stelle, wo ich vorher gewesen war. Ich" fing an. mich zu beobachten. Ich empfand eine unheimliche Gleichgültigkeit gegenüber diesem Körper, den ich beobachtete. Dann hörte ich die Schritte von näherkommenden Menschen. Anscheinend waren immer irgendwelche Leute hinter mir her. Ich lief einen kleinen Hügel hinauf und beobachtete vorsichtig von dort oben, was geschah. Es kamen etwa zehn Menschen zu dem Feld, wo ich schlafend lag. Lauter junge Männer. Ich rannte zurück zu der Stelle, wo ich lag, und nun erlebte ich einen der verzweifeltsten Augenblicke meines Lebens, während ich mich dort liegen sah - schnarchend wie ein Schwein. Ich wußte, daß ich mich aufwecken mußte, aber ich hatte keine Ahnung, wie ich es anfangen sollte. Auch wußte ich. daß es für mich tödlich ausgehen konnte, wenn ich mich selbst weckte. Aber falls diese jungen Männer mich dort fänden, würde es für sie sehr unangenehm sein. Alle diese Überlegungen, die mir durch den Kopf schössen, waren nicht eigentlich Gedanken. Besser gesagt, es waren Szenen, die sich vor meinen Augen abspielten. Meine Besorgnis zum Beispiel war eine Szene, bei der ich mich sah. während ich das Gefühl hatte, in der Falle zu sitzen. Ich nenne das Besorgnis. Nach diesem ersten Mal ist es mir noch viele Male passiert. Nun gut, da ich nicht wußte, was ich tun sollte, stand ich da und schaute mich an, auf das Schlimmste gefaßt. Eine Reihe flüchtiger Bilder zog vor meinen Augen vorbei. Besonders an eines klammerte ich mich: den Anblick von meinem Haus, meinem Bett. Das Bild wurde ganz klar. Ach, wie wünschte ich, daheim im Bett zu sein! Dann rüttelte mich jemand; es fühlte sich an, als ob mich jemand schlüge, und ich erwachte. Ich lag auf dem Bett! Offenbar hatte ich geträumt. Ich sprang auf und lief zu der Stelle, wo mein Träumen stattgefunden hatte. Sie war genauso, wie ich sie gesehen hatte. Die jungen Männer waren da und arbeiteten. Lange schaute ich ihnen zu. Es waren dieselben, die ich gesehen hatte. Gegen Ende des Tages, als alle gegangen waren, kehrte ich zu der gleichen Stelle zurück und stand genau an dem Fleck, wo ich mich im Schlaf gesehen hatte. Ja, dort hatte jemand gelegen. Das Gras war niedergedrückt.« Don Juan und Don Genaro beobachteten mich. Sie sahen aus wie zwei seltsame Tiere. Ein Frösteln lief mir über den Rücken. Ich stand im Begriff, mich der ganz begründeten Angst hinzugeben, sie könnten keine wirklichen Menschen sein wie ich, aber Don Genaro lachte. »Zu jener Zeit«, sagte er, »war ich genau wie du, Carlitos. Ich wollte alles herausfinden. Ich war genauso mißtrauisch wie du.«
    Er machte eine Pause, dann hob er drohend

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