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Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten

Titel: Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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doch spürte ich. wie sie mich hochzogen. Anscheinend hoben sie mich auf. wobei jeder mich an einem Arm und einem Bein packte, und trugen mich ein Stück weit. Ich war mir der unbequemen Haltung meines Kopfes bewußt, der schlaff herabbaumelte. Meine Augen waren offen. Ich sah die Erde und Grasbüschel unter mir weggleiten. Schließlich spürte ich einen kalten Schauer. Wasser drang mir in Mund und Nase, und ich mußte husten. Meine Arme und Beine strampelten wie wild. Ich versuchte zu schwimmen, aber das Wasser war nicht tief genug, und schließlich stand ich aufrecht in dem seichten Bach, in den sie mich eingetaucht hatten. Don Juan und Don Genaro wollten sich kaputtlachen. Don Juan krempelte seine Hosen auf und kam zu mir heran: er spähte mir in die Augen, dann meinte er. ich sei noch nicht wieder ganz und heil, und stieß mich ins Wasser zurück. Mein Körper bot keinerlei Widerstand. Ich wollte nicht noch einmal eingetunkt werden, aber es war mir unmöglich, meinen Willen auf meine Muskeln zu übertragen, und so stolperte ich rücklings. Diesmal empfand ich die Kälte noch stärker. Rasch sprang ich auf und hastete versehentlich auf das gegenüberliegende Ufer. Don Juan und Don Genaro schrien und pfiffen und warfen Steine ins Gebüsch hinter mir, als versuchten sie. einen ausgebrochenen Ochsen zu dirigieren. Ich watete durch den Bach zurück und setzte mich neben sie auf einen Stein. Don Genaro reichte mir meine Kleider, und erst jetzt fiel mir auf, daß ich nackt war, obwohl ich mich nicht daran erinnerte, wann oder wie sie mich ausgezogen hatten. Don Juan wandte sich an Don Genaro und sagte mit dröhnender Stimme: »Um Himmelswillen, geb' einer dem Mann doch ein Handtuch!« Ich brauchte ein paar Sekunden, um die Absurdität in dieser Situation zu erkennen.
    Ich fühlte mich sehr wohl. Ich war sogar so glücklich, daß ich nicht einmal sprechen wollte. Ich war mir aber sicher, daß sie. falls ich meine Euphorie zeigte, mich wieder ins Wasser tunken würden.
    Don Genaro beobachtete mich. Seine Augen funkelten wie die eines wilden Tieres. Sein Blick drang durch mich hindurch. »Gut für dich!« sagte Don Juan plötzlich zu mir. »Jetzt bist du beherrscht, aber drüben bei den Eukalyptusbäumen hast du dich gehenlassen wie ein Hanswurst.«
    Schon wollte ich hysterisch loslachen. Don Juans Worte kamen mir so wahnsinnig komisch vor. daß ich mich gewaltig anstrengen mußte, um mich zu zügeln. Und dann erteilte mir irgend etwas in mir blitzartig einen Befehl. Ein unkontrollierbares Jucken in der Körpermitte veranlaßte mich, meine Kleider abzuwerfen und wieder ins Wasser zu springen. Ich blieb etwa fünf Minuten im Bach. Die Kälte machte mich wieder nüchtern. Als ich ans Ufer stieg, war ich wieder ich selbst.
    »Gut gemacht!« sagte Don Juan und klopfte mir die Schulter. Sie führten mich zu den Eukalyptusbäumen zurück. Im Gehen erklärte Don Juan, mein »Tonal« sei in gefährlichem Maß verletzlich gewesen, und offensichtlich habe die Widersinnigkeit von Don Genaros Taten es überfordert. Er sagte, sie hätten bereits beschlossen gehabt, es keinen neuen Belastungen auszusetzen und zu Don Genaro nach Hause zu gehen, aber die Tatsache, daß ich selbst erkannt hätte, ich müsse noch einmal im Bach untertauchen, habe nun alles geändert. Er 188 sagte jedoch nicht, was sie im Sinn hatten. Wir standen mitten auf dem Feld, an der gleichen Stelle, wo wir zuvor gewesen waren. Don Juan stand rechts von mir, Don Genaro links. Beide standen mit angespannten Muskeln da, in einem Zustand äußerster Wachsamkeit. Diese Anspannung hielten sie etwa zehn Minuten durch. Mein Blick wechselte vom einen zum anderen. Ich hoffte, Don Juan werde mir ein Stichwort geben, was ich tun sollte. Ich hatte recht. Irgendwann entspannte er seinen Körper und stieß mit dem Fuß ein paar feste Erdklumpen fort. Ohne mich anzusehen, sagte er: »Wir sollten lieber gehen.« Unwillkürlich überlegte ich, Don Genaro habe wohl die Absicht gehabt, mir noch eine weitere Demonstration des »Nagual« zu erteilen, dann aber wohl beschlossen, es doch nicht zu tun. Ich war erleichtert. Ich wartete noch einen Augenblick auf eine letzte Bestätigung. Auch Don Genaro entspannte sich, und dann taten beide einen Schritt nach vorn. Jetzt wußte ich, daß wir es hinter uns hatten. Aber genau in dem Augenblick, da ich mich ebenfalls entspannte, stieß Don Genaro wieder seinen unglaublichen Schrei aus. Ich fing wie wild an zu atmen. Ich schaute mich um. Don

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