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Don Juan 05 - Der zweite Ring der Kraft

Don Juan 05 - Der zweite Ring der Kraft

Titel: Don Juan 05 - Der zweite Ring der Kraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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und dein Nagual hervorzogen. Sie packten dich an den Ohren und rissen dich auseinander, bis sie dein Leuchten gespalten hatten, bis du kein Ei mehr warst, sondern zwei längliche leuchtende Streifen. Dann setzten sie dich wieder zusammen, aber ein Zauberer, der sieht, könnte dir sagen, daß in deiner Mitte eine riesige Lücke klafft.«
    »Was nützt es, wenn man gespalten ist?«
    »Du hast ein Ohr, das alles hört, und ein Auge, das alles sieht, und du kannst immer, wenn es nottut, eine Meile weiter gehen. Diese Spaltung ist auch der Grund, warum du, wie sie uns sagten, der Maestro bist.
    Sie versuchten auch Pablito zu spalten, aber anscheinend ist es ihnen nicht gelungen. Er ist zu verwöhnt und läßt sich immer gehen wie eine Kröte. Darum geht's ihm auch jetzt so miserabel.«
    »Aber was ist ein Doppelgänger?«
    »Ein Doppelgänger ist der andere, der Körper, den man beim Träumen bekommt. Er sieht genauso aus wie man selbst.«
    »Habt ihr alle einen Doppelgänger?« Nestor musterte mich mit überraschtem Blick. »Heh, Pablito, erzähl dem Maestro von unseren Doppelgängern«, sagte er lachend.
    Pablito griff über den Tisch und rüttelte Benigno. »Sag du es ihm, Benigno«, rief er. »Oder noch besser - zeige es ihm!«
    Benigno stand auf, riß die Augen auf, soweit er konnte, und schaute zum Hausdach hinauf. Dann ließ er die Hosen runter und zeigte mir seinen Penis. Die Genaros überschlugen sich vor Lachen. »Hast du diese Frage wirklich ernst gemeint, Maestro?« fragte Nestor mich mit nervösem Gesichtsausdruck. Ich versicherte ihm, daß es mir völlig ernst sei mit meinem Wunsch, alles über ihr Wissen zu erfahren. Dann erläuterte ich ihnen lang und breit, wie Don Juan mich immer aus mir unverständlichen Gründen von ihrer Welt ferngehalten und mich dadurch gehindert hatte, mehr über sie zu erfahren. »Stellt euch vor«, sagte ich,
    »bis vor drei Tagen wußte ich nicht mal, daß die drei Mädchen Lehrlinge des Nagual waren oder daß Benigno Genaros Lehrling war!« Benigno riß die Augen auf.
    »Ach, stell dir vor«, sagte er, »ich wußte bis jetzt nicht mal, daß du so blöde bist.«
    Er schloß wieder die Augen, und alle lachten wie verrückt. Mir blieb nichts andres übrig als mitzulachen.
    »Wir haben dich nur zum besten gehalten, Maestro«, sagte Nestor wie zur Entschuldigung. »Wir glaubten nämlich, du wolltest uns für dumm verkaufen mit deinen komplizierten Fragen. Der Nagual sagte uns, daß du siehst. Falls du wirklich siehst, dann weißt du ja, was für eine traurige Bande wir sind. Wir haben nicht den Leib des Träumens. Keiner von uns hat einen Doppelgänger.« Dann berichtete Nestor ernst und eindringlich, daß irgend etwas sich zwischen sie und ihren Wunsch, einen Doppelgänger zu haben, geschoben hatte. Soviel ich verstand, meinte er, daß eine Art Barriere entstanden war, seit Don Juan und Don Genaro sie verlassen hatten. Vielleicht, so überlegte er, kam dies daher, weil Pablito seine Aufgabe verpatzt hatte. Pablito fügte noch hinzu, daß irgend etwas sie verfolge, seit Genaro und der Nagual gegangen waren; sogar Benigno, der damals am südlichsten Ende von Mexiko wohnte, hatte zurückkehren müssen. Erst als die drei beisammen waren, fühlten sie sich etwas sicherer. »Was, glaubst du, ist das?« fragte ich Nestor. »Da draußen in dieser Unendlichkeit ist etwas, das uns anzieht«, erwiderte er. »Pablito glaubt, es sei seine Schuld, weil er diese Weiber gegen sich aufgebracht hat.«
    Pablito wandte sich zu mir um. In seinen Augen stand ein wildes Flackern.
    »Sie haben mich verflucht, Maestro«, sagte er. »Ich weiß, daß ich die Ursache aller Schwierigkeiten bin. Nach meinem Kampf mit Lidia wollte ich aus dieser Gegend verschwinden, und so ging ich ein paar Monate drauf nach Veracruz. Ich war dort sehr glücklich und fand sogar ein Mädchen, das ich heiraten wollte. Ich fand Arbeit, und es ging mir gut, bis ich eines Tages nach Hause kam und feststellte, daß diese vier mannweibischen Monster wie Raubtiere auf meiner Fährte waren. Sie waren in meinem Haus und quälten meine Frau. Die Hexe Rosa legte meiner Frau die Hand auf den Bauch und machte - einfach so! -, daß sie ins Bett schiß. Und ihre Anführerin, dieser Zweihunderzwanzig-Pfunds-Arsch, erzählte, sie hätten den ganzen Kontinent durchstreift und mich gesucht. Sie packten mich einfach am Hosenbund und schleppten mich aus dem Haus. Sie stießen mich bis zur Busstation, um mich hierher zu bringen. Ich wurde

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