Don Juan 05 - Der zweite Ring der Kraft
Tage s verschwunde n wa r un d da ß nieman d mi r sage n wollt e ode r z u sagen wagte , wa s mi t ih r passier t war.
»Eine s Tage s wa r ic h allei n vo r de m Haus« , fuh r Don a Soleda d fort.
»Ic h sa ß i n de r Sonn e un d kämmt e mei n Haa r mi t de m Kamm , de n der Nagua l mi r geschenk t hatte . Ic h merkt e nich t , da ß e r gekomme n wa r und jetz t hinte r mi r stand . Plötzlic h spürt e ich , wi e sein e Händ e sic h u m mein Kin n legten . Ic h hörte , wi e e r gan z leis e sagte , ic h soll e mic h nicht bewegen , wei l ic h mi r sons t da s Genic k breche n könne . E r bo g meinen Kop f nac h links . Nich t gan z herum , nu r ei n wenig . Ic h beka m furchtbare Angs t un d schri e un d versuchte , seine n Grif f abzuschütteln , abe r e r hielt meine n Kop f fes t – ein e lange , lang e Zeit . Al s e r mei n Kin n losließ , fie l ich i n Ohnmacht . Ic h kan n mic h nich t erinnern , wa s da n n geschah . Al s ich aufwachte , la g ic h a m Boden , gena u hie r a n de r Stelle , w o ic h jetz t sitze. De r Nagua l wa r gegangen . Ic h schämt e mic h s o sehr , da ß ic h niemanden sehe n wollte , besonder s nich t l a Gorda . Lang e glaubt e ic h sogar , da ß der Nagua l i n Wirklichke i t ni e meine n Hal s verdreh t hatt e un d da ß da s ganze nu r ei n Alptrau m gewese n war. « Si e macht e ein e Pause . Ic h wartet e auf ein e Erklärung . Si e wirkt e zerstreut , vielleich t nachdenklich.
»Un d wa s gescha h wirklich , Don a Soledad? « fragt e ich , unfähi g mic h zu b eherrschen . »Ha t e r etwa s mi t Ihne n gemacht? «
»Ja , e r bo g meine n Hals, u m mein e Blickrichtun g z u ändern« , sagt e si e un d lacht e lau t übe r mein verblüffte s Gesicht . »Ic h meine , ha t er…?«
»Ja , e r ha t mein e Richtun g geändert« , fuh r si e fort , ohn e au f meine Fra ge n einzugehen . »Mi t di r ha t e r da s gleich e gemacht , un d mi t allen anderen.«
»Da s is t wahr . Mi t mi r ha t e r da s gemacht . Abe r warum , glaube n Sie , tat e r das?«
»E r mußt e e s tun . E s is t da s Wichtigste.«
Wa s si e meinte , wa r ein e bestimmt e Handlung , di e Do n Ju a n damal s für absolu t notwendi g erklär t hatte . Ic h hatt e noc h ni e mi t irgendwe m darüber gesprochen . Ja , ic h hatt e e s beina h vergessen . E s wa r z u Begin n meiner Lehrzeit , un d wi r ware n i n de n Berge n Nordmexikos . E r baut e zwei Feuerstellen , etw a zwanzi g Fu ß v o neinande r entfernt . E r befah l mir , mich abermal s zwanzi g Fu ß davo n entfern t aufzustelle n un d meine n Körper, besonder s meine n Kopf , i n ein e gan z entspannte , natürlich e Haltun g zu bringen . Dan n hie ß e r mic h da s ein e Feue r ansehen . Nu n tra t e r vo n hinten a n m ic h heran , bo g meine n Hal s nac h link s un d richtet e meine n Blick, ohn e mein e Schulter n z u drehen , au f da s ander e Feuer . Stundenlan g hiel t er meine n Kop f i n diese r Stellung , bi s da s Feue r erlosche n war . Di e neue Richtun g wa r Südost , ode r vielmeh r hatt e e r e s s o arrangiert , da ß die zweit e Feuerstell e gena u südöstlic h vo n mi r lag . Damal s hatt e ic h die ganz e Sach e nu r al s ein e vo n Do n Juan s undurchschaubare n Eigenheiten, al s eine s seine r unsinnige n Ritual e aufgefaßt.
»De r Nagua l sagt , da ß wi r all e i m Lau f unsere s Leben s di e Gewohnheit annehmen , i n ein e bestimmt e Richtun g z u schauen« , fuh r si e fort . »Die s ist di e Richtun g unsere s geistige n Auges . Abe r mi t de r Zei t nutz t diese Richtun g sic h ab , si e wir d schwac h un d häßlich , un d d a wi r un s au f diese bestimmt e Richt u n g festgeleg t haben , werde n wi r selbs t schwac h und häßlich . A n de m Tag , al s de r Nagua l meine n Kop f dreht e un d ih n festhielt, bi s ic h vo r Angs t schie r i n Ohnmach t fiel , ga b e r mi r ein e neu e Richtung.«
»Welch e Richtun g ga b e r Ihne n denn?«
»Waru m frags t d u mi c h das? « sagt e si e mi t übertriebene m Nachdruck.
»Glaubs t d u vielleicht , da ß de r Nagua l mi r ein e ander e Richtun g gegeben ha t al s dir?«
»Ic h kan n Ihne n sagen , welch e Richtun g e r mi r gab« , sagt e ich . »Ach was! « fuh r si e mic h an . »Da s ha t e r mi r selbs t gesagt. « Si e schie n erregt. Si e wechselt e ihr e Haltun g un d legt e sic h au f de n Bauch . Mi r ta t vom viele n Schreibe n de r Rücke n weh . Ic h fragt e sie , o b ic h mic h au f den Bode n setze n un d da s Bet t al s Schreibunterlag
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