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Don Juan de la Mancha

Don Juan de la Mancha

Titel: Don Juan de la Mancha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Menasse
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sagen: gehen. Sagte aber: dir überlegen, ob du wirklich die Schauspielschule aufgeben willst.
    Natürlich nicht. Aber bis der Alte das merkt, habe ich doch schon längst die Wohnung und die Million. Wir bekommen sicher eine schöne Wohnung. Groß genug, dass wir uns nicht auf die Nerven gehen. Jeder macht, was er will. Mach dir keine Sorgen. Du kämst vom Keller in die Beletage. Und nach einem Jahr sagen wir, leider, wir haben uns auseinandergelebt, es hat nicht funktioniert, und lassen uns scheiden. Ehen können scheitern. Was kann er dann sagen?
    Und ich kann dann zurück in den Keller.
    Nein. Du bekommst zweihunderttausend.
    Zweihundertfünfzig!
    Meinetwegen. Aber dann keinen Anteil mehr von den monatlichen Zuwendungen. Es war doch immer locker zwischen uns. Unkompliziert. Lustig. Du wirst sehen, das kriegen wir hin ohne Streit und Krise. Was wir zusammen machen wollen, machen wir. Und sonst – die Wohnung wird groß genug sein.
    Was ist? Willst du mich heiraten?
    Ich sah an ihr vorbei. Ich merkte, dass ich schwitzte. Die Heizung war auf Maximum. Der Keller sollte mollig warm sein, wenn Martina kam. Ich hatte davon geträumt. Anne zu erobern. Mit ihr zusammen zu sein. Zu leben. Der Sex mit ihr. Und die vielen Türen. Notausgänge. Ausgangstüren aus den kleinen Verhältnissen. Aber so? Hatte ich Stolz? Nein. Ich hatte keinen Stolz. Ich fragte mich, ob ich etwas ganz anderes hatte. Die erforderliche Abgebrühtheit. Die Wohnung wird groß genug sein, dass wir uns nicht auf die Nerven gehen. Dies hier ist dein Trakt. Auf deinem Bett, siehst du, dort am Ende der Zimmerflucht, die Geldbündel, das ist dein Anteil. Ich ficke heute mit einem Irren. Im anderen Trakt. Stört dich doch nicht. Nein, kein Patient, ein Kollege vom Schauspielseminar. Es war fünf vor fünf.
    Anne stand auf. Du denkst nach, sagte sie, na gut. Gib mir morgen Bescheid. Sie gab mir zum Abschied einen Kuss. Ich hatte keinen Stolz. Ich griff ihr auf den Hintern. Drei vor fünf. Als sie fort war, leerte ich den Weinrest aus den Bechern zurück in die Flasche – hielt inne. Ich hasste, woher ich kam und wohin ich ging. Da läutete es.
    Martina. Sie kam nicht direkt von der Arbeit. Das war deutlich. Sie musste noch schnell in ihrer Wohnung gewesen sein, um sich schön zu machen. Wie das klingt: sich schön machen. Sie hatte es gemacht. Die Haare frisch gewaschen, die Augen sorgfältig geschminkt, die Lippen, eine frische Bluse, Parfüm. Komm rein. Sie bewegte sich wie ein edles Pferd vor dem Rennen. Tänzelnd und voller Anspannung. Du hast etwas anbrennen lassen, sagte sie.
    Das Sugo. Verkohlt. Unrettbar verloren. Ich wollte Spaghetti Bolognese für dich machen, sagte ich, aber –
    Wir machen uns Nudeln mit Olivenöl, sagte sie.
    Ich habe kein Olivenöl.
    Hast du Butter? Ja? Gut. Und Salbei?
    Salbei? Tee. Ich habe Salbeitee.
    Das funktioniert. Wir machen die Spaghetti mit Butter und Salbei.
    Sollte mein Vater recht haben? Wenn zwei sich lieben, dann lieben sie sich auch in einer Steinzeithöhle. Sie stellte einen Topf Wasser für die Nudeln auf. Wie flach ihr Po war. Stell dir vor, sagte ich, was mir eben passiert ist. Ich erzählte ihr von Annes Besuch und ihrem Angebot.
    Du wirst doch nicht wegen des Geldes heiraten, sagte Martina.
    Gibt es einen anderen vernünftigen Grund, um zu heiraten?
    Ja, sagte Martina.
    Ich war auf eine so verblödete Weise gerührt, dass ich die Strafe, zu der ich mich jetzt verurteilte, wirklich verdiente. Ich soll aus Liebe heiraten? Dich?
    Ja.
    Wir umarmten uns, gingen ins Bett. Ich weiß nicht, warum sie so trocken war. Es tat weh. Aber es war ein kleiner Schmerz in einem dicken Verband aus Pathos. Ich hatte an den Fingerkuppen noch die Erinnerung an Annes Hintern. Ich war glücklich, ich würde nie wieder darauf warten müssen, dass Anne Zeit für mich hat. Dann machte Martina einen Joint, und wir rauchten. Wo hast du den Stoff her? Sie grinste: Von der Arbeit.
    Sie war Kindergärtnerin in einem alternativen Hort namens »Die roten Spatzen«. Gegründet von Achtundsechziger-Veteranen, die durch Fortpflanzung ihre Massenbasis verbreitert hatten.
    Aber du rauchst doch nicht vor den Kindern!
    Spinnst du! Ich bekomme es von einem Vater, aber ich rauche nur nach der Arbeit. Manchmal.
    Das Wasser für die Nudeln war verdampft, der Boden des Topfs verkohlt.
    19.
    Lass uns etwas Verrücktes tun, sagte sie.
    Ja, sagte ich. Aber was? Wir haben schon das Allerverrückteste getan! Was könnte so verrückt sein wie deine Idee, zu

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