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Donaugrund (German Edition)

Donaugrund (German Edition)

Titel: Donaugrund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Silberhorn
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helle.« Er tippte sich an die Schläfe. »Aber Jan hatte einen Narren an ihr gefressen, war halt einfach scharf auf das Luder. Er hatte sie auch eingestellt damals … Und wir anderen dürfen uns jetzt mit ihr und ihrer Unfähigkeit herumschlagen.«
    »Und das war der Anlass Ihres Streits auf der Weihnachtsfeier?« Raphael fixierte ihn skeptisch.
    »Ja, sag ich doch«, motzte Wollenschläger. »Ich war schon ziemlich voll, da ist meine Wut halt wieder hochgekocht.«
    »Haben Sie ihn im weiteren Verlauf des Abends dann vielleicht auch noch tätlich angegriffen?« Aha, Raphael hatte sich entschieden, die Katze zumindest teilweise aus dem Sack zu lassen. »Sie wissen schon, so unter Leadern?«
    Wollenschläger riss verwundert die Augen auf. War das gespielt? »Wie kommen Sie darauf?«
    »Beantworten Sie einfach die Frage, Herr Wollenschläger«, spielte ich die Frau Oberlehrerin.
    »Natürlich nicht«, antwortete er und ließ sich sogar zu einem kleinen Lächeln herab. »Wir hatten unsere Auseinandersetzungen, aber ich bin durchaus zivilisiert. Schläger sind armselig.«
    Ich warf Raphael einen fragenden Blick zu, er nickte kaum merklich.
    »Sie haben angegeben, Jan Wahlner in der Karmalounge noch gesehen zu haben.« Ich wies auf die Akte. »Wie sicher sind Sie sich diesbezüglich? Er ist auf keinem der zahlreichen Fotos abgebildet, die dort aufgenommen wurden.«
    Er zuckte die Achseln. »Ich dachte halt, ich hätte ihn noch mit Sascha reden sehen … Aber sicher bin ich mir nicht, das hab ich auch Ihren Kollegen gesagt. Ich war ja im Salzstadel schon …« Er deutete seinen Alkoholpegel mittels Hand auf Stirnhöhe an. Da hatte sich der Leader aber ganz schön weggeknallt.
    »Oberkante Unterlippe«, beendete Raphael den Satz. »Okay, das wäre dann fürs Erste alles. Danke, Herr Wollenschläger.«
    Ich sah Wollenschläger nach, wie er grußlos den Raum verließ und mit Nachdruck die Tür hinter sich zuzog. »Schon krass eigentlich … Wie wenige Leute es bemerken, wenn man plötzlich verschwindet.«
    »Besoffene Leute, vergiss das nicht«, erwiderte Raphael. »Die waren halt am Feiern …« Dann deutete er lächelnd auf mein Notizbuch. »Und das machst du bitte nie wieder«, sagte er. »Hast du eine Ahnung, wie schwierig es war, ernst zu bleiben?«
    »Du sollst ja auch nicht mitlesen«, sagte ich. »Was hältst du von Wollenschläger?«
    Er zuckte ratlos die Achseln. »Grundsätzlich würde ich ihm zutrauen, dass er versucht hat, Wahlner die Fresse zu polieren – aber dann hätte Wahlner weitere Verletzungen gehabt, befürchte ich. Und die Kratzer auf der Brust passen auch nicht zu Wollenschläger … Fingernägel, erinnerst du dich? So was hat der Wollenschläger nicht.«
    »Vielleicht hat er genau deswegen angefangen zu beißen – nach der Weihnachtsfeier.«
    Raphael blieb skeptisch. »Ich würde ihm ja auch zutrauen, Wahlner in die Donau befördert zu haben … Aber erst mal hätte er ihm wahrscheinlich den Kiefer gebrochen.« Er schüttelte den Kopf. »Wir können es nicht ausschließen … Aber nein, so richtig passt das nicht.«
    Schade. Zu meiner Abneigung gegen Wollenschläger hätte es durchaus gepasst.
    * * *
    Nachdem Moritz schon eine geraume Weile in Wahlners Büro verbracht hatte, machte Raphael sich auf den Weg dorthin und fand ihn in milder Verzweiflung zwischen wahren Bergen von Ordnern in einem mit deckenhohen Regalen vollgestellten Nebenraum.
    »Das sieht nach Arbeit aus.« Raphael schritt die Regale ab.
    »Was du nicht sagst.« Trotzdem wirkte Moritz nicht unmotiviert. Nur ein wenig ängstlich. »Ich versuche derzeit noch, irgendwie System in die ganze Sache zu bringen. Spätestens in einer halben Stunde leg ich los.«
    »Dein Engagement in allen Ehren, aber das schaffst du nie allein. Ruf in der Dienststelle an, die sollen einen Transporter schicken und mindestens die Hälfte von dem Kram abholen«, entschied Raphael. »Herbert soll ja auch nicht nur fürs Pennen bezahlt werden.«
    »Lass das bloß nicht Sarah hören …«
    »Eben deshalb sag ich’s ja dir unter vier Augen.« Dann hatte also auch Moritz schon bemerkt, dass man beim Thema Herbert in Sarahs Nähe besser nichts Falsches sagte.
    »Ist sie sehr genervt?«, fragte Moritz. »Weil ich jetzt mit euch arbeite, meine ich?«
    Einerseits bewunderte Raphael Moritz’ Gespür für feine Schwingungen, denn Sarah hatte sich bis dato durchaus einigermaßen neutral verhalten. Andererseits musste er ihm diese Sorge aber sofort wieder nehmen –

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