Donaugrund (German Edition)
Computer zu schaffen machte.
* * *
»Du bist ein Schatz!« Ein warmer Schwall Liebe durchflutete mich, als Raphael mit einem breiten Lächeln und zwei dampfenden Tassen Kaffee in den Besprechungsraum zurückkehrte.
»Ich weiß.« Er kickte die Tür mit dem Bein lässig wieder zu, stellte die Tassen ab und beugte sich über mich. »Gibt’s eine Belohnung?«
Aber sicher: Dass ich dir das Angebot vom LKA noch immer verschweige. Schnell schob ich den Gedanken beiseite und küsste ihn zum Ausgleich besonders innig.
»Wow«, sagte er, als ich mich von ihm löste. »Wollten wir nicht gerade Feierabend machen?«
»Schön wär’s. Also, wen nehmen wir jetzt in die Mangel?«
»Ich plädiere für Hoyer«, antwortete Raphael. »Schon allein um endlich rauszukriegen, weshalb sich die beiden Herren gar so uneinig bezüglich der Zukunft der Firma waren. Da könnte ein Motiv dahinterstecken.«
Leider machte uns Simone Geier, auf deren Anschluss Hoyer sein Telefon umgeleitet hatte, einen Strich durch die Rechnung. Nein, es wäre beim besten Willen nicht möglich, jetzt mit dem Chef zu sprechen, Hoyer hätte wichtige Termine, wir möchten uns doch freundlicherweise bitte bis morgen Nachmittag gedulden. Selbst das berühmt-berüchtigte Jordan’sche Durchsetzungsvermögen scheiterte an dieser menschgewordenen Festungsmauer, und so entschieden wir uns, jemanden als Auskunftei zu missbrauchen, der bis dato weder als Gegenspieler noch als Sympathisant Wahlners aufgefallen war.
Carola Bloch, die Abteilungsleiterin der Kundenbetreuung, war eine attraktive Endzwanzigerin mit kurzem schwarzen Haar und designerstuhl-orangefarbener Brille. Binnen fünf Minuten hatte sie sich bei uns im Besprechungsraum eingefunden und schilderte tatsächlich ihr Verhältnis zu Wahlner sehr neutral, beinahe schon emotionslos. Sie war mit ihm gut ausgekommen, er hatte sie in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen lassen, die sie dann auch verhältnismäßig autark erledigte, ohne großartig von Entscheidungen der Geschäftsführung abhängig zu sein. Und solange ihre Arbeitsergebnisse – sprich die Geschwindigkeit, mit der in ihrer Abteilung die Anfragen und Beschwerden der Abonnenten beantwortet wurden – aus Wahlners Sicht in Ordnung waren (und das waren sie eigentlich immer, sagte sie), gab es keinen Anlass zu Auseinandersetzungen.
»Sie arbeiten also gerne hier?«, fragte ich.
Sie lächelte, dann zwinkerte sie verschwörerisch. »Ja. Durchaus. Ich habe Glück gehabt mit meinem Job und der Tatsache, dass ich eigentlich nur mit der Technikabteilung enger zusammenarbeiten muss. Und mit den Leuten in meiner eigenen Abteilung natürlich.«
»Wie viele Mitarbeiter arbeiten denn bei Ihnen in der Kundenbetreuung?«
Sie antwortete, ohne eine Sekunde nachzudenken. »Momentan insgesamt einunddreißig, davon fünfzehn Leute in Vollzeit. Der Rest sind Teilzeitkräfte und Studenten. Aber trotz der unterschiedlichen Arbeitszeitmodelle sind wir ein gutes Team«, fügte sie bekräftigend hinzu.
Die Art, wie sie dies betonte, bestärkte mich darin, von ihr ein bisschen mehr über das generelle Betriebsklima erfahren zu wollen. »Und außerhalb Ihrer Abteilung, wie ist da die Stimmung, Frau Bloch?«
Wieder grinste sie wissend. »Wie Sie ja wahrscheinlich schon bemerkt haben: nicht besonders gut.« Sie schlug entspannt die Beine übereinander und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. »Wir haben hier eine recht hohe Fluktuation, es gibt verhältnismäßig viele Kündigungen seitens der Geschäftsführung. Das sorgt natürlich für Unsicherheit und fördert leider die Ellbogenmentalität unter den Mitarbeitern …«
»Kündigungen?«, fragte Raphael. »Und was sagt der Betriebsrat dazu?«
Carola Bloch schmunzelte. »So etwas gibt es hier nicht. Alle Kollegen, die jemals einen Betriebsrat ins Leben rufen wollten, wurden schleunigst entlassen. Es gibt hier viele undichte Stellen.«
Diese Firma wurde mir mit jeder Sekunde unsympathischer. »Und weshalb werden die Leute hier sonst noch so entlassen, Frau Bloch?«
»Aus den verschiedensten Gründen«, antwortete sie. »Zum Beispiel, weil jemand zu wenig Ehrgeiz und Biss zeigt. Oder weil jemand zu viel Ehrgeiz und Biss zeigt – das könnte gefährlich werden.« Sie wirkte vergnügt, so als hätte das mit ihr überhaupt nichts zu tun. »Oder weil jemand einfach ein gutes Opfer abgibt. Weil irgendwelche Intrigen von Kollegen ein schlechtes Licht auf einen Mitarbeiter werfen. Oder weil jemand zu offen seine Meinung
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