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Donaugrund (German Edition)

Donaugrund (German Edition)

Titel: Donaugrund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Silberhorn
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dass du ernsthaft darüber nachdenkst, nach München zu gehen«, sagte er stattdessen kühl. »Hast du auch schon überlegt, warum das Angebot ausgerechnet du kriegst?«
    Sie sah auf, antwortete aber nicht.
    »Entweder«, fuhr er fort, »das LKA muss seine Frauenquote aufbessern, oder sie suchen dort jemanden …« Kunstpause. Sein Herz pochte schmerzhaft gegen den Brustkorb, aber er zwang sich zu einem herablassenden Lächeln. »… der leicht formbar ist.«
    Seine Schwester Miriam hätte ihm an dieser Stelle wieder einmal wutentbrannt vorgeworfen, dass er jedes Mal grauenvoll ungerecht wurde, wenn er selbst verletzt war. Selbstverständlich hätte sie damit recht gehabt, aber ebenso selbstverständlich verspürte Raphael keinerlei Lust, daran etwas zu ändern.
    Sarahs Augen, gerade noch traurig und schuldbewusst, sprühten plötzlich giftige Funken. »Leicht formbar?« Ungläubig sah sie ihn an. »Spinnst du? Und da wunderst du dich allen Ernstes, dass ich dich nicht nach deiner Meinung frage?«
    »Nein«, antwortete Raphael. »Wundern tut mich das nicht. Eigentlich bestätigt es nur meine Vermutung, dass wir beide nicht kompatibel sind, was unsere Vorstellungen von einer Beziehung angeht.« Er wunderte sich selbst, wie er so gelassen und arrogant klingen konnte, obwohl er innerlich kochte – vor Wut auf Sarah, auf sich selbst, auf dieses Scheiß- LKA , das ihm sein Glück einfach so zunichtemachte.
    »Findest du das wirklich?«, fragte sie sichtlich schockiert.
    »Sonst würde ich es nicht sagen.« Verdammt, Jordan, wohin vergaloppierst du dich denn jetzt schon wieder? Halt endlich die Klappe, bevor du dich noch versehentlich von der Frau trennst, die du eigentlich doch nie mehr hergeben willst.
    Sarah stand wortlos auf, sah ihn noch einen Augenblick an, mit einem Blick aus traurigen Augen, der ihm das Herz zerriss, bevor sie sich umdrehte, nach ihrer Tasche griff und ging. Ein Teil von ihm wollte sie aufhalten, ihr sagen, dass er nur so gemein war, weil ihn der Gedanke, sie in Zukunft nicht mehr jeden Tag um sich zu haben, schier verrückt machte, aber der andere Teil wusste, dass er sich erst wieder beruhigen musste, bevor er die Situation retten konnte. Wenn er sie überhaupt retten konnte.
    Erst als er die Wohnungstür ins Schloss fallen hörte, barg er sein Gesicht deprimiert in den Händen.
    »Du hast dir ja ganz schön Zeit gelassen«, brummte Raphael drei Stunden später ins Telefon. Dabei hatte er seine Notfall- SMS an Miriam gleich nach Sarahs Abgang abgesetzt und sich seither nur mühsam davon abgehalten, die ganze Schachtel Zigaretten zu vernichten, die er sich in seiner Verzweiflung kurz darauf geholt hatte.
    »Darf man jetzt als eifrige Studentin nicht mal mehr am Freitagabend feiern gehen?«, fragte Miriam forsch, aber Raphael hörte das nachsichtige Lächeln in ihrer Stimme. »Außerdem hab ich deine SMS gerade erst gelesen.«
    »Wenigstens einer von uns beiden hatte Spaß«, knurrte Raphael.
    »Vielleicht solltest du auch mal wieder ein bisschen Party machen?«, schlug Miriam vor. »Wo liegt das Problem? Sarah erschien mir jetzt auch nicht gerade wie die passionierte Couchkartoffel, oder?«
    »Das nicht, aber es gibt tatsächlich Leute, die auch mal am Samstag arbeiten müssen, Miri. Und deshalb hätte das heute ein ruhiger Abend werden sollen.«
    »Oha, hätte …«, antwortete Miriam alarmiert. »Na, dann schieß mal los.«
    Es tat Raphael gut, sich die ganze Enttäuschung über Sarahs Schweigen von der Seele zu reden.
    Weniger gut tat ihm Miriams Reaktion, als er endlich geendet hatte. »Das hätte ich dir an ihrer Stelle auch erst mal verschwiegen«, sagte sie im Brustton der Überzeugung.
    »Was?« Er musste sich verhört haben. Miriam, die mit Neuigkeiten nie hinterm Berg hielt und vor anstehenden Entscheidungen grundsätzlich den kompletten Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis terrorisierte, meldete plötzlich Verständnis für Sarahs ständige Verstocktheit und Geheimniskrämerei an?
    »Ist doch ganz einfach«, sagte sie, und Raphael hörte, wie sie das Fenster öffnete und sich eine Zigarette ansteckte. Automatisch griff auch er zu Schachtel und Feuerzeug. Heute war ohnehin schon alles egal. »Hast du dir denn schon überlegt, welche Meinung du im Hinblick auf diesen Job zu vertreten gedenkst?«
    »Klar, ist doch logisch: Ich werde sie bitten, hierzubleiben«, antwortete Raphael. Darüber musste er gar nicht lange nachdenken.
    »Aha. Und ihr willst du damit die Karriere versauen?

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