Donaugrund (German Edition)
nicht an, sondern fixierte den mittleren Monitor mit einer Miene, die darauf schließen ließ, dass sich vor seinen Augen gerade immens wichtige Dinge abspielten. Weitaus wichtiger als Celias Zukunft bei HEUREKA natürlich. Lass dich nicht aus dem Konzept bringen, beschwor sie sich selbst.
»Guten Morgen, Sascha. Toll, dass es jetzt doch noch geklappt hat!«
»Äh, ja«, antwortete er, riss den Blick mühsam vom Monitor los und sah sie, wohl ob ihres fröhlichen, dynamischen Tonfalls, verwundert an. Wahrscheinlich hielt er sie jetzt endgültig für durchgeknallt. »Ach, stimmt ja, du wolltest ja auch schon vor diesem Desaster mit den Texten mit mir sprechen.« Begeisterungslos deutete er auf den Besucherstuhl.
Celia setzte sich schwungvoll, auch wenn sie lieber einfach nur ermattet zusammengesunken wäre. Hatte er wirklich vergessen, dass dieser Termin auf ihre Initiative hin stattfand? Erwartete er sie nur, um ihr die Kündigung zu übergeben? Ihr Mund wurde trocken. Reiß dich zusammen, Celia!
»Also, was wolltest du?«, fragte Sascha kühl. Er sah ihr nicht in die Augen, sondern knetete wie üblich seine Hände und fühlte sich sichtlich unwohl. Wie ein Mann mit seiner mangelnden Sozialkompetenz es schaffte, Boss einer so großen Firma zu sein, leuchtete ihr wirklich nicht ein. Aber gut, bis jetzt hatte er ja auch Jan gehabt, der ihm die leidige Sache mit den Personalangelegenheiten abgenommen hatte.
Sollte sie jetzt ihr eigentliches Anliegen vorbringen? Oder sich lieber verteidigen? Schließlich schien ihm die Sache mit den Texten wirklich unter den Nägeln zu brennen. Also entschied Celia sich für Letzteres. »Ich weiß nicht, wie die Texte aus Leos Fach verschwunden sind, aber Fakt ist …«
Sascha hob abwehrend die Hand, aber Celia sprach einfach weiter. Es war ihre einzige Chance. »Ich habe sie dort hineingelegt. Sie waren fertig, André hat sie gesehen.«
»Ja«, antwortete Sascha und ließ seinen Blick zur Uhr schweifen. Auf seiner Stirn bildeten sich zarte Schweißperlen. »Das hat er mir am Samstag auch gesagt. Aber ein paar Leute meinen, André würde auch von der Steinernen Brücke springen, wenn es dir helfen würde.« Wieder knetete er seine Hände.
Celia hasste ihn für seine letzte Bemerkung. Hatte er denn schon vergessen, wie Jan gestorben war? »Es stimmt aber«, antwortete sie automatisch. Ihre Stimme klang jetzt endlich fest, das hörte sie selbst, aber wahrscheinlich gelang ihr das nur, weil alles um sie herum wie ein Film ablief. Ein ziemlich böser Film. »Leider ist die Datei von irgendjemandem gelöscht worden, sodass ich es dir nicht beweisen kann. Aber ich habe die Texte ja erst am Freitag fertiggestellt, ich kann mich noch gut erinnern. Bis heute Abend habe ich alles rekonstruiert, versprochen.« Sie bemühte sich um einen gleichermaßen flehenden wie zuversichtlichen Blick. Leider sah Sascha sie immer noch nicht an. Warum erniedrigte sie sich eigentlich selbst so für diesen Scheißjob?
Er atmete tief durch, sodass sein dicker Bauch anfing zu wabbeln. »Ich will ehrlich sein«, sagte er. Dabei war klar, dass er das nicht wollte. Viel eher wollte er sie rasch wieder aus seinem Büro bugsieren und sich nicht mit solch unerfreulichen Angelegenheiten herumschlagen müssen, das war völlig offensichtlich. »Ich habe deine Kündigung hier in der Schublade liegen«, sagte er, und Celia blieb das Herz stehen. Sie wollte zu einer Erwiderung ansetzen, aber wieder hob Sascha die Hand wie einen Schutzschild und brachte sie so zum Schweigen.
»Es geht nicht nur um die Texte«, fuhr er fort und ließ sich jetzt von dem rechten der drei Monitore ablenken. »Vielmehr halte ich allgemein nicht besonders viel von deiner Arbeit. Das war einer der Punkte, in denen Jan und ich nicht einer Meinung waren, aber wie so oft hat er sich durchgesetzt. Nur jetzt …« Er zuckte die Achseln und klickte unsicher auf seiner Maus herum.
Ja, jetzt saß sie hier, vollkommen schutzlos. Warum konnte Jan verdammt noch mal nicht mehr am Leben sein?
»Die Arbeit, die du ablieferst, ist unter aller Kanone, sagt Leo«, fuhr Sascha fort. »Allein wie lange du für die Kalkulationen brauchst, ist grenzwertig. Und –«
In Celia explodierte die unterdrückte Wut wie ein Feuerball. »Aber das ist doch gar nicht meine Arbeit!« Sie wusste, dass sie mit diesem Temperamentsausbruch wohl alle Chancen verspielt hatte, aber jetzt war es endgültig um ihre Selbstbeherrschung geschehen. Und zu verlieren hatte sie ja
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