Donaugrund (German Edition)
ganze Gesicht und riss Celia voller Begeisterung in seine Arme, mit einem Temperament, das ich ihm angesichts seiner eher zurückhaltenden Art gar nicht zugetraut hätte. Aber vielleicht unterschätzte man ihn auch bloß, weil er mit seiner Brille und dem Allerweltsgesicht so unscheinbar wirkte. »Ich hab’s ja gewusst«, sagte er überschwänglich. »Gott sei Dank.«
Ich hätte zu gern noch weiter zugehört und herausgefunden, worüber König denn so unglaublich erleichtert war, aber Raphael tippte auf seine Uhr. Den viel beschäftigten Sascha Hoyer sollten wir nicht warten lassen.
Celia Kleingrün wand sich ein wenig verlegen aus Königs Umarmung, als ich an den beiden vorbei zum Geschirrspüler ging und unsere Tassen einräumte – fast fühlte ich mich schon als Teil der glücklichen HEUREKA -Familie.
Sie lächelte mich an, ihre Wangen changierten leicht ins Rötliche. Nanu, bahnte sich da jetzt, so kurz nach Wahlners Ableben, etwa doch eine Liaison mit ihrem größten Fan an? Ich lächelte zurück und verließ, mit gespitzten Ohren, hinter Raphael die Küche.
»Es ist noch nichts sicher, André.« Zum Glück war Celias tiefe Stimme außerordentlich gut zu verstehen. »Dieses Projekt ist meine allerletzte Chance.«
Sascha Hoyer war schlau genug gewesen, sich mit Beate Wahlner abzustimmen. Vielleicht sagten beide aber auch einfach die Wahrheit, sodass eine Absprache unnötig gewesen war. Nur Raphael konnte immer noch nicht glauben, dass Hoyer die Situation akzeptiert oder sogar gutgeheißen hatte.
»Erklären Sie mir bitte«, sagte er und sah Hoyer unverwandt an, »wie Sie das einfach so hinnehmen konnten. Ich dachte, Sie waren schon seit Ewigkeiten verliebt in Frau Wahlner, Sie haben ein gemeinsames Kind – da will man doch klare Verhältnisse, eine Scheidung, mit dieser Frau zusammen sein, so ganz offiziell, oder?«
»Zunächst wollte ich das auch, da haben Sie recht«, antwortete Hoyer bedächtig und faltete die Hände über dem Bauch. »Aber ich war ja irgendwie schon daran gewöhnt, nicht die Nummer eins zu sein, verstehen Sie? Und nach einigem Nachdenken –« Er brach ab und zuckte die Achseln. »Ich bin eigentlich ein eingefleischter Junggeselle. Die einzige Frau, die ich je wollte, hat einen anderen geheiratet, und so habe ich mir mein Leben eben ohne Frau eingerichtet. Ich arbeite sechs Tage die Woche, mindestens zehn Stunden täglich. Ich wohne in einer Wohnung, die nicht kindersicher ist und deren Einrichtung zur Hälfte aus technischem Equipment besteht. Beate zuliebe würde ich versuchen, mich auf eine andere Rolle einzustellen, aber so war es einfach –«
»Bequemer?«, fiel Raphael ihm ins Wort.
»Wahrscheinlich, ja. Ich bin bei Bea und Jan ein und aus gegangen, wie ich wollte, auch wenn Jan zu Hause war. Ich konnte meine Tochter ebenso regelmäßig sehen wie Beate, Lena ist von klein auf an alles gewöhnt und findet die Situation ganz normal. Und Jan hat sogar ab und an auf die Kinder, auch auf Lara, aufgepasst, sodass Beate und ich Zeit füreinander hatten …«
Irgendwie konnte ich Raphael verstehen: Die Konstellation war tatsächlich sehr unkonventionell. Und auch ich konnte mir schwerlich vorstellen, so zu leben. Aber wenn es bei den Beteiligten nun mal funktioniert hatte? Und selbst wenn nicht, konnten wir das im Moment leider kaum beweisen.
»Gibt es derzeit eigentlich Probleme mit Celia Kleingrün?«, wechselte ich übergangslos das Thema.
Hoyers Augen hinter der Brille vergrößerten sich kaum merklich. »Wie kommen Sie darauf?«
»Wir haben gerade ein paar Gesprächsfetzen aufgeschnappt«, antwortete ich. »Rein zufällig.«
Hoyer schüttelte aufgebracht den Kopf. »Abgesehen davon, dass sie schlecht arbeitet, außer einem hübschen Gesicht nicht viel zu bieten hat und jetzt zu allem Überfluss auch noch behauptet, sie werde hier sabotiert, ist alles in bester Ordnung.«
Ich erinnerte mich daran, dass Celia bereits über spitze Kommentare ihrer Kollegen geklagt hatte, als wir uns das erste Mal mit ihr unterhalten hatten. Hatte sich die Situation in den letzten Tagen so zugespitzt? »Sabotiert? Von jemandem hier in der Firma?«
»Das sagt sie zumindest, ja. Aber vermutlich will sie nur ihren Intimfeind Leo Wollenschläger in Misskredit bringen.«
»Und wie soll diese Sabotage genau aussehen?«, fragte Raphael interessiert.
»Angeblich hat jemand eine Datei von ihrem Computer gelöscht. Eine Datei mit wichtigen Arbeitsergebnissen.« Hoyer schnaubte, dass die Brille
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