Donaugrund (German Edition)
Technik können darauf zugreifen. Und die Geschäftsführung.«
»Gibt es kein Passwort?«, fragte ich entgeistert.
»Doch, natürlich. Aber das muss in der Technik hinterlegt werden – für den Fall, dass –« Sie zögerte, fing sich jedoch schnell wieder. »Dass jemand ausfällt, so wie Jan zum Beispiel. Dann könnten wenigstens die Daten noch gerettet werden.«
»Das ist ja in so einem Fall auch das Wichtigste«, kommentierte Raphael trocken.
Celia lächelte und wirkte plötzlich weitaus entspannter als noch zu Beginn des Gesprächs. »Ja, so sind eben die Prioritäten hier«, sagte sie schlicht.
»Haben Sie eine Vermutung«, setzte Moritz an, der bis jetzt ein paar Meter weiter stumm über einem Ordner gebrütet hatte, »wer dahinterstecken könnte?« Wahrscheinlich wollte er jetzt mit exzessiver Mitarbeit verlorenen Boden wiedergutmachen.
Ich sah ihn warnend an. Zwei neugierige Polizisten waren in diesem Gespräch schließlich völlig ausreichend.
Celia schien Moritz erstmalig zu bemerken. Sie sah ihn überrascht an und bedachte ihn dann mit einem bezaubernden Lächeln, das ihn prompt rot anlaufen ließ. »Nein, leider nicht«, sagte sie und fuhr dann an mich gewandt fort: »Ich meine, Leo zum Beispiel … Er … Er hasst mich. Und er nutzt jede Chance, um mich fertigzumachen. Aber er schreit dann, ist cholerisch, stellt mich wie einen Idioten hin und macht meine Arbeit schlecht.« Wie vor unterdrückter Wut biss sie die Zähne zusammen. »Und das reicht ihm wohl auch. Immerhin sitzt er am längeren Hebel, seit …«
»Seit Herr Wahlner nicht mehr lebt?«, vervollständigte Raphael ihren Satz.
»Ja.« Sie nickte betrübt. »Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich die Mühe macht, meinen Rechner zu durchsuchen, verstehen Sie? Vielleicht war es ja doch einfach ein technischer Defekt.«
»Unwahrscheinlich, oder?« Raphael klang skeptisch, und ich gab ihm eindeutig recht.
Frustriert zuckte sie die Achseln. »Ja, das sagt auch die Technikabteilung. Aber ich habe einfach keine andere Erklärung. Außer … Vielleicht hab ich die Datei vor lauter Nervosität selbst gelöscht oder was weiß ich … Mein Konzentrationsvermögen ist nicht gerade optimal im Moment.«
»Gab es vorher schon ähnliche Vorfälle, Frau Kleingrün?«, hakte Raphael nach. »Wie kommen Sie normalerweise mit Ihren Kollegen klar?«
»Na ja«, antwortete sie zögerlich. »Es ist nicht immer ganz einfach, muss ich zugeben. Und seit mein Verhältnis mit Jan bekannt ist, ist eigentlich kaum noch jemand besonders freundlich zu mir.« Sie versuchte, gleichgültig abzuwinken. »Das ist aber ganz normal hier: Es hat sich herumgesprochen, dass ich die derzeitige Persona non grata bin, und schon behandeln einen alle Kollegen so schlecht, wie sie es zuvor nicht gewagt haben.«
»Wie äußert sich das?«, fragte ich.
Wieder zuckte sie die Achseln und ließ sich tiefer in den Stuhl sinken. »Es wird ziemlich viel hinter meinem Rücken gelästert, vermute ich. Und dann hagelt es eben gehässige Kommentare. Oder ich werde ignoriert. Solche Sachen halt. Nichts Schlimmes«, erklärte sie mit einem tapferen Lächeln. »Das gibt’s hier öfter. Jetzt bin eben ich das Opfer des Monats.«
»Sie wissen«, sagte ich ernst, »dass das Mobbing ist, oder?«
»So schlimm ist es nicht.« Sie winkte wieder ab.
Das klang für mich ganz anders. Ein cholerischer Chef, der sie und ihre Arbeit lautstark niedermachte, bösartige Kommentare, gelöschte Arbeitsergebnisse – was war das sonst, wenn nicht schlimm? Und vor allem: Wer konnte dahinterstecken? »Seit wann geht das so?«
Sie rutschte auf dem Stuhl zurück und straffte sich wieder. »Ich war hier wahrscheinlich noch nie besonders beliebt. Aber das ist in dieser Firma ja fast niemand.« Ein ironisches Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel. »Allerdings … So richtig fällt mir das natürlich erst auf, seit Jan nicht mehr hier ist. Und seit wir wissen, dass er auch nicht zurückkommen wird, ist es noch ein wenig schlimmer geworden. Ist ja auch logisch – davor hätte er nie zugelassen, dass ich terrorisiert werde.«
Für mich bestand kein Zweifel mehr daran, dass sie die Wahrheit sagte – auch wenn Hoyer sie nicht für glaubwürdig hielt. Aber da er ohnehin nicht den besten Draht zu seinen Mitarbeitern zu haben schien, entschied ich mich, seine Meinung in diesem Fall getrost zu ignorieren. »Wenn Ihnen noch etwas einfällt …«, setzte ich an, das Gespräch zu beenden.
»Vielleicht …«,
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