Donaugrund (German Edition)
hinterhältige Weise. Und auch wenn verschwundene Druckerpatronen natürlich kein Drama waren – was würde beim nächsten Mal passieren?
»Wie soll ich mich wehren«, fragte sie und hörte selbst, wie ihre Stimme zitterte, »wenn ich doch noch nicht mal weiß, wer das tut? Und warum?«
André sah sie prüfend an, dann zog er sie in seine Arme. Er roch gut, nach Mann und einem dezenten Aftershave, und Celia lehnte sich erschöpft an seine Schulter, während er sich leicht versteifte und ihr ungeschickt über den Rücken streichelte.
»Das finden wir heraus«, murmelte André leise in ihr Haar. »Ich helfe dir.« Sein Herz hämmerte so stark gegen seine Rippen, dass Celia es nicht nur hörte, sondern auch fühlte. Und obwohl sie wusste, dass es nicht fair war, beruhigte es sie, dass wenigstens er zu ihr halten würde. Wenigstens auf ihn konnte sie sich verlassen.
»Ich habe Angst«, flüsterte sie.
»Ich helfe dir«, murmelte er zurück. »Immer.«
* * *
Sarah starrte wie hypnotisiert in ihr Notizbuch, wo Raphael – zwischen wirren Pfeilen und Fußnoten – nur eines entziffern konnte: » ZUSAMMENHANG ZWISCHEN MORD UND MOBBING ?« , stand da in großen Lettern und ließ Sarah augenscheinlich nicht zur Ruhe kommen.
»Gib’s auf«, sagte er und hoffte, dass er nicht zu sehr von oben herab klang. »Es passt einfach nicht zusammen. Und vor allem: Aus welchem Grund sollte jemand erst Wahlner eliminieren und dann die Kleingrün rausekeln wollen? Sie ist ohne ihn sowieso schutzlos – und somit so klein mit Hut …« Die Distanz zwischen seinem Daumen und seinem Zeigefinger betrug maximal einen Zentimeter. »Das ergibt keinen Sinn, Sarah!«
»Irgendwas übersehen wir …«, murmelte Sarah störrisch. Wahrscheinlich hatte sie ihm gar nicht zugehört.
»Sarah«, schaltete sich nun auch Moritz ein, »das ist doch unlogisch! Der Mörder würde sich doch ruhig und unauffällig verhalten, wenn die Kripo gerade Stammgast in der Firma ist, oder? Und nicht anfangen, die Kleingrün zu terrorisieren!« Moritz sah triumphierend in die Runde.
Ja, davon war Raphael auch überzeugt. »Der einzige Zusammenhang zwischen Wahlners Tod und den Attacken auf Celia besteht darin, dass der große Beschützer Wahlner jetzt weg ist – und sich die Person, die es auf die Kleingrün abgesehen hat, somit ungehindert austoben kann.«
Sarah sah endlich auf, schüttelte dann zu Raphaels Leidwesen eigensinnig den Kopf. »Da muss es noch was anderes geben. Irgendwas kapieren wir hier noch nicht.«
Einen Moment war Raphael versucht, darüber nachzudenken, ob sie nicht doch recht haben konnte. Immerhin war sie mit ihrem Bauchgefühl schon einige Male richtiggelegen. Und immerhin ermutigte er sie ja, genau darauf zu hören – auf die Intuition, die ihm oft genug fehlte. Andererseits beschlich ihn das Gefühl, dass die Anschaffung des Notizbuches sie dazu verleitete, kuriose Zusammenhänge zu konstruieren. Als wäre sie unter Zugzwang, den Seiten irgendetwas unheimlich Bedeutungsvolles zu entlocken.
Das Klingeln von Sarahs Handy schreckte ihn aus seinen Gedanken.
»Herbert«, tat sie kund, bevor sie den Anruf entgegennahm. »Hi. … Ja. … Dann bitte erst die gute …« Sie lauschte gespannt, dann erhellte sich ihr Gesicht. »Ja. … Ja? … Na, das ist ja … Wie?«
Meine Fresse. Konnte sie Herbert nicht wenigstens ein paar aufschlussreichere Antworten geben, wenn Raphael schon zum Warten verdammt war?
»Wow, Herbert, das ist ja …«, fuhr sie wenig hilfreich fort und strahlte übers ganze Gesicht. »Du bist einfach der Beste!«
Moritz grinste angesichts von Raphaels Schnauben.
»Ach, die schlechte Nachricht hätte ich jetzt fast vergessen«, sagte Sarah vergnügt. »Aber wenn’s unbedingt sein muss … Was?« Der Ausdruck auf ihrem hübschen Gesicht verfinsterte sich schlagartig. »Wir sind doch noch nicht mal eine Woche an der Sache dran! Hast du ihm erzählt, was du mir gerade gesagt hast?«
Wieder schnaubte Raphael. Ob sie sich wohl heute noch dazu herablassen würde, auch Moritz und ihn einzuweihen?
»Kannst du ihn nicht noch hinhalten, Herbert? … Bitte! … Ich verstehe. Na gut.« Mit einem trübsinnigen Seufzen beendete sie das Telefonat. »Scheiße.«
»Hättest du die Güte –?«, setzte Raphael an, doch Sarah unterbrach ihn mit einer raschen Handbewegung.
»Die Ergebnisse der Obduktion sind da: Wahlner hatte zum Zeitpunkt seines Todes keinen Tropfen Alkohol im Blut. Und Melchior ist mit seinen Vermutungen
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