Donavan und das Mädchen in der Bar
Dicken gegen den großen Dünnen zu stoßen. Die automatischen Reflexe
des Freundes eilten seinem Bewußtsein weit voraus. Er
gab zwei Schüsse ab, und sein Kumpel schien sozusagen mitten in der Luft
stehenzubleiben. Er verharrte einen Augenblick und stürzte dann zu Boden.
»Das ist alles deine verfluchte,
saudumme Schuld !« brüllte
der Freund die auf dem Boden liegende Moira Stevens an und richtete seine
Pistole auf sie.
Ich hatte gerade ausreichend
Zeit gehabt, die Walther aus dem Gürtelholster zu
reißen. Ich richtete sie auf die linke Schulter des langen Dünnen und feuerte.
Der Ärger war bloß, daß er sich bewegte und ich wenig Zeit zum Zielen gehabt
hatte. Die Kugel traf ihn zwei Zentimeter oberhalb des linken Auges, und
vermutlich endete seine Zukunft im selben Moment, in dem sie ihn traf. Nachdem
er auf den Boden gestürzt war, herrschte eine volle
Sekunde lang Stille, dann begann Moira Stevens hysterisch zu schreien und mit
den Beinen zu strampeln. Hicks schloß vorsichtig die Tür hinter sich und sah
mich an.
»Es ist ein altes Gebäude«,
sagte er. »Solide und schalldicht.«
Ich bückte mich, um Moira auf
die Beine zu helfen, und sie dankte es mir dadurch, daß sie die Zähne fest in
meine rechte Handfläche vergrub. Es gelang mir, mich loszureißen, ich packte
sie bei den Knöcheln und schleifte sie ins Wohnzimmer. Dort ließ ich sie los,
griff tief in ihr Haar, zerrte sie hoch und ließ sie auf die Couch plumpsen.
Sie bekam wieder Luft und öffnete den Mund, um erneut loszuzetern ,
deshalb verpaßte ich ihr einen kräftigen Schlag auf
den nackten Bauch. Das verwirrte sie noch mehr als eine Ohrfeige. Sie blieb mit
offenem Mund sitzen und starrte mich bestürzt an.
»Sie sind beide tot«, sagte
Hicks hinter mir.
»Holen Sie ihr was zu trinken«,
sagte ich.
»Ich werde uns allen dreien was
zu trinken holen .«
Ein paar Sekunden später kam er
mit einem halbvollen Glas puren Whiskys von der Bar zurück und gab es Moira
Stevens. Sie nahm einen kräftigen Schluck zu sich, schauderte heftig und begann
dann leise zu weinen.
»Es ist alles vorbei«, sagte
ich. »Sie brauchen sich keine Sorgen mehr zu machen .«
»Karl«, wimmerte sie und wies
auf die Tür zur Bibliothek. »Sie haben Karl umgebracht !«
»Immer mit der Ruhe«, sagte
ich. »Wir sehen mal nach .«
Karl Madden saß hinter dem Schreibtisch in der Bibliothek. Sein Kopf war auf die Brust
gesunken, und seine kalten blauen Augen schienen eindringlich den genarbten
Lederbezug der Platte vor sich zu studieren. Einer unserer beiden inzwischen
toten Freunde hatte ihm unmittelbar von hinten her in den Kopf geschossen. Das
noch immer herausquellende Blut war von Pulverflecken verfärbt.
Wir kehrten ins Wohnzimmer
zurück, wo Moira inzwischen zu weinen aufgehört hatte und an ihrem Drink
nippte. Hicks nahm sein eigenes Glas von der Bar her, leerte es mit einem
geübten Zug und strebte dann dem Eingangsflur zu.
»Bin gleich wieder da«, sagte
er über die Schulter weg.
Ich nahm meinen Drink von der
Bar und blickte zu Moira Stevens hinüber. »Wie ist das passiert ?« fragte ich.
»Es klingelte an der Tür«,
sagte sie mit dünner Stimme. »Ich zog mich eben in meinem Zimmer aus, um ins
Bett zu gehen. Karl rief mir zu, alles sei okay, denn er erwartete ja Sie. Als
nächstes hörte ich einen Schuß. Ich rannte aus meinem Zimmer hinaus in die
Bibliothek — und da war Karl .« Ihre Stimme schwankte
einen Augenblick. »Er saß in seinem Stuhl und war tot. Und da waren diese
Männer. Ich hatte nicht daran gedacht, etwas anzuziehen, ich schlafe sowieso
nackt — und die beiden sahen mich an, als sei ich etwas, das sie gerade in
einem Preisausschreiben gewonnen hätten. Sie schleiften mich ins Wohnzimmer,
warfen mich auf den Boden und machten sich daran, mich abwechselnd zu
vergewaltigen. Aber bevor der Dicke loslegen konnte, klingelte es an der Tür.
Den Rest wissen Sie .«
»Wer waren die beiden ?« fragte ich.
»Ich weiß es nicht .« Sie schüttelte langsam den Kopf. »Ich habe sie noch nie
im Leben gesehen. Aber Karl muß sie gekannt haben, sonst hätte er sie nicht
hereingelassen .«
»Was wollen Sie jetzt tun ?« erkundigte ich mich.
»Wer immer die zwei waren, sie
müssen für DuPlessis und Sheppard gearbeitet haben«, sagte sie. »Sie haben meinen Bruder umgebracht. Ich will
mich dafür rächen, Donavan .« Sie blickte zu mir auf, ihre Augen waren kalt und unerbittlich. »Ich möchte mit
Ihnen nach London fliegen und Ihnen helfen, sie
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