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Donavan und das Mädchen in der Bar

Donavan und das Mädchen in der Bar

Titel: Donavan und das Mädchen in der Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Stimme hinter mir.
    Ich erkannte die aristokratisch
nasalen Laute wieder, bevor ich mich umdrehte und die Lady anschaute.
    »Ich bin Angela Hartford«,
sagte sie. »Francine hat mir netterweise ihre Wohnung überlassen, solange sie
bei ihren Freunden auf dem Land ist. Aber das habe ich Ihnen ja schon am
Telefon mitgeteilt, nicht wahr ?«
    Sie war der fleischgewordene
Traum eines Wikingers. Ein großes Mädchen — gut ein Meter achtundsiebzig ohne
Absätze, schätzte ich — mit langem, flachsblondem Haar, das offen über die
Schultern fiel und fast bis zur Taille reichte. Ihre Augen waren von funkelndem
Tiefblau, die Wangen gerundet und von rosiger Vitalität. Die Unterlippe ihres
breiten Mundes wölbte sich leicht vor, und als sie lächelte, zeigten sich
makellos weiße Zähne. Sie trug irgendwas Loses aus dünner Seide, das von den
Schultern bis zu den Knöcheln reichte und ein großes Blumenmuster aus einem
hellbeigen Grund aufwies. Selbst wenn sie sich, wie jetzt, nicht bewegte, war
es offensichtlich, daß sie darunter nichts anhatte. Ihr Körper war von robuster
Perfektion. Dick? Das lehnte ich als Charakterisierung sofort ab. Stramm? Das
mußte mangels Besserem hinhauen. Aber alles in solch prächtigen und
atemberaubenden Proportionen.
    »Sie sind der herrlich
aufregende Mann, der Waffen schmuggelt und Revolutionen anzettelt«, sagte sie.
»Francine hat mir alles von Ihnen erzählt, Mr. Donavan —«
    »Paul«, korrigierte ich sie.
    »Paul«, sagte sie. »Aber sie
hat die gesamten wichtigen Details weggelassen, auf die es ankommt. Ich meine,
sie sagte zwar, Sie seien massiv gebaut, aber sie verschwieg, daß kein Gramm unnötiges
Fett an Ihnen ist. Das stimmt doch, oder nicht ?«
    Ich holte tief Luft und zog den
Bauch ein. »Kein Milligramm«, log ich.
    »Und ich hatte schon immer was
für blonde Männer übrig«, fuhr sie fort. »Vor allem für große blonde Männer mit
diesem liebenswürdigen und zugleich skrupellosen Gesichtsausdruck, wie Sie ihn
haben. Eine große Nase stört mich auch nicht, solange sie den übrigen
Proportionen entspricht .«
    »Angela«, sagte ich, »ich —«
    »Und diese schönen grauen
Augen«, sagte sie und seufzte tief. »Was für fantastische Leidenschaften wohl
in ihrer Tiefe lauern ?«
    »Angela«, sagte ich
entschlossen, »ich —«
    »Ich weiß schon .« Sie verzog zerknirscht den Mund. »Sie sind Amerikaner und
wollen einen Drink haben. Natürlich. Wie unhöflich von mir. Was möchten Sie trinken ?«
    »Was immer Sie haben«, murmelte
ich.
    »Ich bin keine überzeugte
Trinkerin«, gestand sie. »Das stört Sie hoffentlich nicht. Aber ich habe
immerhin eine Flasche Whisky — Scotch, meine ich — in der Küche .« Ihr Gesicht erhellte sich wieder. »Und eine Flasche
zyprischen Sherry. Ich nehme an, er ist in Ordnung, denn ich habe neulich
abends einen Schuß davon in die Suppe getan, und sie ist nicht übergelaufen .«
    »Ein Scotch ist okay«, sagte
ich. »Mit Eis.«
    »Scotch on the rocks «, sagte sie. »Sie müssen sich exakt ausdrücken,
Paul, sonst kommen wir beide durcheinander .«
    Sie drehte sich um und rauschte
aus dem Zimmer — ein fantastischer Anblick federnder, bebender, wippender,
hüpfender Formen. Allein vom Zuschauen bekam ich einen trockenen Mund. Ich ging
zum Fenster und blickte, weil ich nichts Besseres zu tun hatte, über die
eleganten Wohnhäuser auf der anderen Seite der schmalen Straße hinweg. In einem
der Fenster des gegenüberliegenden Gebäudes blitzte flüchtig etwas auf, und ich
merkte, daß ich geradewegs in die Linsen eines Feldstechers starrte. Gleich
darauf waren sie verschwunden.
    »Da sind wir«, sagte eine
triumphierende Stimme.
    Ich drehte mich um und sah zu,
wie sie das Tablett mit den Drinks auf einen kleinen Tisch stellte, dessen
Beine von etwas verdeckt waren, das wie eine Hülle aus irgendeinem graubraunen
Stoff aussah.
    »Echt viktorianisch«, bemerkte
die Blonde. »Beine waren damals ekelerregend, wissen Sie. Also erfand man
Beinkleider für Tische und Klaviere, damit niemand schamrot zu werden brauchte.
Francine ist verrückt nach victorianischen Accessoires, wie Sie wohl bemerkt haben. Es ist alles schrecklich häßlich, aber
Sie wissen ja, wie Italiener sind. Alles, was alt und häßlich ist, erinnert sie
immer an ihre Eltern, deshalb müssen sie es einfach kaufen und die ganze Zeit
um sich haben .«
    »Wissen Sie, daß im Haus
gegenüber jemand dieses Zimmer mit einem Feldstecher beobachtet ?« fragte ich.
    »Ach, ist er schon

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