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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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ob Freund oder Feind, sahen gewöhnlich, was sie erwarteten.
    Rapid
hatte nun eine noch wichtigere Funktion: sie war sein einziger Aufklärer.
    Nachdem Lapish von Keen zu seiner Gig gebracht worden war, setzte
Argonaute
Segel und ging zusammen mit
Icarus
auf Südwestkurs. Die beiden Schiffe segelten mit großem Abstand in Querlinie und erweiterten so das Sichtfeld ihrer Ausguckposten.
Rapid
lag so weit vor ihnen, daß sie selbst vom Krähennest kaum auszumachen war.
    Keen kehrte zurück an den Kartentisch und erklärte: »Die Franzosen wurden bei Kap Creus gesichtet, Sir, einem idealen, nur knapp zwanzig Meilen von der Grenze entfernten Ankerplatz. Sollen wir sie angreifen, falls sie noch dort sind?«
    Bolitho spielte mit dem Stechzirkel. »Das könnte Spanien provozieren. Andererseits würde es den Dons zeigen, daß wir uns um ihre scheinheilige Neutralität nicht scheren. Und zur Abwechslung könnte es Jobert mal in die Defensive treiben.« Je länger er darüber nachdachte, desto ferner rückten Alternativen. Bisher hatte Jobert alle Eröffnungszüge gemacht und dabei beinahe Bolithos Geschwader angeschlagen. Er mußte auf die hohe See gelockt werden. Der Winter stand vor der Tür, dann würde das Wetter den Feind begünstigen und nicht die Schiffe im Blockadedienst.
    Für die nächste Woche wurde ein britischer Geleitzug nach Malta erwartet, und es war damit zu rechnen, daß der Feind davon erfuhr. Sobald die Versorgungsschiffe vor Gibraltar ankerten, würden feindliche Spione ihre Ankunft und womöglich auch ihre Ladung weitermelden.
    Bolitho massierte sich das Auge. Was, wenn sie auf eine spanische Patrouille trafen? Sollten sie dann kämpfen oder sich zurückziehen?
    »Landfall ist morgen, Val«, sagte er grimmig.
    »Jawohl, Sir.« Wenn Keen sich angesichts der Möglichkeit eines Gefechts um Zenoria sorgte, so ließ er sich das wenigstens nicht anmerken.
    Nachdem Keen gegangen war, trat Allday ein und fragte: »Brauchen Sie etwas, Sir?«
    Bolitho hörte sofort die Teilnahmslosigkeit in seiner Stimme. »Was ist los?«
    Allday starrte zu Boden. »Nichts, Sir.«
    Bolitho ließ sich in seinen Sessel fallen. »Raus damit, Mann.«
    »Das behalte ich lieber für mich, wenn Sie nichts dagegen haben, Sir«, erwiderte Allday trotzig.
    Es war sinnlos, weiter in ihn zu dringen. Allday war wie eine Eiche und wurzelte tief. Wenn er soweit war, würde er schon mit seinem Problem herausrücken.
    Tuson war der nächste Besucher. Bolitho hatte gelernt, die regelmäßige Behandlung zu ertragen und sich die Schmerzen beim Verbandwechsel nicht anmerken zu lassen. Er öffnete das linke Auge und schaute starr zu den Heckfenstern. Wäßrige Sonne und ein tiefblauer Horizont. Er spannte sich, spürte jähe Hoffnung und ballte dann die Fäuste, als sich der Schatten wieder wie ein Vorhang vor sein Gesichtsfeld legte.
    Tuson sah seine verkrampften Hände. »Nur nicht den Mut verlieren, Sir. Das bessert sich noch.«
    Bolitho wartete, bis der Verband wieder verknotet worden war. Dann fragte er abrupt: »Was ist eigentlich mit meinem Bootsführer los?«
    Tuson sah ihn an. »Es geht um Bankart, Sir, seinen Sohn. Ein Pech, daß er an Bord ist, wenn Sie mich fragen.«
    Bolitho faßte ihn am Hemdsärmel. »Mit mir können Sie doch offen reden, Mann.«
    Tuson klappte seine schwarze Tasche zu. »Wie würden Sie sich fühlen, Sir, wenn Ihr Neffe sich als Feigling entpuppte?«
    Bolitho hörte, wie die Tür geschlossen wurde.
    Ein Feigling?
Bittere Erinnerungen durchfluteten ihn: der Augenblick, als Midshipman Sheaffe zurückgelassen worden war, vermutlich verwundet. Die Gelegenheiten an Deck der
Suprème,
bei denen Bankart gefehlt hatte. Und Stayts Stimme auf dem Kutter; der hatte es schon damals gewußt.
    Wie konnte er über solche Dinge nachdenken, wenn so viel von ihm erwartet wurde? Er dachte an die Instruktionen, die er Lapish gegeben hatte:
entern oder versenken.
Die neue Härte seines Denkens, war sie von der Blindheit ausgelöst worden? Doch dann entsann er sich, wie er den französischen Matrosen, der das Teleskop des Ausguckpostens trug, ohne Nachdenken, ohne Zögern niedergehauen hatte. Nein, der Grund lag tief in ihm verborgen. Vielleicht hatte Belinda das erkannt und Angst um ihn bekommen, denn der Krieg zerstörte ebenso rücksichtslos wie eine Kugel oder Pike.
    In dieser Nacht, als die
Argonaute
durch eine aufgewühlte See stampfte, lag Bolitho in seiner Koje und versuchte zu schlafen. Als er endlich eindöste, träumte er von

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