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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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kein Blatt vor den Mund, als er Bolitho untersuchte. »Wenn Sie schon nicht auf mich hören wollen, Sir«, sagte er zornig, »dann warten Sie wenigstens ab, bis Sie von einem Fachmann untersucht worden sind!«
    Der Verband fiel zu Boden, und Bolitho mußte sich zusammennehmen, um nicht zu zucken oder die Fäuste zu ballen, als der Arzt sein Auge zum hundertsten Mal untersuchte. »Es hat sich nicht gebessert«, sagte Tuson nach einer Weile. »Wenn Sie sich nur schonen wollten …«
    Bolitho schüttelte den Kopf. Er konnte auf dem Auge nur undeutlich sehen, aber die Schmerzen waren nicht zu schlimm. »Ich
fühle
mich besser, und darauf kommt es an.«
    Tuson schloß heftig seine Tasche. »Wenn Sie ein gemeiner Matrose wären, Sir Richard, würde ich Sie einen verdammten Narren heißen.« Er zuckte die Achseln. »Aber da Sie Admiral sind, schweige ich.«
    Bolitho wartete, bis sich die Tür geschlossen hatte, und massierte sich dann das Auge. Anschließend starrte er sich mehrere Sekunden lang im Spiegel an. Er würde Joberts Geschwader ausfindig machen und vernichten, ganz gleich, was geschah. Und wenn seine Männer im Gefecht zu ihm aufschauten, mußten sie bei seinem Anblick Mut fassen, nicht ihn verlieren.
    Während der fünfeinhalbtägigen Überfahrt nach Malta verbrachte Bolitho den Großteil seiner Zeit in der Kajüte, um Keen freie Hand für die Reparaturen und Änderung der Wacheinteilung zu lassen, für das Exerzieren an Segeln und Geschützen. Die Besatzung mochte ihren Kommandanten verfluchen, aber Bolitho war zufrieden, wenn er das Quietschen der Geschützlafetten auf den Decks hörte oder die Rufe der Offiziere, die zaghafte Landratten in schwindelnde Höhen scheuchten. Allerdings kamen sie nur sehr langsam voran, manchmal mit sechs Knoten oder weniger. Ihm war deutlich bewußt, daß die Rückkehr auf ihre Station ebensoviel Zeit in Anspruch nehmen würde.
    Zu seinem Vertreter Inch, einem geschickten und erfahrenen Kommandanten, hatte er kein unbegrenztes Vertrauen. Er besaß zwar genug Initiative, zögerte aber oft, sie zu ergreifen. Das machte Bolitho, dem der pferdegesichtige Inch über die Jahre ans Herz gewachsen war, Sorgen.
    Keen kam und meldete, daß der Ausguck die Insel Malta gesichtet hätte. »Einlaufen werden wir erst am Spätnachmittag oder vielleicht während der Hundewache, Sir«, ergänzte er. »Es sei denn, der Wind frischt auf.«
    Bolitho merkte, daß Keen sich alle Mühe gab, nicht in sein unverbundenes Auge zu starren. Über die Verletzung wurde nie gesprochen, doch man war sich ihrer immerzu bewußt, »Gut. Wenn wir auf der Reede sind, komme ich an Deck.« Keen ließ ihn allein, und Bolitho setzte sich. Was war der nächste Schritt? Würde man ihn wegen seiner Verletzung vorübergehend ablösen oder ihm sein Kommando gar ganz nehmen? Keen meinte, er bilde sich diese Intrige nur ein, aber es waren einfach zu viele Zufälle auf einmal. Bolitho zog die Stirn kraus, als er sich seine Offiziere und Kommandanten vorstellte. Houston von der
Icarus
war der wahrscheinlichste Kandidat, da er zum Zorn neigte und einen Groll gegen Keen hegte. Auch seinen Admiral liebte er nicht gerade.
    Er faßte einen Entschluß. Wenn er mit keinem Argument die Anschuldigungen vom Tisch fegen und auch das Mädchen nicht retten konnte, mußte er zum äußersten bereit sein.
    »Ozzard, sagen Sie Allday, er soll Zenoria zu mir bringen.« Er trat an die Fenster und sah achteraus ein kleines Fischerboot auf den Wellen tanzen. Malta, immer wieder umkämpft, erobert und verloren, hatte den Schutz der britischen Marine eher aus Angst vor den Franzosen als aus Loyalität zu Großbritannien angenommen.
    Bolitho stieß eine stumme Verwünschung aus, als das Schiff beim Kurswechsel überholte. Fast hätte er wieder das Gleichgewicht verloren. Das war ebenso entnervend wie der Nebel, der vor seinem Auge hing wie feine Seide.
    Die Tür ging auf, und Allday kam mit Zenoria herein.
    »Es ist fast soweit.« Bolitho geleitete sie zu einem Sessel und sah, wie sie die Armlehnen umklammerte, was ihre Fassung Lügen strafte. Er trat hinter sie und berührte ihr langes Haar. »Sind Sie auch ganz sicher, Sie tapferes Mädchen?«
    Sie nickte und packte die Lehnen noch fester.
    »Na, dann Kopf zurück, Miss«, murmelte Allday heiser.
    Sie legte den Kopf auf die Rücklehne, knöpfte nach kurzem Zögern ihr Hemd auf und legte ihren Hals frei. Bolitho ergriff ihre Hand. Kein Wunder, daß Keen sie anbetete.
    »Ich bringe es nicht fertig,

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