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Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Titel: Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Jetzt wird Swensen klar, warum
er meinte, die Abgebildete von irgendwoher zu kennen. Es ist das unvergessene Gesicht
aus der ›freudlosen Gasse‹, einem Stummfilmklassiker. Sein Philosophie-Professor
hatte den Streifen im Rahmen eines Seminars gezeigt, in dem er den Studenten den
neuen Realismus in den 20er Jahren nahe bringen wollte. Werner Krauß als brutaler
Metzger im zynischen Tauschgeschäft ›Fleisch gegen Fleisch‹, in den Hauptrollen
Asta Nielsen und Greta Garbo. Swensen sieht dem Idol aus vergangenen Zeiten in die
gemalten Augen, und plötzlich werden sie alle lebendig, die Gesichter der Gemälde
um ihn herum. Sie schauen mit wachen Augen auf ihn herab, den deutschen Hauptkommissar
in Dänemark, geben ihm einen Augenblick ihrer Vergangenheit preis. Ein älterer,
kahlköpfiger Herr mit langem Bart, Brille und Pfeife im Mund, der seine rechte Hand
unter das offene schwarze Jackenrevers steckt, aus dessen Brusttasche ein weißes
Taschentuch lugt. ›Thorvald Stauning‹ steht auf dem Schild daneben, gemalt 1932,
bis zu seinem Tod 1942 dänischer Ministerpräsident.
    »Alle Dinge
und Ereignisse stehen in Abhängigkeit von Ursache und Wirkung«, erinnert die Stimme
von Meister Rinpoche.
     
    *
     
    Eine Hand umfasst den Oberarm des
Hauptkommissars, stoppt seinen zügigen Schritt. Sie ist hart, gleicht der Pranke
eines Raubtiers. Der Mann steht ihm wie ein Golem im Weg, sein zurückgekämmter Haarschnitt
hat das Aussehen von gebranntem Ton. Er schaut Swensen aus zusammengekniffenen Augen
an, und der Tonfall seiner Stimme ist unmissverständlich: »Stop, hvor skal du hen?«
    »Was will
der Bär von mir?«, fragt der Kriminalist und dreht sich hilfesuchend zu Ove, der
mit Silvia dicht hinter ihm ist.
    »Er fragt
nur, wo du hinwillst«, übersetzt der Däne und redet beschwichtigend auf das Muskelpaket
ein, das jetzt mit verschränkten Armen und fast berstendem T-Shirt auf ihn hinunter
guckt.
    »Kilian
Martens ist anscheinend gerade bei einem Fotoshooting seines Sponsors«, übersetzt
Silvia das Gebrabbel. »Das kann wohl jetzt gerade nicht unterbrochen werden.«
    »Hauptsache,
er ist überhaupt hier«, knurrt Swensen und marschiert gelöst hinter Silvia, Ove
und dem Securitymann her. »Auf die paar Minuten kommt es jetzt auch nicht mehr an.«
    Ein scharfer
Wind bläst von der See, fegt dem Hauptkommissar geräuschvoll um die Ohren und wirbelt
sein weniges Haar durcheinander. Schon von weitem kann er den Betonklotz erkennen,
der sich direkt am Wasser in den Sand gebohrt hat. Der Sockel besteht aus zwei rechteckigen
Blöcken, eine vierkantige Stele ragt in den Himmel. Das ganze Monstrum hat leichte
Schräglage. Luft und Salzwasser haben die Eisenteile der ehemaligen Radaranlage
durchrosten lassen. Im Windschatten, vor einem Türloch im Winkel des Mauersockels,
steht ein athletischer Mann, dessen Gesicht gerade von einer graumelierten Visagistin
gepudert wird. Darauf legt sie noch einige Strähnen seiner sorgfältigen Frisur zurecht.
    »Von der
rechten Seite mehr blaues Licht! Ich will mehr blaues Licht!«, brüllt ein Mann in
schrillbuntem Hawaiihemd. Er schaut kurz auf den Bildschirm seiner Kamera, hebt
den Kopf und streicht nachdenklich über den Dreitagebart. »Die chilligen Klamotten
müssen sich noch mehr vom kühlen Neon absetzen. Kilian, die Jacke etwas lässiger
über die Schulter! Stell dir vor, du bist in Gedanken noch auf dem Wasser. Etwas
verträumter dein Blick, bitte! Und mehr Entschlossenheit im Körperausdruck!«
    »Was denn
nun? Verträumt oder entschlossen?«, ruft das Model zurück. Es spannt demonstrativ
seine Brust- und Rückenmuskeln an, was automatisch auch seinen Gesichtsausdruck
verändert. »Ich kann nicht beides!«
    »Okay, okay!
Konzentriere dich auf den verträumten Blick!«, korrigiert der Fotograf und legt
den Finger auf den Auslöser. Die Kamera rattert wie ein leises Maschinengewehr.
    »Das Surfbrett
leicht nach links! Drehen, drehen, drehen! Nein! Halt! Total uncool, die Schose!
Ich will Bodennebel, da muss Nebel aus der Türöffnung quellen.«
    »Wir haben
kein Trockeneis dabei«, meldet einer der Assistenten.
    »Scheiße,
verdammte!«, flucht der Fotograf. »Dann besorgt es! Sofort!«
    »Da müssen
wir bestimmt ganz bis nach Thisted, das kann dauern!«
    »Scheiße!
So geht das nicht! Ich mache hier professionelle Arbeit! Pause, Leute! Der Spot
wird unterbrochen, bis dieses verdammte Trockeneis da ist!«
    Er kneift
den Mund fest zusammen, stapft mit funkelnden Augen durch den

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