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Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Titel: Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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über Herrn Eschenberg in Erfahrung bringen können,
ist interessant für uns!«
     
    Sie springt ihnen sofort ins Auge,
diese Lichtgestalt im Deep-Purple-Bikini. Die zierliche Frau steht, einer griechischen
Statue gleich, im Gegenlicht auf der Ladefläche eines Kombis. Sie nimmt die Boards,
die ihr von einer kleinen Schar Surfer heraufgereicht werden, mit solch einer Leichtigkeit
entgegen, als wäre es der ultimative Kick. Die rotblonden Haare, zu seildicken Zöpfen
geflochten, wirbeln bei jeder Drehung ihres biegsamen Körpers hin und her, und der
leicht geöffnete Kirschmund verleiht dem schmalen Gesicht ein erotisches Flair.
Kilian versucht augenblicklich sie auf sich aufmerksam zu machen.
    »Hey! Ich
bin Kilian!«, ruft er mit einem Augenzwinkern und breitem Grinsen und nimmt nebenbei
sehr wohl wahr, dass Oleander ihn von der Seite angiftet.
    »Freja!«
    »Freja kommt
aus Dänemark«, sagt der bärtige Hippie-Typ, dem der Kombi gehört. »Hab keine Ahnung,
wo das ist. Aber Freja ist eine erstklassige Surferin, ein richtiges Talent, die
bald mit den ganz großen Namen mithalten kann. Denkt an meine Worte, Jungs, ihr
werdet das noch erleben!«
    Während
Oleander die schöne Dänin heimlich anschmachtet, lüftet Kilian schon nach kurzer
Zeit ihr Erfolgsrezept. Sie hat einen Kumu, einen hawaiianischen Surflehrer. Ein
magerer Typ mit dunkler Haut und pechschwarzen Haaren, der mindestens 20 Jahre älter
ist. Sein Name ist Archie Kalepa. Er ist keiner dieser akrobatischen Surfer, aber
seine Körperbewegungen sind die gelebte Leichtigkeit des Seins, verbunden mit der
akkuraten Anmut eines Tangotänzers. Sein Geschick auf dem Wasser fasziniert Oleander
und Kilian vom ersten Augenblick an, und in kürzester Zeit sind Freja und die Neuankömmlinge,
die er nur abfällig ›Malihinis‹ nennt, zu seinem Schatten geworden.
    Kalepa reitet
einen leuchtendblauen ›Fish‹, ein kurzes, gedrungenes Board mit gespaltenem Tail,
als wäre er damit verschmolzen. Verächtlich schaut er zu den vielen Surfern, die
mit verkniffenen Blicken auf dem Wasser sind, als gelte es ein festgeschriebenes
Pensum zu erfüllen. Manchmal provoziert er die jungen Männer lachend: »Hey, Alter,
das ist doch keine Welle! Paddel weiter raus aufs Meer, da beißen dich die Wellen!«
    Kalepa verhält
sich anders als die anderen Einheimischen, die allen Weißen, diesen Haoles, den
Kampf angesagt haben. Er mag die Dänin und schließt auch ihre deutschen Freunde
in sein Herz, zeigt ihnen seine Tricks und ist oft schon bei Sonnenaufgang mit ihnen
auf den Brettern. Manchmal surfen sie bis zum letzten Sonnenstrahl, und Kilian lernt
jeden kleinen Kniff wie von selbst, während Oleander sich abmühen muss wie ein Ackergaul.
    »Wenn ihr
hervorragende Surfer werden wollt«, sagt er immer wieder, »schreibt euch ein hawaiianisches
Sprichwort hinter die Ohren: »Beobachte mit den Augen, höre mit den Ohren, halte
die Klappe!«
    Freja, Kilian
und Oleander leben mitten im Regenwald in kleinen Nurdachhäusern, die nur hinten
und vorn mit Fliegengittern versehen sind. Der Platz im Inneren ist gerade einmal
so groß, um ein Bett, einen Tisch und einen Stuhl hinein stellen zu können. Die
Vermieter haben sie vor Skorpionen und Tausendfüßlern gewarnt, und die Warnung ist
berechtigt, wie sie immer wieder feststellen. Nachts quaken die Laubfrösche ihre
Symphonien, begleitet von dem Donnern der Brandung. Aus der Ferne leuchten die Hütten
wie winzige Pyramiden. Am Lagerfeuer geht der Joint herum. Auf Oleanders Gesicht
flackert heimliche Liebe, und Kilian legt ein Holzscheit nach, damit die Flamme
erst richtig zu lodern beginnt. Er setzt sich Freja gegenüber, klappt mit geheimnisvollem
Blick Hesses Steppenwolf auf und beginnt mit Inbrunst an einer Stelle vorzulesen.
Dabei tauscht er geschickt den Namen Maria, so wie er im Buch steht, gegen den Namen
Freja aus:
    »Wen Freja
eigentlich liebte, darüber dachte ich oftmals nach. Am meisten, glaube ich, liebte
sie den Jüngling Pablo vom Saxophon, mit den verlorenen schwarzen Augen und den
langen, bleichen, edlen und melancholischen Händen. Ich hätte Pablo in der Liebe
für etwas schläfrig, verwöhnt und passiv gehalten, aber Freja versicherte mir, dass
er zwar nur langsam in Glut zu bringen, dann aber gespannter, härter, männlicher
und fordernder sei als irgendein Boxer oder Herrenreiter.«
    Kilian lässt
das Buch sinken, sieht Freja tief in die Augen und fragt sie herausfordernd: »Ole
oder ich, wer von uns beiden ist

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