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Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Titel: Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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dort bei Spiegeleiern und Speck und einer Tasse Kaffee. »Setzen Sie
sich, Kreuzhausen, setzen Sie sich! Schauen Sie sich diese Scheiße an!«
    Er schiebt
dem Oberleutnant eine Zeitung über den Tisch. ›Frit Danmark‹ steht dort in roten
Buchstaben. Kreuzhausen wirft nur einen verächtlichen Blick drauf.
    »›Freies
Dänemark‹, dumme Widerstandsschmiererei, oder?«
    »Schon,
aber wir sollten lesen, was der Feind schreibt, Kreuzhausen! Lesen Sie, was da behauptet
wird.«
    »Dafür reicht
mein Dänisch nicht aus, Herr Hauptmann.«
    Röndich
greift die Zeitung und liest langsam Wort für Wort.
    »Überschrift:
Zuckersabotage beim Bunkerbau. Dann schreiben sie: Bei der Entfernung der Verschalung
eines Bunkers in Südwestjütland sind die dicken Mauern wie Gummi elastikum zusammengestürzt.
Dänische Arbeiter sollen Zucker in den Beton gemischt haben, um eine Härtung zu
verhindern.«
    »Ammenmärchen«,
sagt Kreuzhausen verächtlich. »Papier ist geduldig, Herr Hauptmann! Dafür bräuchte
man Unmengen von Zucker, wenn das wirklich klappen sollte. Woher sollten die Arbeiter
in diesen Zeiten soviel Zucker herhaben, und wie wollen sie den auch noch unbemerkt
unter den Beton gemischt haben?«
    »Irgendwie
haben sie es anscheinend hingekriegt, Kreuzhausen, wie auch immer! Und deswegen
muss ich mit Ihnen reden, denn es gibt eine neue Aufgabe für Sie! Der Festungspionierstab
möchte unsere militärischen Kompetenzen auf den Bunkerbaustellen mehr nutzen. Es
ist kein Geheimnis, dass es auf den Baustellen drunter und drüber geht. Das liegt
an der Organisation Todt, der man die Ausführung der Bauarbeiten übertragen hat.
Ich brauch Ihnen das ja nicht zu sagen, aber das sind Zivilisten durch und durch,
die teilen unser militärisches Interesse nicht im geringsten, Kreuzhausen. Die OT
bleibt zwar weiterhin der offizielle Arbeitgeber für die dänischen Befestigungsarbeiter,
aber … also, der Festungspionierstab will, dass eine Vertrauensperson die militärische
Aufsicht auf den Baustellen effektiver koordiniert. Die notwendigen, taktischen
Zielsetzungen des Militärs müssen genügend berücksichtigt werden. Im Notfall greifen
wir in die stattfindenden Bauarbeiten ein und setzen Änderungen durch. Der Schlendrian
auf den Baustellen muss ein Ende haben! Trauen Sie sich zu, diese Typen der OT auf
Vordermann zu bringen, Kreuzhausen?«
    »Jawoll,
Herr Hauptmann!«
     
    Die Schule ist vorbei. Aase tritt
aus Leibeskräften in die Pedale, um ihre Freundin Damaris Mølby abzuhängen, die
bereits einige Meter hinter ihr zurückgeblieben ist. Von der Straße zweigt ein Sandweg
ab, der in die Dünenlandschaft führt. Der Fahrtwind bläst Aase ins Gesicht, und
sie stellt sich vor, sie wäre dieses blonde Mädchen, das in Kopenhagen mit dem Fahrrad
nur wenige Meter vor dem König herradelte.
    Aase hat
den König auf einem Foto gesehen, auf einem mächtigen Pferd mit weißer Blesse. Der
Lehrer hat das Foto vor ein paar Wochen neben der Tafel an die Wand gehängt. Danach
erzählte er der Klasse mit feierlicher Stimme, dass König Christan X. von Dänemark,
seitdem die Deutschen in ihrem Land sind, jeden Tag unbewaffnet und ohne Leibwache
durch Kopenhagen reitet.
    »Der König
ist ein Symbol, Kinder! Ein Symbol für den Widerstand gegen die deutsche Besatzung!«
    Aase hat
das mit dem Symbol zwar nicht verstanden, stellt sich seitdem aber immer den König
vor, wie der in schicker Uniform, mit einer doppelten Reihe Goldknöpfe, hinter ihrem
Fahrrad herreitet und sie dabei lauthals in die Menschenmenge ruft: »Macht den Weg
frei ihr Leute, euer König kommt!« Und der König freut sich darüber, dass Aase ihm
hilft, grüßt freundlich alle Dänen, die jubelnd an der Straße stehen und dänische
Fähnchen schwenken.
    Aases Augen
strahlen, sie lässt den König wieder und wieder durch ihre Vorstellung reiten und
guckt voller Übermut über ihre Schulter hinter sich. Doch dort reitet kein König,
dort fährt nur Damaris, fuchtelt mit dem linken Arm und schreit ihr hinterher: »Warte
auf mich, Aase! Nun warte doch!«
    Aase nimmt
Schwung und radelt auf eine kleine Anhöhe zu. Doch der feine Dünensand lässt ihre
Reifen einsinken und sie muss trotz aller Anstrengung absteigen. Sofort hat Damaris
sie eingeholt. Die letzten Meter schieben beide gemeinsam ihre Räder auf den Hügel.
Von dort aus ist ihr neues Zuhause zu sehen, die Barackensiedlung Nytorp. Die hässlichen
Holzhäuser sind in aller Eile in Reih und Glied auf einen schmucklosen

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