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Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Titel: Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nink
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Schal im Sonnenlicht vor der Tür. Daneben war ein Laden für Souvenirs, daneben ein Wettbüro, gleich nebenan eine dieser neumodischen Metzgereien mit angeschlossenem Bistro. Durch die Glastür sah der Notar einen kleinen Jungen und eine blonde Frau, die ihn an irgendeine Schauspielerin erinnerte, aber dann war sein Blick schon weitergewandert, und dann entdeckte er etwa hundert Meter weiter links einen irischgrün gestrichenen Pub. Und weil sich nun eine dunkle, unheilvoll ausschauende Wolkenwand vor die Sonne schob und sich außerdem ein Mann der Bank näherte, der schlimm humpelte und von seiner Gattin gestützt werden musste, stand Ó Cinnéide auf und ging in Richtung Irischgrün. Ziemlich zügig übrigens.
    Der Fernseher über der Bar lief stumm. Wann hatte das angefangen, dachte er, als der Wirt ihm sein Guinness hinstellte, wann waren die ersten Flachbildschirme in irischen Kneipen aufgetaucht? Es gab eine Zeit, da waren Irish Pubs dunkle, heimelige Höhlen; jetzt aber flackerte unentwegt das nervöse Licht der Bilderschnippsel über Flaschen und Gesichter. Er sah kurz hin, die üblichen Nachrichten, Aktienkurse, UN -Konferenzen, irgendein Volksfest in Kasachstan oder wo immer es diese Steppen und Reiter gab. Nathan Ó Cinnéide drehte sich um: Niemand im Pub interessierte sich auch nur einen Deut dafür. Natürlich nicht. Fernsehen konnte man zu Hause im Wohnzimmer. Wer einen Pub betrat, wollte mit der normalen Welt nichts mehr zu tun und seine Ruhe haben, zumindest für ein paar Stunden. So wie der bärtige Mann mit der roten Mähne, der schweigend am anderen Ende des Tresens saß und gerade seinen dritten oder vierten Whiskey innerhalb weniger Minuten bestellte. Seine linke Gesichtshälfte war merkwürdig geschwollen. Noch so eine Gestalt, wie sie diese Stadt zu Tausenden ausspuckt, dachte Ó Cinnéide, Tresenphilosphen, Lebensmelancholiker, heilige Trinker. Auf dem Flachbildschirm über der Bar begann ein Film, der offenbar in Louisiana spielte; ahnungslose Hinterwälder legten sich gerade mit zwei gut gekleideten jungen Männern an, bei denen es sich in Wirklichkeit um schlimme Vampire handelte. Nathan Ó Cinnéide schüttelte den Kopf, zum wer weiß wievielten Mal an diesem Spätsommertag. Er sah auf die Uhr: kurz vor zwölf. Nun ja, dann musste er wohl. Er trank sein Guinness aus und zahlte. Beim Hinausgehen summte er leise das Intro von »It’s now or never«.
    »Wie oft soll ich dir das denn noch erklären? Ich habe kein U-Boot bestellt!«
    »Es stand aber im Warenlager in Shenzhen für dich bereit, hat er geschrieben. Deswegen hat er es ja mitgenommen. Beziehungsweise: gegen viel Geld zum Flughafen bringen lassen.«
    »Die Chinesen haben da was verwechselt! Ich habe die Bestellnummer des Motorrollers mehrfach kontrolliert und ganz sicher die »Hello-Kitty-Special-Edition« angekreuzt. Wieso hat er sich denn nicht kurz von dort gemeldet?«
    »Wieso? Weil er gedacht hat, dass ein Einmann-U-Boot, das deinen Namen auf der Außenwand eingraviert hat, von dir bestellt wurde und an deine Adresse in Oer-Erkenschwick geliefert werden sollte, auch dein Einmann-U-Boot ist. Vor allem, weil wir ihn ja zu dieser Lagerhalle geschickt haben, um etwas Großes abzuholen. Ich durfte das mit dem Roller ja nicht verraten.«
    »Deswegen kaufe ich aber doch noch immer kein U-Boot! So ein Schwachsinn! Und wo fahren wir denn hier eigentlich herum? So weit kann doch der Flughafen nicht außerhalb der Stadt liegen! Wie lange dauert das denn noch?«
    Schatten und Wipperfürth saßen eingeklemmt zwischen acht schweigenden Pakistani. In einem Kleintransporter, der von einem grimmigen Mann mit mächtigem Turban gesteuert wurde. Bis vor wenigen Minuten hatten die acht Pakistani und der Fahrer sich wütend beschimpft, aber dann hatte er angehalten und damit gedroht, die Pakistani hier und jetzt rauszuwerfen, und seitdem herrschte Ruhe. Wipperfürth hatte den »Ganesha Airport Express« im Internet entdeckt, als er auf der Suche nach einer günstigen Transportmöglichkeit in die Dubliner Innenstadt gewesen war. Das Unternehmen kutschierte in erster Linie pakistanische Arbeiter aus dem Umland in die Hauptstadt, was regelmäßig zu bilateralen Spannungen mit dem indischen Fahrer führte, aber davon hatte natürlich nichts auf der Internetseite gestanden. Um die Übernachtungskosten zu sparen, waren sie nicht schon am Vortag angereist, sondern noch vor Tagesanbruch von einem winzigen Flughafen im Hunsrück aus gestartet, zu dem

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