Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)
waren. Nach mehreren Tagen ununterbrochener Spa-Anwendungen hatte sie nun wahrscheinlich einen Zustand erreicht, für den man als Mönch sehr, sehr lange würde meditieren müssen. Siebeneisen betrachtete ihr dunkles Haar, das im sanften Zug der Klimaanlage wie ein seidener Vorhang wehte.
Sie hielten vor dem Abflugterminal. Ihr Fahrer öffnete die Tür des Yaggwars und half Lawn formvollendet hinaus. Dann verbeugte er sich tief.
»Wir bedanken uns, dass sie das kostenlose VIP -Angebot der Qingdao Tourist Commission genutzt haben.«
»Was haben Sie gesagt?«, fragte Siebeneisen, der gerade die Taschen aus dem Kofferraum holte.
»Ich habe mich im Namen der Qingdao Tourist Commission bedankt, dass Sie unser kostenloses Oktoberfest- VIP -Paket genutzt haben. Bitte erzählen Sie allen Ihren Freunden zu Hause, wie schön es in Qingdao ist, der Perle der nordostchinesischen Küste.«
»Wollen Sie damit sagen, das alles hier hätten Sie organisiert? Und nicht jemand aus Deutschland?«
»Oh nein! Das ist ein ganz offizielles Programm, das speziell für Gäste aus der Bundesrepublik entwickelt wurde. Ihr Kaiser war es schließlich, der …«
»Schon gut, ja, so war es …« Siebeneisen fürchtete, dass gleich wieder das Lied vom bärtigen Monarchen geschmettert werden würde. Trotzdem wollte er das jetzt genau wissen.
»Wir hatten die Info, dass man unseren Aufenthalt hier aus Deutschland organisieren wollte …«
»Also … aus Deutschland haben wir lediglich den Auftrag für eine Hotelbuchung erhalten, Moment …«
Der Fahrer holte einen Folder aus dem Handschuhfach und überflog die ersten Seiten.
»Ah, hier steht es: Ein Mr Wieehp …«
»Wipperfürth.«
»Also dieser Mr Wieehperfurdd hatte ursprünglich … Moment … hatte ursprünglich ein Doppelzimmer im Kunsing Mansion für Sie reserviert, ohne Frühstück, Straßenseite, Etagenbetten, keine Klimaanlage, WC auf dem Flur, für 12 € inklusive Steuern.«
»Wie bitte??«
»So steht es hier, das war die ursprüngliche Buchung. Das Kunsing Mansion ist allerdings schon vor mehreren Monaten abgebrannt, als pakistanische Bewohner einen Hammel in ihrem Zimmer grillen wollten. Ehrlich gesagt: Es war nicht schade um diese Baracke.«
»Und da hätten wir eine Reservierung gehabt?«
»Mr Wieehp …«
»Wipperfürth.«
»… hat das Zimmer über unsere Webseite online reserviert. Warten Sie …«
Der Mann überflog den Text in seinen Papieren.
»Also, es war so: Er hat nicht reagiert, als ihm die Buchung sofort als ungültig angezeigt wurde und die Reservierungsmaschine ihm stattdessen ein etwas teureres Angebot vorgeschlagen hat. Als er auch nicht auf unsere E-Mails geantwortet hat, haben wir Ihnen ein Zimmer im Grand Palace organisiert, das war wohl das einfachste.«
»Das war es wohl.« Siebeneisen gelang es, diesen Satz sehr gelassen auszusprechen, beinahe emotionslos. Offensichtlich hatte das Adrenalin der vergangenen Wochen besänftigende Nachwirkungen. Allerdings würden die lange verflogen sein, wenn er Wipperfürth das nächste Mal sah. Da war er sich sehr, sehr sicher.
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Aus der Facebook-Fanseite »Siebeneisen«, Rubrik: Pinnwand, Einträge der letzten fünf Tage.
Wipperfürth:
Hallo?? Erinnerst du dich an uns? Und wenn ja: Kannst du dich bitte vielleicht mal melden? Oder gibt es in China kein Internet?
Was ist jetzt mit Pat O’Shady? Hast du Kontakt zu ihm? Der kann doch nicht wirklich daran denken, sein Erbe auszuschlagen! Dann fliegt uns hier doch alles um die Ohren! Schatten ist schrecklich nervös. Ich vermute, er bekommt Asthma. Melde dich!
Uchka der Fahrer:
Sie sind ein Held! Es heißt, man werde Sie zum Ehrenbürger der Mongolei machen! Dann sehen wir uns schon bald wieder! Und machen Sie sich keine Gedanken über die Reise zum Grab: Ich bringe Sie natürlich hin und wieder zurück!
Rashid Shamesta:
Sehr geehrter Herr,
warum nur helfen Sie mir nicht? Schon vor einigen Wochen habe ich Ihnen mitgeteilt, dass ich Opfer eines schrecklichen Irrtums bin. Ich bitte Sie nun noch einmal eindringlich, sich meiner Sache anzunehmen. Mittlerweile bin ich mir sehr sicher, dass mein Vorgesetzter ein Verhältnis zu meiner Gattin unterhält. Um dieses schändliche Treiben fortsetzen zu können, hat er den Ministerialarzt bestochen, mich in diese Kurklinik einzuliefern, obwohl ich gänzlich unschuldig bin. Hier muss ich jeden Morgen Yogaübungen im Garten machen, angeblich dient dies meiner Gesundung. Als ob ich krank sei! Der Spielball einer
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