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Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Titel: Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nink
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hatten sie sich kurz umarmt, und Siebeneisen war durch die Sicherheitskontrolle gegangen. Hinter ihm hatten Wipperfürth und Schatten regungslos zwischen den weinenden und winkenden Familienangehörigen der anderen Passagiere gestanden.

4
    »Wie lange möchten Sie bleiben?« Der Mann an der Rezeption des Motels in Tamboorini klappte ein dickes Reservierungsbuch auf. Er tat so, als suche er ein freies Zimmer, obwohl auf dem Parkplatz lediglich Siebeneisens Mietwagen stand.
    »Eine Nacht. Ich muss morgen früh weiter.«
    »Eine Nacht bloß? Da haben Sie ja kaum Zeit, sich unsere Sehenswürdigkeiten anzuschauen!«
    Der Mann an der Rezeption sah Siebeneisen vorwurfsvoll an. Aus den Ärmeln seines T-Shirts krochen tätowierte Schlangen. Aus dem Halsausschnitt ebenfalls. Eine fein gemaserte Viper hatte es bis kurz unter das rechte Ohr geschafft, wo sie in Richtung des goldenen Ohrrings züngelte. Siebeneisen überlegte, ob es sich um eine einheimische Reptilienart handelte.
    »Äh … leider nein. Ich bin geschäftlich unterwegs. Was haben Sie denn Nettes in Ihrem Ort?«
    Der Mann an der Rezeption blickte jetzt ziemlich finster. Offenbar fühlte er sich in seiner Ehre als Einwohner des bezaubernden Tamboorini gekränkt.
    »Sie haben noch nie etwas von unserer Salatgurke gehört? Die größte Australiens?«
    »Nein, sorry, tut mir leid …«
    »Wir haben die größte Salatgurkenfigur des Kontinents hier bei uns! Steht an der Straße raus zu den Wilmington-Dünen. Ein Künstler aus Perth hat sie angefertigt, aus einem einzigen Stück Kunststoff. Acht Meter hoch!«
    Siebeneisen wusste nicht so recht, was er sagen sollte.
    »Aber unsere Glühwürmchen-Höhle sagt Ihnen was?«
    »Sorry, leider auch nicht … klingt aber sehr, sehr interessant.«
    »Interessant? Das ist pure Magie, wenn die alle in der Dunkelheit leuchten!«
    Der Mann an der Rezeption sah nun leicht verträumt aus. Vermutlich erinnerte er sich an seinen letzten Besuch in der Glühwürmchen-Höhle, dachte Siebeneisen. Mit was die Leute sich hier draußen im Outback beschäftigten! Wahrscheinlich gab es solche Gurken und Höhlen in jedem Kaff zwischen hier und der Westküste.
    »Zimmer 17.« Der Tätowierte gab ihm den Schlüssel.
    »Aber wenigstens unser Kamel-Museum müssen Sie sich anschauen! Dafür muss Zeit sein! Es ist das Einzige in ganz Australien!«
    Er reichte Siebeneisen eine Broschüre. Auf der Titelseite war ein Kamel zu sehen, das quer über den Gleisen einer Eisenbahnstrecke lag. Es sah ziemlich tot aus. Offensichtlich war es mit einem Zug kollidiert. »Mit echten Exponaten!« stand unter dem Foto. Siebeneisen bedankte sich bei dem Mann an der Rezeption.
    »Das schaue ich mir auf jeden Fall an!«, hörte er sich sagen.
    In seinem Zimmer widerstand er der Versuchung, sich aufs Bett zu legen – er würde augenblicklich einschlafen, mitten in der Nacht aufwachen und sich später dann fünf Stunden lang bis zum Sonnenaufgang ärgern, dass er seinen Dostojewski im letzten Flugzeug vergessen hatte. Wobei er sich nicht sicher war, ob das Buch eine passende Reiselektüre für das Outback gewesen wäre. Schuld und Sühne buddelte tiefenpsychologisch in der verwirrten Seele seines Hauptdarstellers herum, der seit 733 Seiten im Kreisverkehr des eigenen Ichs unterwegs war, das war kein Stoff, über den man an einer Bar im Landesinnern Australiens diskutierte, so viel war klar. Und als Siebeneisen fünf Minuten später die Tür des Roadhouses auf der anderen Straßenseite öffnete, ahnte er, dass an solchen Orten auch nicht über irgendwelche anderen Druckerzeugnisse debattiert wurde. Es sei denn, es handelte sich um die Startliste eines Pferderennens.
    Ein australisches Roadhouse ist ein heimeliger Ort – wenn man Australier ist. Bei Reisenden anderer Nationalität lösen Etablissements wie The Matamoorie Inn oder das Crossroads Roadhouse zumindest befremdliche Gefühle aus, wenn sie sich nach sieben Stunden oder 655 Kilometern Fahrt allmählich aus der flirrenden Hitze am Horizont herauskristallisieren. Ähnlich wie Ortschaften wirken auch diese Roadhouses auf Straßenkarten wie Oasen der Zivilisation inmitten der unbarmherzigen Wüste, aber das ist wieder einer dieser australischen Taschenspielertricks. In Wahrheit sind Roadhouses meist nicht viel mehr als Tankstellen mit angeschlossenen Kneipen. Eine Autowerkstatt mit einem größeren Vorrat an Frontscheiben und Scheinwerfern gibt es auch fast immer, wegen der suizidalen Kängurus. Plus ein Waschhaus mit

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