Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Titel: Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nink
Vom Netzwerk:
ergreifen sah, hier aber liefen einem Zebras, Elefanten, Gazellen und all die anderen Hauptdarsteller aus Grzimeks Tierstunde permanent vors Auto. Und jetzt kamen von links Giraffen, eine komplette Großfamilie. Sam bremste scharf. Auf dem Rücksitz schaute Lawn mit großen Augen zu, wie die Tiere mit ihren endlos langen Beinen an ihnen vorbeistaksten. Sie hatte eine kleine Kamera mitgebracht und fotografierte wild entschlossen jedes Tier, das irgendwie in Reichweite kam. Selbst wenn sie nur einen kleinen Affen entdeckte, rüttelte sie Sam von hinten an der Schulter und bat ihn anzuhalten. Kein Wunder, dass in diesen Nationalparks so viele Auffahrunfälle passierten, dachte Siebeneisen, wenn jeder ständig zum Fotografieren bremste.
    »Sie sind hier lang.« Sam steuerte den Wagen von der schmalen Piste nach rechts ins Gebüsch. Siebeneisen fragte sich, wie ihr Fahrer wissen konnte, dass sie an genau dieser Stelle abbiegen mussten – das Gebüsch entlang der Sandpiste sah hier genauso unverdächtig aus wie auf den 72 Kilometern zuvor. Sam lächelte. »Zwei kleine Zweige waren abgeknickt.«
    »Zwei kleine Zweige waren abgeknickt? Und Sie haben das im Vorbeifahren gesehen?«
    »Ich bin hier groß geworden. Nicht im Park selbst, aber ganz in der Nähe. Als ich vier war, musste ich unsere Familienziegen hüten. Da lernt man ganz schnell, auf solche Zeichen zu achten.«
    »Sind die Nashorn-Ranger eigentlich immer zu Fuß unterwegs? Ist das nicht ziemlich gefährlich?«
    »Kommt drauf an. Kenneth macht das öfter. Der kennt sich hier aber auch besser aus als ich, und das will was heißen.«
    Sam ging für einen Moment vom Gas und beugte sich aus der Tür, die nicht da war.
    »Sie müssen ganz in der Nähe sein.«
    Auf einer kleinen Lichtung knieten ein weißer und ein farbiger Mann in Rangeruniformen neben einem großen Felsbrocken. Als sie näher herangefahren waren, sahen sie, dass der Felsbrocken ein Nashorn war. Aus seiner Flanke ragte eine Art Spritze mit einem roten Federbusch am Ende.
    »Na, das passt ja«, sagte Sam und stellte den Motor aus, »sie sind gerade beim Markieren.«
    Siebeneisen konnte sehen, wie die beiden Männer einen Bohrer am vorderen Horn des betäubten Nashorns ansetzten und ein Loch zu drillen begannen. Als sie den Landrover bemerkten, hob der Weiße kurz die Hand, der Farbige rief ein rasches »Moment, wir sind gleich fertig!« in ihre Richtung. Sam drehte sich zu Lawn und Siebeneisen um.
    »Sie können ruhig aussteigen und sich das anschauen – das Tier ist noch eine Weile außer Gefecht gesetzt. So nah kommen Sie nicht mehr an ein Nashorn heran.«
    Sie kletterten aus dem Auto, nickten den Rangern kurz zu und näherten sich dem bewusstlosen Tier. Siebeneisen hatte noch nie ein ähnlich großes Lebewesen gesehen, und er kannte immerhin Schatten. Das Nashorn lag auf dem Bauch und hatte offenbar noch genügend Zeit gefunden, seinen massigen Kopf mit den beiden Hörnern sorgfältig in den Sand zu platzieren, bevor der Tranquilizer es schachmatt setzte – jetzt sah es aus, als habe es sich für seine Bewunderer präsentieren wollen. Er schätzte, dass das Tier mindestens vier Tonnen wiegen musste.
    »Sie können es ruhig mal anfassen!« Der weiße Ranger winkte Lawn näher heran. Siebeneisen sah zu, wie sein Partner versuchte, einen Mikrochip in das Bohrloch im Horn des Tieres zu drücken, offenbar war das Loch nicht groß genug. O’Shady – der weiße Ranger musste O’Shady sein – griff erneut nach dem Bohrer.
    »Ganz schöner Koloss, oder?« Siebeneisen flüsterte vorsorglich, als er sah, dass die Ohren des Nashorns zuckten.
    »Oh ja. Das hier ist mit weitem Abstand der größte Bulle, den ich je gesehen habe. Ich glaube nicht, dass es noch viel größere irgendwo in Afrika gibt.«
    »Was machen Sie denn mit seinem Horn?«
    »Erkläre ich Ihnen nachher. Wir müssen uns ein wenig beeilen, bei einem Tier dieser Größe wirkt das Betäubungsmittel wahrscheinlich nicht sehr lange. Gut, dass ihr mit dem Auto da seid.«
    Siebeneisen ging unmittelbar neben dem Kopf des Nashorns in die Hocke. Die Augen des bewusstlosen Tieres waren geöffnet, er blickte in faustgroße Löcher, schwarz wie Obsidian. Eine Ameisenkarawane wanderte völlig unbeeindruckt nah an der Schnauze des Rhinozeros vorbei. Jedes Mal, wenn das Nashorn ausatmete, wurden zehn oder zwölf Insekten aus ihrer Marschformation gerissen und davongewirbelt, worauf die folgenden Ameisen ein wenig schneller krabbelten, um die Lücke in

Weitere Kostenlose Bücher