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Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Titel: Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nink
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Fall aber nur noch eine Art amorpher Plastikschrott zu sehen war.
    »Und die beiden Ranger? Haben die kein Funkgerät?«
    »Haben wir bei der Nashorn- OP liegen lassen. Mussten ja leider ein wenig überhastet aufbrechen.« Kenneth O’Shady war von seinem kleinen Erkundungsgang zurück. Er lehnte sein Gewehr an den Kühler des Autos.
    »Was wollten Sie eigentlich da draußen? Sam nimmt zu solchen Fahrten doch normalerweise keine Besucher mit.«
    »Ich soll Ihnen eine Nachricht überbringen. Aus Irland.«
    »Mir?« O’Shady lachte. »Aus Irland? Sicher? Ich bin Holländer!«
    Siebeneisen war irritiert. Allerdings nicht stärker irritiert, als er auch in Nepal, Australien oder New Orleans irritiert gewesen war. Wenn er eine Rangliste der Zustandsbeschreibungen für das Hin und Her der vergangenen Wochen aufstellen sollte, dann wäre »irritiert« ziemlich weit oben gelandet. Hinter »ratlos«. Knapp vor »schockiert«. Gleichauf mit »hundemüde«. Es würde sich alles klären, gleich, ganz bald, jeden Moment.
    »Holländer?«
    »Wenn Sie ’nen Iren suchen, sollten Sie mal O’Shady fragen …« Er nickte mit dem Kinn in Richtung seines farbigen Kollegen, der gerade dabei war, dem dornigen Gebüsch hinter ihnen mit einer Machete zu Leibe zu rücken. »Nicht ganz waschecht, aber irischer als alle anderen Ranger in Afrika.«
    »Sie sind gar nicht Kenneth O’Shady? Ihr Kollege ist Kenneth O’Shady?«
    »So ist es. Seine Mutter stammte aus Zaire, glaube ich. Hat ’nen Missionar aus Dublin geheiratet, deswegen sieht er eher unirisch aus. Ich bin Marcus. Marcus van den Stam.« Er schüttelte Siebeneisen die Hand.
    »Oh, Entschuldigung. Ich hatte gedacht …«
    »Kein Problem. Hey, Ken!« Marcus rief O’Shady, der gerade einen ziemlichen Stapel abgeschlagener Heckenstücke neben sich aufschichtete, »hast du ein Problem damit, dass man dich nicht als Iren erkennt?«
    »Ich gehe mal zu ihm.« Siebeneisen half Lawn aus dem Auto und lief zu O’Shady hinüber, der mit Begeisterung auf die Hecke einhackte.
    Der Epaulettenflughund, der unter dem Baobab hing und bis eben von einem besonders guten Feigenjahrgang geträumt hatte, war von dem Trubel unter ihm wach geworden. Er schaute interessiert zu, was die Menschen da so trieben. Jetzt waren auch die letzten beiden aus dem Auto geklettert. Einer war hinüber zu demjenigen gelaufen, der mit dem großen Messer an der Hecke herumhackte. Der Mann aus dem Auto schien dem Mann mit dem Messer etwas Wichtiges zu erzählen.
    Der Mann mit dem großen Messer hackte langsamer.
    Der Mann mit dem großen Messer hörte mit dem Hacken auf.
    Der Mann mit dem großen Messer ließ das Messer fallen.
    Der Mann, der bis gerade noch das große Messer gehalten hatte, schwankte ein wenig, als ob ihm schwindelig sei.
    Der Mann, der eben noch sehr energisch mit dem großen Messer gehackt hatte, musste sich nun setzen.
    Der Mann, der sich gerade gesetzt hatte, sprang schreiend wieder auf.
    Wulumba, dachte der Epaulettenflughund und gähnte. Wie konnte man sich nur in eine Wulumbahecke setzen? Er verspürte ein leichtes Ziehen und Rumoren im Darm. Er hätte vielleicht nicht ganz so viele Feigen essen sollen.
    »Und was machen wir jetzt?« Siebeneisen war zurück am Auto. O’Shady hatte einige Minuten gebraucht, um zu verstehen, dass er 50 Millionen erben sollte. Wahrscheinlich würde er zu einem späteren Zeitpunkt hundertacht Fragen haben, vorerst aber schien er die Nachricht von seinem Millionenerbe am besten zu verarbeiten, indem er weiterhin Dornenhecken kleinhackte.
    »Zuerst einmal verbarrikadieren wir uns mit den Heckenstücken, die Ken da drüben kleinschlägt.« Marcus hatte Tisch und Stühle aus dem Kofferraum des Landrovers geholt. »Die bauen wir schön sorgfältig ums Auto herum auf. Dann essen wir zu Abend.«
    »Wir übernachten hier?«
    »Es wird uns nichts anderes übrig bleiben. Die Kollegen im Camp glauben, dass Sie uns abholen. Und bestimmt auch, dass wir mit Ihnen anschließend noch eine kleine Safari unternehmen. Bevor jemand merkt, dass wir nicht zurück sind, ist es später Abend. Dann werden sie versuchen, uns über Funk zu erreichen. Weil das auch nicht funktionieren wird, werden sie einigermaßen schlecht schlafen und sich dann morgen früh bei Tagesanbruch auf den Weg machen. Mit etwas Glück haben sie uns bis zum Mittagessen gefunden.«
    Eine Nacht unter freiem Himmel in Afrika ist ein eindrucksvolles Erlebnis. Die Dunkelheit ist allumfassend, die Sterne scheinen zum Greifen

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