Donnerstags im Park - Roman
über sie und Ray Bescheid wusste, erinnerte sich dann jedoch an ihre Überraschung und Neugierde, als Jeanie Dylan begrüßt hatte, und kam zu dem Schluss, dass das nicht der Fall war. Also hatte Ray seine Tochter nicht zu ihr geschickt. Fast bedauerte sie das.
»Begleitet Ray Dylan immer noch donnerstags in den Park?«, erkundigte sie sich vorsichtig.
»Wenn er Zeit hat. Unsere Babysitterin ist fertig mit der Chemotherapie; er übernimmt manchmal andere Tage. Haben Sie Dinkelbrot?«
Jeanie holte einen Laib aus dem Schaufenster, steckte ihn in eine Papiertüte und stellte diese neben Natalies andere Einkäufe. Die junge Frau hatte äußerlich wenig Ähnlichkeit mit ihrem Vater, doch Jeanie erkannte in ihr die gleiche Disziplin wie in ihm.
»Grüßen Sie ihn von mir«, bat Jeanie sie. Es waren zwei Wochen und vier Tage vergangen seit dem Kuss im St. James’s Park, und er hatte sein Versprechen gehalten und es ihr überlassen, sich zu melden.
Jeanie hatte das Gefühl, in einen Dauerkampf verwickelt zu sein. Trotz ihrer permanenten Erschöpfung stand sie fast noch früher auf als George, versuchte, jeden Gedanken an Ray zu unterdrücken, und untersagte es sich, ihn zu kontaktieren und ihre Gefühle George gegenüber mit denen für Ray zu vergleichen. Stark blieb sie letztlich nur in ihrem Entschluss, sich nicht bei Ray zu melden. Das war eine beachtliche Leistung, die ihr sehr deutlich machte, wie wütend sie auf ihren Mann war.
»Warum verlässt du ihn nicht?«, fragte Rita, die allmählich die Geduld mit ihrer Freundin verlor. »Die Sache macht dich noch krank.«
Sie saßen bei einem großen Glas Sauvignon auf Jeanies Terrasse. Licht kam nur aus der Küche hinter ihnen und von einer Kerze, die auf dem Tisch vor sich hin flackerte. Jeanie trug einen marineblauen Pullover; Rita war in eine auberginefarbene Strickdecke vom Küchensofa gehüllt. Lediglich ihr kantiges Gesicht und der Arm, mit dem sie das Glas zum Mund führte, lugten aus der Decke hervor. Das Problem ihrer Freundin beschäftigte sie so sehr, dass sie nicht hineingehen wollte.
»George verlassen?«
»Ja, George. Wen sonst?« Rita schüttelte den Kopf. »Aus deinem Mund klingt das, als wäre das völlig abwegig.«
»Ist es auch. Wie könnte ich ihn verlassen? Wir sind praktisch mein ganzes Erwachsenenleben zusammen.«
»Und das genügt dir als Grund zu bleiben?«
Sie sahen einander schweigend an. Ihnen war bewusst, dass sie dieses unbefriedigende Gespräch nicht zum ersten Mal führten.
»Wenn du gesagt hättest, ›Ich kann ihn nicht verlassen, weil ich ihn liebe‹, wäre das ein guter Grund gewesen.«
»Ich liebe ihn tatsächlich«, sagte Jeanie mit leiser Stimme.
Sie hörte den verzweifelten Seufzer ihrer Freundin.
»Ja, aber liebt er dich? Bill würde nicht mal im Traum an einen Umzug denken, mit dem ich – wir beide – nicht glücklich wären. Du musst es ihm sagen, Jeanie.«
»Die Sache mit Ray?«
»Nein, nicht das, du Mondkalb. Sag ihm, dass du nicht aufs Land ziehen wirst, aus, fertig.«
»Vielleicht ist es das Beste so, Rita.«
Rita knallte ihr Glas auf den Holztisch. »Mein Gott, nun mach mal ’ nen Punkt!«
Jeanie zuckte zusammen. »Pst … nicht so laut.« Sie blickte über die Schulter in die Küche.
»Er ist nicht da, Jeanie. Er kann uns nicht hören.«
»Vielleicht kommt er früher nach Hause.« George war zu einem Essen für einen Kollegen aus seiner alten Firma eingeladen, der in den Ruhestand ging. Jeanie fand es merkwürdig, dass er den Kontakt zu dem Team hielt, das ihn so früh zum alten Eisen geworfen hatte, aber George war es ein Bedürfnis gewesen, die Einladung anzunehmen.
»Dann hört er es eben. Das wäre sogar gut, denn so, wie’s aussieht, wirst du ja nicht mit ihm darüber sprechen.«
»Bitte, Rita, sei jetzt nicht gemein. Im Moment ertrage ich das nicht.«
Rita beugte sich zu ihrer Freundin hinüber. »Sorry, Schätzchen, aber ich finde es schrecklich, dich so niedergeschlagen zu erleben. Wenn George das Haus verkauft und du mit ihm aufs Land ziehst, war’s das. Dann sitzt du in der Falle. Du musst mit der Faust auf den Tisch hauen. Bitte sag es ihm. Sonst tu ich es.«
Jeanie war entsetzt. »Versprich mir, dass du das nicht machst. Okay, okay … Ich sag’s ihm. Aber ich weiß, dass er mir wieder nicht zuhört. Er hat sich selbst und Chanty davon überzeugt, dass ich nicht weiß, was ich will, und es auf dem Land, wenn wir erst einmal dort sind, idyllisch wird.«
Rita schwieg.
»Wenn ich
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