Donnerstags im Park - Roman
gerettet, Jeanie. Das klingt abgeschmackt, aber es ist die Wahrheit. Das meine ich mit dem Universum. Wenn ich mich jetzt zurückerinnere, habe ich fast das Gefühl, dass er nicht real war, sondern eine Erscheinung.«
»Vielleicht spielt das keine Rolle.«
»Ich habe schreckliche Angst vor Verlusten. Du … Deshalb halte ich mich zurück.« Er senkte den Blick. »Natürlich funktioniert es nicht, aber ich bemühe mich.«
Als sie auf die Uhr sah, war es nach drei morgens. Sie bekam Panik.
»Bleib, wenn du möchtest.«
»Nein, lieber nicht.« Plötzlich wollte sie allein sein, zur Ruhe kommen.
»Ich begleite dich nach Hause.«
Sie traten hinaus in die kühle Mainacht und gingen Swain’s Lane entlang, am Friedhof vorbei und den Highgate Hill hinauf.
»Wir wohnen so nah beieinander«, flüsterte sie, als sie in Sichtweite ihres Hauses kamen. »Verabschieden wir uns hier.«
Ray lachte. »Neugierige Nachbarn?«
»Höllisch neugierige Nachbarn.«
»Können wir uns morgen wiedersehen?«
»Ich bin den ganzen Tag im Laden. An Sonntagen ist immer viel los«, erklärte sie bedauernd.
»Und ich muss am Abend auf Dylan aufpassen.«
Er zog sie in einen Winkel neben der Kirche, um sie sanft zu küssen. Zuvor hatte sie allein sein wollen, doch jetzt hätte sie sich am liebsten nie wieder aus seinen Armen gelöst.
Nach wenigen Stunden Schlaf wachte sie früh auf. Sie hatte ganz vergessen, dass George sie heute nicht mit einer Tasse Tee, einem strahlenden Lächeln und dem Öffnen der Vorhänge begrüßen würde. Jeanie schien nun eine neue Welt zu bewohnen, eine sinnliche Welt, und ein anderer Mensch zu sein. Sie war nicht mehr die Jeanie, die beim Weckruf ihres Mannes aus dem Bett sprang, nie im Morgenmantel herumlümmelte, immer sofort duschte und die Betten machte, spätestens um acht am Frühstückstisch saß. Sie fühlte sich konzentriert und ganz, als hätte sie jene andere Frau jahrelang gespielt. Jeanie kuschelte sich, in Gedanken bei den Liebkosungen Rays, in das weiche, warme Oberbett. »Noch ein Stündchen«, sagte sie sich.
Kurz darauf klingelte das Telefon neben ihrem Bett.
»Jeanie?« Es war George.
»Hallo … Wie geht’s?«
»Hab ich dich geweckt? Bestimmt nicht; es ist schon nach neun.« George klang sehr munter.
»Nein, ich wollte gerade in den Laden«, log sie. »Tut mir leid, ich hatte über etwas nachgedacht.«
»Okay … Gestern war ein toller Tag: Das Wetter ist perfekt, ein bisschen windig vielleicht, aber das erwartet man ja in Gleneagles. Weißt du was? Ich hab gewonnen … mit Roger. Ist das nicht fantastisch? Danny war stinkesauer. Geschieht ihm recht. Bei den Jungs kann er nicht schummeln; die kennen ihn. Ich hab dich gestern Abend angerufen. Du bist nicht rangegangen.«
Er wartete auf eine Erklärung, und Jeanie suchte verzweifelt nach einer. Rita konnte sie nicht als Ausrede missbrauchen, weil sie und Bill zwei Wochen Urlaub auf Antigua machten und George das wusste.
»Jola und ich sind nach Geschäftsschluss auf einen Drink gegangen. Es war ein harter Tag.« Das stimmte zumindest zum Teil.
»Wann bist du nach Hause gekommen? Es muss nach elf gewesen sein, als ich angerufen habe.«
»Keine Ahnung, wir sind spät aus dem Laden raus.« Jeanie war zu müde, um zu überlegen, ob diese Lüge ihren Mann überzeugen würde. Schweigen am anderen Ende der Leitung.
»Ach … Okay. Es ist nur, weil du normalerweise Bescheid sagst, wenn du ausgehst.«
»Ich hab dir doch erklärt, dass es eine spontane Entscheidung war.«
»Es sollte kein Vorwurf sein. Ich habe mir nur Sorgen gemacht.«
Jeanie ignorierte Georges Lüge.
»Jedenfalls« – sein Tonfall wurde fröhlicher – »gehen wir jetzt wieder auf den Platz. Es ist bewölkt, doch laut Wetterbericht hält es bis heute Abend. Ich hoffe, das stimmt.«
»Spielen Golfer denn nicht noch bei Windstärke zehn?«
Sie hörte ihn lachen. »Bestimmt. Aber ich nicht. Tschüs, altes Mädchen, einen schönen Tag noch.«
»Dir auch.«
Vielleicht erschien ihr die vergangene Nacht so weit weg von der Realität ihrer Ehe, weil sie ihrem Mann nicht gegenübersaß, nicht sah, wie er Toast und Marmelade aß und die Brille hochschob. Auch der Tag wirkte irreal; sie verbrachte ihn in einem Nebel erschöpfter Euphorie, die keinen Raum für Schuldgefühle ließ.
14
Der Kaufvertrag für die Old Rectory war unterschrieben. George hatte die Aktion in Rekordzeit durchgezogen, damit niemand ihm das Objekt wegschnappte.
»Wir müssen unser Haus einem Makler
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