Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Donovans Gehirn

Donovans Gehirn

Titel: Donovans Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Curd Siodmak
Vom Netzwerk:
ich aufstehe, muß ich zwanzig Pfund Last mit mir herumtragen.
    Das Hirn hat mir einige Adressen gegeben: eine von Alfred Hinds in Seattle und eine von Geraldine Hinds in Reno. In der letzten Nacht hat es die Namen ständig wiederholt.
    Einmal versuchte ich, durch Telepathie gezwungen, aus dem Bett aufzustehen; Janice aber hörte mich stöhnen und gab mir eine Spritze Morphium, welche die Verbindung mit dem Hirn sofort trennte. Es war, als würde eine Telefonleitung abgeschnitten. Wenn ich unter Morphium stehe, kann das Hirn nicht zu mir gelangen. Es scheint nicht begreifen zu können, warum ich seine Befehle nicht befolge.
    Es weiß nicht, daß ich einen Unfall hatte. Ich habe versucht, Donovan davon zu verständigen. Ich lag ganz still und versetzte mich selbst in eine Trance der Konzentration wie ein Yogi, und versuchte ihm die Botschaft zu übermitteln. Es gelang mir nicht.
    In meinen Träumen und seit kurzem sogar während des Tages kommt immer wieder der lächerliche Satz in meinen Sinn: »Auf zwei sich spreizenden Zweigen ...«
    Diese unaufhörliche Wiederholung quält mich ebenso wie der Schmerz. Es muß doch ein Sinn darin liegen ... Das Hirn muß einen Zweck haben, es immerfort zu wiederholen.
    Ich rief Schratt an und sprach mit ihm darüber. Er schien sehr erstaunt, als ich ihm den Satz sagte, beharrte aber dabei, daß er ihn noch nie gehört habe.
    Ich fragte Janice. Sie dachte einen Tag darüber nach und kam endlich zu dem Schluß, es müsse ein Sprüchlein sein, um jemand vom Lispeln zu kurieren. Das klingt plausibel. Warum aber wiederholt das Hirn diese Zeilen?
    Janice und ich vermieden es, das Hirn zu erwähnen. Sie wartet, daß ich zuerst spreche, ich aber habe nicht die leiseste Absicht, dieses Thema zur Sprache zu bringen. Sie weiß bereits zu viel; es stört mich zu sehen, wie sie darüber nachgrübelt.
    Was Janice auch durch den Sinn geht – es steht auf ihrem Gesicht geschrieben. Sie wäre der schlechteste Geheimagent der Welt.
    Aber ich gewöhne mich wieder daran, sie um mich zu haben. Tatsächlich: Wenn sie auf ein paar Stunden weggeht und eine andere Pflegerin ihren Platz einnimmt, fühle ich mich unsicher, als könnte etwas passieren und nur sie könne mir helfen.
    Wenn sie nicht da ist, werde ich manchmal ganz sentimental im Gedanken an sie. Ich entsinne mich des Tages, als ich von Santa Barbara zum Krankenhaus zurück wollte und sie mich im Wagen mitnahm.
    Wie oft wartete sie geduldig, um mich herumzufahren!
    Sie war immer bereit, mich ein Stück weiterzubringen. Das scheint ihre Bestimmung im Leben zu sein.
    Sie ist geduldig. Sie war es immer. Und beharrlich.
    Sie hatte sich entschlossen, mich zu heiraten. Sie tat es. Sie wollte mich weghaben von Washington Junction – hier bin ich. Nun sitzt sie bei mir und wartet – sie will mich zurückgewinnen.
    Sie weiß, wann sie dasein soll und wann sie mich alleinlassen muß. Sie ist wie ein feiner Voltmesser, der die leichtesten Veränderungen der Spannung berichtet. Wieviel Glück könnte sie manchem Menschen bringen, statt ihre Kraft an mich zu verschwenden!
    Ich muß eines Tages mit ihr darüber sprechen.
     

Neunundzwanzigster November
     
    Anton Sternli hat mich besucht. Er ließ erst aus der Empfangsstelle anrufen. Janice war am Telefon, sie ging hinaus, um ihn beim Fahrstuhl abzuholen. Sie blieb fast eine Stunde mit ihm im Korridor, ehe sie ihn zu mir ließ.
    Als wir in der Wüste lebten, beschränkte Janice ihre Tätigkeit darauf, unsern Haushalt zu führen. Nun machte sie sich meine Hilflosigkeit zunutze und hat ihr Feld bis zu den Leuten ausgedehnt, die mit mir in Verbindung stehen. Schratt hat sie immer um den Finger wickeln können, und bei Sternli hatte sie leichtes Spiel.
    Sternli sah mehr denn je wie ein Schweizer Professor aus, als er in mein Zimmer kam, durch seine schweren Gläser waren seine Augen klein wie Haselnüsse. Der Anzug war bestimmt nicht für ihn gemacht. Die Hosen beutelten über den Knien. Er trug einen weißen Stock wie ein Blinder.
    Er hatte in der Zeitung von meinem Unfall gelesen und wäre schon eher gekommen, aber er bekam erst gestern seine Brille. Er wollte mir nur sagen, wie leid es ihm tat.
    Er sprach über unbedeutende Dinge, bis Janice das Zimmer verließ. Sie hatte aus seinem eifrigen Gesicht gesehen, daß er mit mir allein sein wollte.
    »Sie haben mich mit dem Memorandum in Donovans Handschrift außer Fassung gebracht«, begann Sternli. »Sehen Sie, ehe er Florida verließ, gab er mir den

Weitere Kostenlose Bücher