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Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
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überkleben.« Melynda war genau der gleichen Meinung und sagte noch dazu: »Die Lehrerin ist wahrscheinlich prüde und meint, dass keiner in ihrem Klassenraum einen nackten Penis sehen darf.«
    Ich erzählte Melynda, dass »David« in ganz Deutschland ohne Überklebung auskommt - und auch die Leute, die an heißen Sommertagen oben ohne im Park liegen. Und dass auch keine schwarzen Sicht-Balken an nackten Menschen zu
sehen sind, die im Fernsehen Werbung für Shampoos, Rasierer, Rasierschaum- oder Feuchtigkeitscremes machen.
    Nachdem ich Melynda das alles erzählt hatte, musste ich an meine Anfangszeit hier in Deutschland denken. Ich saß vor meinem Fernseher in Köln, in meiner kleinen Studentenwohnung, und versuchte beim Fernsehschauen Deutsch zu lernen. Was ich damals ziemlich oft machte. Dann lief eine Werbung mit einer nackten Frau in der Dusche. Mit einer ziemlich schönen, nackten Frau, und mein erster Gedanke war, wenn ich ganz ehrlich bin:
Oh, my God! She's naked! How wonderful!
    Ich weiß, das hört sich sehr klischeehaft an und ist genau das, was man von einem Amerikaner in einer solchen Situation erwarten würde. Aber so war ich damals wirklich drauf, als ich noch nicht wusste, dass Nacktsein in Deutschland was ganz Normales ist. Was total Alltägliches. Damals wusste ich zum Beispiel noch nicht, dass der Gipfel der deutschen Nacktheit auch in deutschen Tageszeitungen zu sehen war. Und das fast jeden Tag. Und sogar auf »Page One«, wie wir Amis zu sagen pflegen. Aber jetzt kenne ich das alles. Jetzt, 18 Jahre später, sage ich nicht mehr, wenn ich nackte Frauen in der Fernsehwerbung sehe: »Oh, my God! She's naked!«, sondern nur noch: »Warum nicht? Man kann sich halt besser duschen, wenn man nackt ist.«
     
    Als letzten Gedanken zu diesem Thema möchte ich einen kurzen Abstecher nach Italien machen. In das Land, das nicht nur wegen des schönen Davids bekannt ist, sondern auch wegen Silvio Berlusconi, der auch - so heißt es - eine gewisse Schwäche für italienische Schönheiten haben soll.
    Als ich von dieser Geschichte, die ich jetzt erzählen werde, erfuhr, dachte ich zuerst, das wäre ein schlechter
Scherz oder nur in Amerika möglich. Aber niemals hier in Europa und auf keinen Fall in Italien. Aber ich wurde eines Besseren belehrt.
    Ein Mitarbeiter des italienischen Ministerpräsidenten ließ im Sommer 2008 eine Kopie eines Bildes des venezianischen Malers Giambattista Tiepolo, das an der Wand des Pressesaals im Palazzo Chigi, dem Amtssitz Berlusconis, in Rom hing, überarbeiten, damit der nackte Busen der abgebildeten Frau nicht mehr zu sehen war. Das Problem dabei war nicht nur, dass dieser Busen klar und deutlich zu erkennen war, sondern dass er jedes Mal klar und deutlich hinter Ministerpräsident Berlusconi zu erkennen war, wenn er Pressekonferenzen abhielt.
    Am Ende wurde das Problem nicht, wie es in Amerika der Fall gewesen wäre, mit einem undurchsichtigen, einfachen Pflaster gelöst, sondern mit ein bisschen Stoff, das der Frau als Oberbekleidung hinzugemalt wurde. Aber im Gegensatz zu den Amerikanern, die mit Davids undurchsichtigem Pflaster weniger Probleme hatten, hatten laut einer Zeitungsumfrage in Rom 97,7 Prozent der Befragten sehr große Probleme damit, dass das Bild eines bekannten Malers so verunstaltet wurde. Selbst wenn es sich nur um die Kopie eines berühmten Bildes handelte.
    Genützt haben die Proteste nichts: Die Dame ist seither angezogen.

Geschlechtsverkehr/Sex
    Anfangs hatte ich in Deutschland oft das Gefühl, dass alle in diesem Land Sex hatten. Außer mir. Ein tolles Gefühl war das nicht unbedingt. Ich glaube, ich hatte diesen Eindruck wegen der vielen Kondomautomaten, die man in Deutschland überall sieht. Du fliegst zum Beispiel von irgendeinem Flughafen ab, und wenn du vor dem Einsteigen noch mal aufs Klo gehst, siehst du einen Kondomautomaten in der Toilette. Und dann landest du wieder und gehst erneut aufs Klo und entdeckst wieder einen.
    Und was man für eine Auswahl hat! Da gibt es die Genoppten und die Gerippten und die, die nach unserem ehemaligen Präsidenten Bill Clinton genannt wurden, die Billy Boys. Und nicht zu vergessen sind die Gefühlsechten und die, die im Dunkeln leuchten. Wenn man dagegen in Amerika von A nach B fliegt, macht man nicht so viele »Condom Experiences«, von denen man nachher erzählen kann.
     
    Kondomautomaten gibt es aber hier nicht nur auf dem Flughafen, sondern auch in Kneipen, Restaurants - und sogar bei einigen IKEA

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