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Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
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Golfresultaten unterbrochen.
    Und mittlerweile tut das meine Mutter auch. Denn sie hat das Alter erreicht, in dem das Thema Gesundheit an oberster Stelle steht. Wenn ich sie anrufe, redet sie als Erstes über ihre schmerzenden Knie und dann über ihre wunden Füße. Und zwischendurch bekomme ich Informationen über ein neues Restaurant, das in ihrer Nachbarschaft aufgemacht hat.
    Das ist das Tolle an Deutschland, denn hier muss man nicht warten, bis man Rentner ist, um solche Gespräche zu führen. Ich habe einen deutschen Kumpel namens Thomas, der - obwohl er gerade mal Anfang 30 ist - klagt immer, wenn wir uns sehen, über irgendwelche Körperregionen, die nicht so richtig intakt sind. Einmal war es sein Rücken,
ein anderes Mal tat ihm der Arm weh. Und dann litt er auch an Wetterfühligkeit. Und als ich ihn fragte: »Wetterfühligkeit? Was ist das überhaupt? Das haben wir in Amerika nicht«, folgte eine gefühlte zwanzigminütige Erklärung. Das letzte Mal sagte er sogar: »John, so früh kann ich nicht aufstehen. Das macht mein Kreislauf nicht mit.« Und das Unglaubliche daran war, es war schon 11 Uhr! Daraufhin sagte ich scherzhaft zu ihm: »Mensch, Thomas, das hört sich gar nicht gut an. Hast du überhaupt schon ein Testament gemacht?« Er antwortete darauf nur: »Selbstverständlich.«
     
    Die meisten Amerikaner, wie gesagt, verhalten sich selten wie Thomas. Aber dass es ihnen so »great« geht, wie sie oft behaupten, davon bin ich auch nicht überzeugt. Besonders wenn man bedenkt, dass 45 Millionen Amerikaner überhaupt keine Krankenversicherung besitzen. Weil sie deswegen so selten zum Arzt gehen, meinen sie vielleicht, dass es ihnen gutginge.
    Wenn man das Ganze auf Deutschland übertragen würde, dann würde das bedeuten, dass mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung ganz selten einen Arzt aufsuchen würde. Aber das Gegenteil ist der Fall. Ich habe sogar herausgefunden, dass jeden Tag hier in Deutschland mehr als 3 Millionen Menschen zum Arzt gehen. Montags sind es sogar mehr als 6 Millionen.
    Wenn man diese Zahlen betrachtet, dann ist es kein Wunder, dass man hier in Deutschland über Bandscheibenprobleme und andere Erkrankungen so gut Bescheid weiß. Ich habe sogar einen Kumpel, der so oft zum Arzt geht, dass er mit ihm jetzt richtige Fachgespräche führen kann. Sein Arzt verkündete ihm: »Sie haben leider einen Bandscheibenvorfall«
und ohne mit der Wimper zu zucken, fragte mein Kumpel: »Welche Bandscheibe? Der Mensch hat 23.«
    In Amerika würde kein Patient so eine Frage stellen. Er würde viel eher fragen: »Was ist überhaupt eine ›Bandscheibe‹?«
     
    Als ich die ersten 26 Jahre meines Lebens noch in Amerika lebte, war mir echt nicht bewusst, wie viele gesundheitliche Probleme ich eigentlich schon damals hatte. Ich nahm die ganze Zeit an, ich wäre vollkommen gesund. Aber dann zog ich nach Deutschland und merkte: »Das stimmt überhaupt nicht!« Denn bereits nach kürzester Zeit entdeckte ich
meine
Kopfschmerzen,
meine
Rückenschmerzen,
meine
Knieschmerzen,
meine
Nackenschmerzen und - darüber hinaus
meine
Kreislaufprobleme und sogar
meine
Wetterfühligkeit. Aber das Tolle daran ist, dass ich nicht bis 70 warten muss, bis ich das alles »beichten« kann. Ich kann jetzt schon - mit gerade mal Mitte 40 - darüber reden. Das Einzige, was ich dafür brauche, ist jemand, der mich fragt: »Wie geht es dir, John?«

Stress/Stress
    »Ich bin im Stress! Ich bin im Stress!«
    Ja, ich habe tatsächlich das Gefühl, ich bin hier in Deutschland immer im Stress. Ich fahre zum Beispiel mit dem Zug, und aus irgendeinem Grund bleibt der irgendwo auf der freien Strecke stehen. Und das Schlimme daran ist, keiner sagt mir, warum. Ich sitze auf meinem Platz wie ein Blödian und frage mich ununterbrochen: »Warum gibt es keine Durchsage? Warum bekommen wir keine Informationen? Warum sind wir einfach hier stehengeblieben?« Und bei jeder dieser Fragen werde ich gestresster und gestresster. Dann nehme ich am nächsten Tag das Auto, weil ich keinen Bock mehr auf die Bahn habe, und sobald ich auf der Autobahn bin, stehe ich im Stau. Und während ich im Stau stehe, sehe ich, wie der Zug, mit dem ich gestern noch gefahren bin, heute an mir vorbeirauscht. Und dann fühlte ich mich richtig gestresst! Wenn ich dann abends auch noch den Fernseher anschalte und etwas über die Wirtschaftskrise, über Global Warming, über die Schweinegrippe und - holy shit - über Wildschweine in Berlin höre, die die Berliner

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