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Doppelgänger

Doppelgänger

Titel: Doppelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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umzuwenden.
    Tom starrte auf den Hinterkopf Fletchers. Selbst ohne sein irritierendes Interesse für Netta wäre der Mann ihm nicht sympathisch gewesen – er war zu schleimig, zu verschlagen. Seine letzte Bemerkung hätte anerkennend gemeint sein und sich auf Toms Feststellung bezogen haben können, dass die am vergangenen Montag abgestürzte Maschine mit vollem Tank auf den Grund des Meeres gesunken sei und Treibstoffspuren in ihren Proben deshalb einen Hinweis auf die Lage des Wracks hätten geben können.
    Doch Sam Fletchers Tonfall schloss die Möglichkeit einer Anerkennung völlig aus.
    Aber er sagte höflich: »Nein, ich glaube nicht – aber ich muss natürlich auf die Analyse warten.«
    Danach herrschte Schweigen; während die Barkasse zur Pier der Forschungsstation zurücktuckerte. Zweck dieser zweimal täglich durchgeführten Ausfahrten war die Festlegung von Temperatur- und Verschmutzungsschwankungen entlang der Küste des nördlichen Kent, an der irgendwann einmal Meeresfarmen angelegt werden sollten, um dort Fische für die Millionenstadt London zu züchten. Die Regierung hatte bereits einige Küstenstreifen gepachtet, auf denen Austern, von der berühmten japanischen ›Whitestable-native‹-Sorte, in ebenfalls von den Japanern entwickelten mit Drahtgeflecht geschützten Holzrahmen gezüchtet wurden; doch obwohl der Laich so vor Raubfischen geschützt war, hatten die Verunreinigungen den Erfolg in Grenzen gehalten. In diesem Gebiet wurden nicht nur Abwässer Londons und anderer in der Nähe gelegener Städte ins Meer geleitet, sondern auch die mehrerer chemischer Fabriken und Raffinerien. Besonders das riesige Depot organischer Säuren trug erheblich zur Verschmutzung des Meerwassers bei, und die Fische, die mit normalen, biologischen Abfällen fertig werden mochten, wurden durch die industriellen Verunreinigungen zu Kümmerlingen und verendeten.
     

 
     
     

     

 
    Reedwall seufzte. Er hatte diesen Posten angenommen in der ehrgeizigen Hoffnung, einen Beitrag zu den Problemen von Übervölkerung und Hunger leisten zu können, indem er den Fischern half, von Jägern zu Meeresfarmern zu werden und so ihre Erträge zu steigern. Doch bis jetzt, fühlte er, hatte er mehr Zeit damit verbracht, administrative Hürden zu überwinden, als bei seiner eigentlichen Aufgabe.
    Er blickte zur Küste hinüber und stellte sich die zukünftige Entwicklung vor, wenn London bis hierher ausgewuchert sein und selbst dieses Gebiet von seiner ständig anschwellenden Bevölkerung überschwemmt werden würde.
    Plötzlich kniff er die Lider zusammen.
    »Sam!« rief er. »Dort drüben – auf der Pier des Depots! Winkt uns da nicht jemand?«
    Fletcher wandte den Kopf. Sein Profil war besonders wirkungsvoll, und er wusste es. An seiner Intelligenz und Tüchtigkeit bei seiner Arbeit gab es keinen Zweifel, doch Tom wünschte oft, dass er gelegentlich einmal Interesse für einen anderen Menschen aufbringen würde als ausschließlich für Sam Fletcher.
    »Sehen wir mal nach«, sagte er und fiel nach Steuerbord ab. Kurz darauf glitt die Barkasse auf die Pier des Chemiedepots zu, auf der ein kompliziertes System von Rohrleitungen verlief, das zu großen Tanks führte. Am Ende der Pier stand ein Mann, den Tom jetzt erkannte, und winkte zu ihnen herüber.
    »Mr. Fleet!« rief Tom über den Lärm des Bootsmotors. »Was ist los?«
    »Darf ich Sie um einen Gefallen bitten?« rief Fleet zurück. »Halten Sie die Augen offen, wenn Sie zu Ihrer Station zurückfahren, ja? Wir haben gehört, dass eine alte Frau zwischen unseren Tanks umhergeirrt ist. Versuchen Sie, sie zu finden, bevor sie sich etwas antut.«
    Tom fuhr zusammen. »Was? – Eine alte Frau mit grauen Haaren und einem verschmutzten Rock, der ihr bis zu den Knöcheln reicht?«
    »Ja, so ungefähr.« Fleet starrte ihn an. »Haben Sie sie gesehen?«
    »Nein. Ich dachte nur, es könnte Miss Beeding sein, die dort drüben in dem ausgebrannten Farmhaus wohnt.« Tom deutete nach Osten.
    »Nein, die kann es nicht sein. Ich habe gerade mit einem Polizisten gesprochen, der mir sagte, dass sie in der Klinik ist«, sagte Fleet erleichtert. »Es soll mehr als eine verrückte alte Frau auf der Welt geben. Halten Sie die Augen offen und benachrichtigen Sie die Polizei, wenn Sie sie sehen!«
     
    Tom zuckte die Achseln und blickte Sam Fletcher an, der mechanisch lächelte und die Barkasse wieder auf die See hinaus lenkte.
     
    Als Sellers die Einmündung der schmalen Zufahrt erreichte, die

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