Doppelgänger
zur Meeres-Forschungsstation führte, bog er, einem plötzlichen Impuls folgend, von der Straße ab und fuhr auf das Tor des Komplexes zu. Er öffnete es, schob seinen Roller hindurch und suchte auf dem dahinter liegenden ausgefahrenen Weg die ebenste Route.
Als er das erste Gebäude erreichte, stieg er ab und sah sich neugierig um. Er war noch niemals in der Station gewesen. Doch sie sah ähnlich aus wie andere regierungseigene Unternehmen: die Gebäude waren vor allem nach kostensparenden Gesichtspunkten konstruiert, mit Wänden aus vorgefertigten Betonplatten und Dächern aus Wellblech.
»Oh, hallo, Constable, kann ich Ihnen helfen?«
Eine warme Frauenstimme riss ihn aus seinen Gedanken. Er wandte sich um und sah sich einer hübschen, blonden Frau in einem Labormantel gegenüber, die in einer Hand ein feinmaschiges Netz und in der anderen eine verschlossene Laborflasche trug.
»Guten Tag, Madam«, sagte er. »Nur eine … ah … Routinesache. Arbeiten Sie hier?«
»Ich bin Dr. Netta Reedwall«, sagte die junge Frau. »Mein Mann ist gerade mit der Barkasse draußen, aber ich glaube, dass Dr. Innes in seinem Büro sein wird, falls Sie mit ihm sprechen wollen …«
»Ehrlich gesagt, Madam, ich bin nur zufällig vorbeigekommen. Haben Sie oder sonst jemand eine alte Frau hier herumwandern sehen?«
»Ich nicht, und ich bin sicher, dass mein Mann mir etwas davon gesagt haben würde, wenn er sie gesehen hätte.« Netta zögerte. »Sie meinen doch nicht etwa die alte Miss Beeding?«
»Ja, die meine ich, Madam.«
»Nein, die haben wir bestimmt nicht gesehen. Und wir kennen sie alle, zumindest vom Ansehen. Warum? Ist ihr irgend etwas zugestoßen?«
Sellers zuckte die Achseln. »Möglicherweise«, sagte er, und seine Gedanken rotierten. »Sie ist in die Klinik gebracht worden, und wir möchten wissen, ob sie sich in letzter Zeit auffällig oder seltsam benommen hat.«
»Oh, die Arme!« rief Netta mitfühlend. »Ich werde die anderen danach fragen.«
»Danke.« Sellers zögerte. »Noch eine Frage: Wie viele Menschen arbeiten hier?«
»Moment.« Netta warf ihr langes, blondes Haar zurück. »Die ständigen Mitarbeiter sind Dr. Innes, Dr. Fletcher, mein Mann und ich, und unsere beiden Techniker. Aber bis vor einer Woche hatten wir an die sechzig Arbeiter hier, die ein neues Becken installiert haben, und es war ein ständiges Kommen und Gehen.« Sie zögerte. »Warum fragen Sie?« sagte sie schließlich.
»Reine Neugier, Madam«, antwortete Sellers lächelnd. »Wir sollen uns mit allem, was in unserem Bezirk geschieht, vertraut machen.«
Sie lachte. »Wenn Sie mehr wissen wollen, kommen Sie einfach mal wieder vorbei.«
14
Als Inkosi das Geräusch des Bootsmotors hörte, hob er den Kopf. Er lag im Schatten des Bruthauses, einem niedrigen, lang gestreckten Gebäude, in dem Fisch- und Austern-Laich unter optimalen Bedingungen gezogen wurde, sicher vor allen Räubern, die die Brut in der freien See gefressen hätten. Als die Barkasse gegen die Pier scheuerte, bellte er laut und raste darauf zu.
»Schicken Sie Ihren verdammten Köter weg!« rief Fletcher und zuckte zurück, als ob er Angst hätte, der Hund würde ihn anspringen und über Bord stoßen.
»Mein Gott, Sam!« sagte Tom verärgert. »Er ist bisher noch nie ins Boot gesprungen, oder?«
»Es gibt immer ein erstes Mal«, murmelte Fletcher, als er, das Bugseil in der Hand, auf die Pier trat. Die Tür des Bruthauses wurde geöffnet, und zwei Menschen traten heraus, zuerst Netta und dann einen Schritt hinter ihr Dr. Innis, der Direktor der Station, ein weißhaariger Mann mit einem wie eingewachsen wirkenden sorgenvollen Gesichtsausdruck, als ob er ständig daran denken müsste, dass dieses Projekt, wie alle anderen, an denen er bisher gearbeitet hatte, eine arme Waise war, wenn es darum ging, das jährliche Budget festzusetzen.
Sam Fletcher sagte so leise, dass die beiden es nicht hören konnten: »Sie werden sehen, eines Tages wird der verdammte Köter an Bord springen und wahrscheinlich sämtliche Probenflaschen mit seinen ungeschickten Pfoten zerbrechen!«
»Ach, hören Sie doch auf!« sagte Tom müde und trat auf die Pier, um Inkosi zu begrüßen. Der Hund reagierte mit fröhlichem Bellen und Wedeln.
»Dr. Reedwall!« Dr. Innis kam aufgeregt zur Pier geeilt. Tom, der gerade den Container mit Probenbehältern herausheben wollte, richtete sich auf und wandte sich um.
»Ja, Sir?«
»Irgend jemand hat sich in den Bruträumen zu schaffen
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