DoppelherzTOD
nicht verdient.«
»Nein, das hat sie nicht.«
Jetzt schwiegen beide. Aus den Lautsprecher dröhnte We are the Champions. Beim Marathon war das ausschließlich ein Sieger. Einer, der dieses Mal keinen neuen Streckenrekord erreicht hatte.
»Sag mal ehrlich, Bruno, dass kann doch nur ein blöder Scherz sein. Ich glaube einfach nicht, das dich die Schabowski als Undercoveragenten engagiert hat.«
»Warum sollte ich lügen?« Bruno war wütend. »Frag sie doch selbst! Und nimm die Blumen gleich mit!« Damit flog der Strauß Rosen vor Kain auf den Tisch vor dem Imbissstand. Und dann wollte Bruno einfach in der Menge verschwinden.
Kain hielt ihn zurück. »Du bekommst noch vier Euro Glaspfand.«
»Schenke ich dir.«
Die Lautsprecher röchelten noch einmal We are the Champions. Es sah aus, als wollte Ehrlicher wirklich das Fest verlassen, aber er blieb dann doch bei Kain stehen. Kain hatte verstanden und ging am Kiosk ein neues Bier holen.
»Wohl bekomm’s, die Herren!« Kains Hände waren klatschnass, als er die Gläser auf dem Tisch vor Bruno abstellte. Durch die Stadt rannten noch immer die Sportler, die niemals mehr Sieger würden. Sie sahen in die abgekämpften Gesichter. Auch Ehrlichers Miene zeigte einen leidenden Ausdruck.
»Was ist denn im Altenheim passiert, dass du mit fremden Frauen ins Bett gehen musst?«
»Das habe ich dir doch schon erzählt, zwei Tote auf einmal, von denen der Frieder nicht glaubte, dass sie Selbstmord begingen.«
»Und du glaubst es auch nicht.«
»Nee. Aber Agnes Schabowski konnte die Heimleitung entlasten, die ich im Verdacht hatte.«
»Ach ja.« Kain wunderte sich noch immer über Brunos Versöhnung mit der Neuen auf seinem Stuhl. »Und wie sind sie gestorben?«
»Vergiftet. Ein Herzmittel war im Marmeladenglas. Seit drei Jahren war es in der Mischung Zitrone-Apfelsine.«
»Apfelsine-Zitrone? Führt so was der Handel? Klingt ziemlich exotisch.«
»Keine Ahnung, die Frau des Toten hat sie selbst eingekocht.«
»Und sich und ihren Mann umgebracht? Vielleicht ist der auch fremdgegangen. Eifersucht ist immer ein Motiv.«
»Die Frau ist schon seit zwei Jahren tot. Ihr Mann ist vor zwei Wochen gestorben. Da spielt wohl Eifersucht keine Rolle.«
Kain blickte ins Bierglas und dann wieder aufs Rennen. »Feuern wir die anderen Teilnehmer an! Auch ihre Leistung nötigt Respekt ab.« Es war wie früher. Die Masse brüllte aufs Kommando und schwenkte die Fähnchen des Hauptsponsors. »Sie leben hoch! Hoch! Hoch!« Niemand und nichts ist vergessen. Kain trank einen Schluck.
Aus den Lautsprechern dröhnte Stimmungsmusik. Der Rhythmus zog die Menge in seinen Bann. Man sang mit. Manche schunkelten. Die Sportler ließen sich Bananen reichen.
»Sie kann es doch trotzdem gewesen sein.«
»Wie meinste denn das?«
»Erweiterter Selbstmord. Vielleicht wollte sie nicht, dass ihr Mann ohne sie weiterlebt. Mütter nehmen oft ihre Kinder mit in den Tod, um sie vor der schlechten Welt zu bewahren. Vielleicht dachte die Frau, im Tod hat ihr Mann es besser als ohne sie. Wenn sie sowieso sterben muss…«
Bruno überlegte offensichtlich. Kain freute sich, auf diesen Gedanken waren wohl weder er noch die Schabowski gekommen. Er war eine mögliche Erklärung für das Geschehen. »Na ja. Ich werde mal drüber nachdenken.«
Bruno trank Bier und sagte kein Wort. Danach knallte er das Glas auf den Tisch. Es war kaum noch etwas darin. Seine Augen fixierten die Sportler, ohne sie wirklich zu sehen. Kain sah es dem Gesicht seines Kollegen an, dass er ihm einen Hinweis geliefert hatte, den Bruno nicht einfach beiseite räumen konnte. Seine Idee beschäftigte den Kollegen. Aber es war immer so gewesen, dass er die Führung behielt und nicht gern Kain für seine Hinweise lobte. So brummelte Bruno auch jetzt in sein Bierglas und nahm dann den letzten Schluck. Kain wollte sich erneut zur Theke begeben. Doch Bruno nahm ihm den Weg ab.
»Ich bin dran.«
Kain nickte.
Als er zurückkam, stellte Bruno ganz andere Fragen. »Biste deinen Job bei Frederike jetzt los?« Kain kannte ihn lange genug, Bruno dachte im Stillen über seine Idee nach.
»Nun ja, ich bin einfach gegangen. Bei aller Liebe, Bruno, so darf dich keiner behandeln. Auch nicht Frederike.«
»Ich kann ihren Frust schon verstehen. Wenn sie mit einem andern geknutscht hätte, wäre ich auch…«
Kain winkte ab. »Aber mit Tellern werfen!« Diese Leidenschaft zwischen den beiden war ihm neu. Er hatte Bruno noch nicht einmal Frederike küssen
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