Doppelspiel der Leidenschaft (German Edition)
„Ich kann mich nicht erinnern, jemals ein Baby im Arm gehalten zu haben.“
Sofort hatte Rosalyn Verständnis. „Joshua schläft noch halb, darum weiß ich nicht, wie er auf dich reagieren wird. Sei also bitte nicht traurig, wenn er lieber zu Joc will. Er liebt seinen Vater über alles.“
Kiley nahm den Kleinen und wiegte ihn vorsichtig in ihren Armen. Joshua sah zu ihr auf, und einen Moment lang schien er zu überlegen, ob er lachen oder weinen sollte. Dann war er entschlossen, bei ihr bleiben zu wollen.
„Er riecht so wunderbar nach Baby“, flüsterte sie Nicolò zu.
Lächelnd setzte er sich zu ihr auf das Sofa und legte den Arm um sie und das Baby. „Nicht immer, wie ich vermute“, scherzte er. Alle mussten lachen.
Der restliche Abend verlief harmonisch, und Kiley blühte regelrecht auf. Sie fühlte sich so zufrieden und selbstbewusst wie schon lange nicht mehr. Vielleicht komme ich in meinem neuen Leben doch ganz gut zurecht, dachte sie, vor allem, wenn alle Freunde Nicolòs so nett sind wie die Arnauds. Irgendwann schlief Joshua in ihren Armen ein.
„So ein Glückspilz“, flüsterte Nicolò ihr ins Ohr.
„Nein“, flüsterte sie zurück. „Ich bin der Glückspilz.“
Als es Zeit war, sich zu verabschieden, gab sie Joshua nur ungern wieder her. Dann machten sie sich auf den Weg zu ihrem Bungalow. Dabei genossen sie die herrliche warme Tropennacht. Kiley hing ihren Gedanken nach, denn sie hatte an diesem Tag Klarheit über etwas gewonnen, was ihr lange zu schaffen gemacht hatte.
Sie wusste nun, dass sie einerseits mit der Rolle zurechtkommen würde, die Nicolò ihr zugedacht hatte. Sie passte durchaus in seine Welt. Andererseits jedoch verspürte sie keine Lust, sich dabei zu verstellen. Sie wollte sie selbst sein, so wie sie sich jetzt empfand.
Wie wohl Nicolò darüber dachte?
Er schloss die Tür auf, und sie betraten die Cabana. Kiley blieb im Eingangsbereich stehen und wandte sich ihrem Mann zu.
„Ich kann dir nicht länger etwas vormachen“, verkündete sie ihm.
6. KAPITEL
Nicolò zuckte bei Kileys Worten förmlich zusammen. Trotz seiner bitteren Enttäuschung verspürte er so etwas wie Genugtuung. Hatte er es nicht von Anfang an gewusst? Er hatte keine Ahnung, warum sie ausgerechnet in dieser Nacht bereit war, die Wahrheit zu sagen. Doch gleich würde er erfahren, wer und was sie wirklich war.
„Wie meinst du das?“
Sie machte aus dem Dunkeln einen Schritt auf ihn zu und war jetzt im Mondlicht gut zu sehen. „Na ja, ich halte diesen Lebensstil nicht durch. Irgendwie fühle ich mich dabei nicht gut. Er passt nicht zu mir.“
Das hatte Nicolò nicht erwartet. „Hat dir denn der Abend nicht gefallen?“
„Doch, vor allem der zweite Teil war wirklich schön. Ich meine das ganze Drumherum, den Schein, den ich wahren muss, all diese Äußerlichkeiten“, erklärte sie betrübt. „Muss es wirklich sein, Nicolò? Muss ich wirklich wieder zu der Frau werden, die ich vor dem Unfall war, damit wir unsere Beziehung aufrechterhalten können?“
„Nein.“ Nur das nicht. „Natürlich kannst du deinen Stil und dein Auftreten selbst bestimmen.“
„Und du liebst mich trotzdem?“
Er musste schlucken. „Meine Gefühle für dich werden sich niemals ändern.“
„Auch wenn ich anders bin?“
„Liebling, lass dir doch Zeit …“
Sie ging noch näher zu mir und strich ihm mit der Hand über die Brust. „Ich möchte nicht so sein, wie du mir erzählt hast, dass ich war. Irgendwie so … oberflächlich. Ich will so bleiben, wie ich jetzt bin. Kannst du damit leben?“
Ich schon, dachte er, aber du nicht, sobald dein Gedächtnis wieder funktioniert.
Aber wie sollte er ihr das erklären, ohne ihr auch alles andere zu sagen? „An mir soll es nicht liegen“, sagte er heiser. „Aber wenn du dein Erinnerungsvermögen wiederhast, wirst du wieder so werden wie vorher. Was du in der Zwischenzeit erlebt hast, wird dich vielleicht manches mit anderen Augen sehen lassen, aber im Großen und Ganzen wirst du wieder die ursprüngliche Kiley O’Dell sein.“
Kiley spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. „Dann bleibt mir möglicherweise nur wenig Zeit? Ich habe Angst davor, mich in eine unsympathische Person zu verwandeln.“
„Wie meinst du das? Möchtest du dein Gedächtnis nicht zurück?“
„Doch. Nein. So wie du dich verhältst –“ Sie schüttelte den Kopf, die Augen noch immer feucht von den Tränen. „Wie alle sich verhalten … Anscheinend soll ich irgendetwas ich
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