Doppelspiel der Leidenschaft (German Edition)
mit den Schultern. „Die menschliche Vernunft geht bisweilen seltsame Wege. Vielleicht ist es in deinem Fall eine Art Schutz – und wenn du ihn nicht mehr brauchst, kehrt möglicherweise die Erinnerung zurück. Wer weiß?“
Bevor Kiley antworten konnte, glitten die Türen des Lifts auf und sie stiegen aus. „Nicolòs Büro liegt am Ende des Flures auf der linken Seite. Sag ihm, es ist Zeit, dass er dich der Familie vorstellt.“ Und mit einem Schmunzeln fügte er hinzu: „Höchste Zeit.“
„Ja“, erwiderte Kiley lachend.
Zum Abschied küsste er sie wieder auf beide Wangen. Dann verschwand er in die entgegengesetzte Richtung. Kiley sah ihm einen Moment lang nach, dann atmete sie tief durch und machte sich auf Weg zu Nicolòs Büros. Vor seiner Tür mit seinem Namen blieb sie stehen. Ein Witzbold hatte ein kleines graviertes Messingschild zusätzlich befestigt, auf dem „Leitender Problemlöser“ stand. Kiley lachte leise, dann wollte sie anklopfen, zögerte aber im letzten Augenblick.
Kann das sein?, fragte sie sich. Möchte ich bestimmte Dinge aus meiner Vergangenheit lieber nicht wissen? Hat das etwas mit dem Streit zwischen Nicolò und mir zu tun? Wenn er mir nur sagen würde, worum es damals ging. Ob dann die Amnesie vorbei wäre? Egal, was zu der Auseinandersetzung geführt hat, jetzt hänge ich jedenfalls sehr an meinem Mann. Also werden wir sicherlich einen Weg finden, die Differenzen beizulegen.
Sie war sich sicher, dass alles gut werden würde. Egal, was Nicolò ihr bisher verschwiegen hatte: Nun war es an der Zeit, ganz offen und ehrlich zueinander zu sein, auch wenn es zunächst wehtat.
Mit diesem Entschluss klopfte sie an die Tür und trat ein.
Zu ihrer Bestürzung waren etliche Männer im Zimmer versammelt. Drei Männer standen beieinander und stritten offenbar. Sie sahen ihrem Mann ähnlich. Zwei waren Zwillinge. Also seine Brüder.
In einem Sessel saß ein weiterer Mann, mit grauen Haaren, der, seiner geröteten Gesichtsfarbe nach zu schließen, ziemlich aufgeregt war. Er schwieg.
Neben ihm stand noch ein Mann, eine ziemlich unauffällige Erscheinung.
Schließlich bemerkte sie auch Nicolò. Er lehnte an seinem Schreibtisch und sah grimmig in die Runde. Als er sie erblickte, kam er sofort auf sie zu – und wirkte noch ernster.
„Was machst du denn hier, Kiley?“, fragte er leise.
Als der grauhaarige Mann sie sah, sprang er sofort auf und deutete mit dem Finger auf sie. „Da ist sie! Wie zum Teufel haben Sie sie ausfindig gemacht?“ Mit diesen Worten stürzte er auf sie zu, doch die drei Männer hielten ihn fest. „Lassen Sie mich los“, rief er. „Auf diesen Moment habe ich lange gewartet. Lassen Sie mich nur fünf Minuten mit ihr allein. Dafür dürfen Sie von mir aus das Geld behalten, das sie mir schuldet.“
Kiley wich einen Schritt hinter Nicolò zurück, der zum Glück fest wie ein Fels in der Brandung vor ihr stand. „Nicht gut, dass du da bist“, raunte er über die Schulter hinweg. „Warum bist du gekommen?“
„Ich … ich wollte dir Mittagessen bringen. Es sollte eine Überraschung werden.“ Sie schluckte und kämpfte mit den Tränen.
„Kein guter Zeitpunkt.“
„Wer ist der Mann? Woher kennt er mich? Und warum ist er so wütend?“
„Er heißt Jack Ferrell und wirft dir einiges vor … Meine Brüder …“ Also hatte sie die Familienähnlichkeit richtig eingeschätzt. „… und unser Privatdetektiv Rufio haben gerade versucht, den Dingen auf den Grund zu gehen, da bist du hereingekommen.“
Sie trat vor, entschlossen, den Anschuldigungen zu begegnen, die hinter ihrem Rücken gegen sie erhoben worden waren. Die Dante-Brüder und Rufio hielten noch immer den wutschnaubenden Mr. Ferrell fest. „Was soll ich getan haben?“
„Er behauptet, du hättest ihn um eine ziemlich große Geldsumme betrogen“, erklärte Nicolò ihr nach kurzem Zögern.
„Nein.“ Energisch schüttelte sie den Kopf. „Das kann nicht sein. Wenn ich mich auch nicht an die Vergangenheit erinnere, ich kenne mich. So etwas Unredliches würde ich niemals tun.“
Langsam wandte sich Nicolò zu ihr um. „Kiley –“
„O nein.“ Der Korb glitt ihr aus den Händen, und die Pistazien rollten auf den Teppich. Der Geißblattzweig löste sich von dem Henkel. „Du glaubst Mr. Ferrell, stimmt’s?“
8. KAPITEL
Zu Kileys Entsetzen widersprach Nicolò den Anschuldigungen gegen sie nicht.
„Mr. Ferrell hat Beweise, Liebling“, sagte er sanft. „Zugegeben, sie sind nicht
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