Doppelspiel
entschieden.«
Rice sah aus, als wäre ihm schlecht.
Kuchin packte ihn am Arm. »Ihr Bericht«, verlangte er.
»Es war wirklich faszinierend, wie wir das Problem gelöst haben. Die Technologie ist einfach fantastisch. Wir haben angefangen, indem wir …«
Kuchin hob die Hand. »Alan, kommen Sie zur Sache.«
»In den Datenbanken, zu denen wir Zugang hatten, haben wir nichts gefunden. Hätten wir Zugriff auf die Datenbanken der Amerikaner oder von Interpol gehabt, wäre das natürlich etwas anderes gewesen; aber das haben wir nun mal nicht, und deshalb mussten wir es anders versuchen. Die Datenströme, die wir nun durchforsten mussten, waren gewaltig, und die Zugangsprotokolle der Server waren komplex, aber …«
»Kommen Sie auf den Punkt«, schnappte Kuchin.
Rice sprach rasch weiter. »Was uns schließlich geholfen hat, waren Überwachungsvideos.«
»Überwachungsvideos? Erklären Sie mir das.«
»Heutzutage gibt es nahezu überall Überwachungskameras: an Bankautomaten, an Straßen, an Bürogebäuden, an Gerichten, Flughäfen, Bahnhöfen und so weiter. Himmel, ganz London ist eine einzige große Kamera, besonders seit man auch noch die Verkehrskontrollen verstärkt hat, um Staus zu vermeiden. Das Ergebnis dieser Art von Überwachung sind Trillionen von Bits und Bytes, die alle auf riesigen Servern landen. Das erleichtert den Cops ihre Arbeit natürlich enorm. Wenn irgendwo ein Verbrechen an einem auch nur halbwegs öffentlichen Ort geschieht, ist die Chance groß, dass es auch auf Film festgehalten worden ist.«
»Aber wie hilft uns das weiter? Hat es in Gordes auch solche Kameras gegeben?«, hakte Kuchin skeptisch nach.
Rice klappte seinen Laptop auf und stellte ihn auf den Kaffeetisch. »Nein, wir sind das anders angegangen. Sie müssen verstehen, dass viele dieser Daten nicht lokal gespeichert werden. Dafür fehlt es vor Ort schlicht an der Kapazität, besonders bei kleineren Firmen oder Ortschaften. Und auch für große Konzerne ist es richtig teuer. Und was tun die Leute, wenn sie sich etwas allein nicht leisten können?«
»Sie vertrauen sich Firmen an, die auf diese Dinge spezialisiert sind.«
»Genau. Unmengen dieser Daten sind auf gigantischen Servern überall auf der Welt gespeichert. Sie müssen sich das wie gewaltige Aktenschränke vorstellen, wo alles nach den unterschiedlichsten Kategorien organisiert ist, von ganzen Ländern bis hin zu den kleinsten Firmen und allen möglichen Unterkategorien. Die Bilder der Kameras werden üblicherweise mehrere Jahre gespeichert oder sogar ewig. Natürlich alles digital.«
»Ja, man weiß nie, wann einige dieser Daten von Bedeutung sein könnten, nicht wahr?«
»Genau. Sagen wir mal, es gibt Bilder eines Angestellten, der sich über Wochen hinweg vor dem Gebäude mit einem Fremden trifft. Zunächst einmal hat das nichts zu bedeuten, doch dann, zwei Jahre später, werden plötzlich Betriebsgeheimnisse gestohlen. Jetzt kann man diese Bilder als Beweise in einem Prozess wegen Industriespionage verwenden.«
»Ich verstehe. Sprechen Sie weiter.«
»Schon vor Jahren haben findige Unternehmer die Möglichkeiten dieser Technologie erkannt und sich die Tatsache zunutze gemacht, dass wir de facto eine Big-Brother-Gesellschaft geworden sind. Jetzt wird es interessant für uns. Einige Leute innerhalb dieser Unternehmen haben rasch erkannt, dass bestimmte Bilder nicht nur für den ursprünglichen Kunden von Interesse sind. Eine Kamera nimmt nämlich nicht nur das auf, wofür sie eigentlich installiert worden ist. Ein Beispiel: Die Firma, der die Kamera gehört, interessiert das vielleicht nicht, aber irgendjemand will womöglich wissen, wer wann an einem bestimmten Ort gewesen ist, und das aus Gründen, die nichts mit der Firma zu tun haben. Eine betrogene Ehefrau zum Beispiel.«
»Also verkaufen diese Leute, von denen Sie gesprochen haben, die Bilder an jeden, der bereit ist, dafür zu zahlen?«
»Auch das stimmt wieder. Die Kontakte werden diskret hergestellt und die Bilder gegen eine Gebühr geliefert. In manchen Fällen ist man sogar noch einen Schritt weiter gegangen, und es sind nicht einzelne Angestellte, die diese Bilder unter der Hand verkaufen, sondern gleich die Gesellschaft selbst. Offenbar sind die dahingehenden Gesetze in einigen Ländern recht vage, sodass den Unternehmen genug Spielraum dafür bleibt. Und den ursprünglichen Kunden ist entweder egal, was mit ihren Bildern geschieht, oder – was wahrscheinlicher ist – sie wissen gar nichts
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