Doppelspiel
dass wir wie Lämmer zur Schlachtbank gehen.«
Stimmt das etwa nicht? , dachte Shaw.
Kapitel einundneunzig
A m nächsten Nachmittag trafen Reggie und Shaw sich in einem Café ein Stück die Straße von ihrem Hotel herunter. Shaw schaute auf seine Uhr.
»Eine Stunde«, sagte er. »Die Adresse, wo wir uns treffen sollen, ist fünf Minuten mit dem Taxi von hier entfernt.«
»Gut. Dann habt ihr ja noch Zeit, uns auf den neuesten Stand zu bringen, Paddy.«
Shaw riss den Kopf herum, als er die Stimme hörte.
Whit stand neben dem Tisch und Dominic hinter ihm.
»Was zum Teufel macht ihr denn hier?«
»Ich betrachte das mal als Einladung, mich zu setzen«, sagte Whit und tat genau das. Dominic setzte sich ihm gegenüber und legte seinen eingegipsten Arm auf den Tisch.
Shaw drehte sich zu Reggie um. »Hast du das arrangiert?«
»Ich habe sie angerufen und ihnen erzählt, was los ist. Aber dass sie herkommen, war ihre Idee.«
»Ich habe den ganzen Flug über geschlafen«, sagte Whit und streckte sich. »Jetzt bin ich für unseren kleinen Trip frisch ausgeruht.«
»Ihr kommt nicht mit«, erklärte Shaw.
»Warum nicht?«
»Weil er nicht vier erwartet, sondern nur zwei. Und er hat gesagt, wenn ich seine Anweisungen nicht buchstabengetreu befolge, ist Katie tot.«
»Darüber haben wir auch schon nachgedacht«, sagte Reggie. »Wenn wir uns treffen, und sie sagen Nein, dann werden Whit und Dominic sich zurückziehen.«
»Sich zurückziehen? Ich halte es für wahrscheinlicher, dass sie getötet werden.«
»Es ist mein Leben«, erklärte Whit tollkühn. »Ich kann damit tun und lassen, was ich will.«
Dominic nickte schlicht.
»Aber wenn du dir wirklich Sorgen machst«, sagte Reggie, »dann ruf Kuchin an, und bitte ihn um Erlaubnis. Du musst einfach die Rückruftaste drücken.«
Shaw holte das Handy aus der Tasche und starrte es kurz an, bevor er wieder zu Whit hochschaute. »Euch ist schon klar, dass ihr vermutlich nicht mehr lebend zurückkehren werdet, wenn er Ja sagt, oder?«
Whit sah seinen Freund an. »Hast du ein Problem damit, Dom?«
»Hätte ich das, wäre ich nicht hier.«
»Da hast du deine Antwort, Paddy«, sagte Whit.
Shaw rief an. Die Antwort war ein wenig überraschend. Kuchin schien sich sogar zu freuen, seiner Liste zwei weitere Namen hinzufügen zu können.
»Ich werde Sie angemessen willkommen heißen«, sagte er, bevor Shaw kopfschüttelnd auflegte.
»Alles okay?«, fragte Reggie.
»Oh ja, jetzt bekommen wir vier Beerdigungen statt nur zwei. Champagner für alle!«
*
Sie fuhren im Taxi zum Treffpunkt. Es war ein Lagerhaus, was Shaw nicht überraschte.
»Es ist immer ein verdammtes Lagerhaus«, sagte er zu Reggie.
Die Tür war unverschlossen, und sie gingen hinein. Abgesehen von einem sandfarbenen GMC Yukon XL war es leer. Die Schlüssel lagen auf dem Fahrersitz, und die Wegbeschreibung klemmte unter der Sonnenblende.
Das überraschte Shaw zunächst, bis er darüber nachdachte.
»Wenn wir ihnen eine Falle stellen wollten, dann haben sie uns gerade die Gelegenheit dazu genommen. Andererseits behalten wir so die Kontrolle; also verstehe ich das nicht ganz.«
Sie verließen Montreal in Richtung Nordosten. Zwei Stunden später bogen sie auf eine einspurige Straße ein, und das in einem Gebiet, wo es nur Wald zu geben schien und keine Spur von menschlichem Leben. Zweihundert Yards die Schotterpiste herunter, ging plötzlich der Motor aus. Shaw versuchte, ihn neu zu starten, doch noch nicht einmal der Anlasser sprang an.
»Unser Tank ist noch halb voll«, sagte Reggie und deutete auf die Anzeige. »Alles sieht vollkommen normal aus.«
»Und es ist ein neuer Truck«, bemerkte Whit von hinten.
Shaw schaute zu dem Aufkleber über dem Rückspiegel. »Und er hat ein OnStar-System.«
»Was heißt das?«, fragte Reggie.
»Das heißt, dass man den Wagen im Notfall fernsteuern kann oder wenn man sich ausgesperrt hat. Wird er gestohlen, kann man damit sogar den Motor abstellen, und wenn jemand versucht, das System zu umgehen, kann man die Stromversorgung unterbrechen, und du kannst nichts dagegen tun.«
»Ich glaube, du hast recht«, sagte Reggie und schaute zu den beiden Trucks, die von vorne und hinten an sie heranfuhren.
Sechs schwer bewaffnete Männer stiegen aus.
Zwanzig Minuten später standen die vier nackt im Kreis und in einem kleinen Betongebäude. Zuerst hatte man sie per Hand und dann mit einem Scanner durchsucht und schließlich mit einem Schlauch abgespritzt. Anschließend
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